Eine Umfrage der Aktion Weihnachten unter Stuttgartern ergibt: In dieser Stadt sind viele Engel unterwegs. Auch viele Menschen zeigen im Umgang mit anderen Engelsqualitäten. Eine Beobachtung von Jan Sellner.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Laut Statistik zählte Stuttgart Ende November exakt 609 702 Einwohner – 305 771 Frauen und 303 931 Männer. Nicht erfasst sind in dieser Erhebung des Statistischen Amtes die Zahl der Engel, die sich in Stuttgart aufhalten. Und vermutlich liegt man nicht falsch, wenn man annimmt, dass sie auch sonst in keiner Statistik auftauchen. Abgesehen von den Holz-Engeln aus dem Kreativatelier des BHZ, der Einrichtung für Menschen mit Behinderung, die für unsere Benefizaktion – die Aktion Weihnachten – unterwegs sind. Erfreulicherweise wurden schon mehr als 200 der bunten Engel bestellt.

 

In der Natur von Engelwesen liegt es jedoch, dass sie sich nicht erfassen lassen. Nicht mit dem Verstand und schon gar nicht mit Statistiken. Und trotzdem sind sie da – unsichtbar, wie es sich für Engel gehört, doch sehr präsent. Und das in stattlicher Zahl.

So viele Engel – Stuttgart könnte auch Los Angeles heißen

Diese Erkenntnis verdanken wir einer Umfrage unter Stuttgarter Persönlichkeiten im Rahmen der Aktion Weihnachten. „Wo ist Ihnen in diesem Jahr ein Engel begegnet?“, haben wir gefragt und die Befragten damit zum Nachdenken gebracht. Ihre Antworten, die wir bis Weihnachten täglich veröffentlichen, lassen keinen Zweifel daran, dass Stuttgart unter Engels-Gesichtspunkten auch Los Angeles heißen könnte. Mit anderen Worten: Die Stadt ist voll davon. Man begegnet ihnen fast auf Schritt und Tritt.

Das beginnt mit den lebensrettenden Schutzengel. Der Comedian Michael Gaedt hatte einen, als er im Oktober auf der Autobahn auf einen stehenden Lastwagen auffuhr und sein Fahrzeug danach aussah, „als hätte man sich auf die Tüte mit Christbaumschmuck gesetzt“. Dass er unverletzt blieb, nennt er „ein Wunder“. Seitdem ist er überzeugt davon, dass es einen Schutzengel gibt: „Dieses eine Mal hätte ich ihn fast gesehen. All die anderen Male im Jahr hat er sich sicher unauffällig ,eingemischt.“ Was nicht heißt, dass man Schutzengeln alles überlassen sollte.

„Eine unsichtbare Kraft“ hilft bei der Telefonseelsorge

Von Engeln ist oft auch die Rede, wenn Menschen gottverlassen zu sein scheinen. Martina Rudolph-Zeller von der so wichtigen Stuttgarter Telefonseelsorge, berichtet von einer „unsichtbaren Kraft“, die sich in Gespräche mit Anrufern plötzlich einstellt und hilft, „die Schwere des Gesprächs zu durchbrechen“. „Hoffnungsengel“ nennt sie diese Kraft. Dagmar Mikasch-Köthner, die Chefin der Volkshochschule, ist einem Kinder-Engel begegnet und Irene Armbruster von der Bürgerstiftung hat Engel erlebt, „die mit Menschen in prekären Lebenssituationen kochen und essen“ und dabei festgestellt: „Engel lieben die Gemeinschaft, und das Gute ist, sie nehmen gerne neue Engel auf.“ Monika Renninger, Leiterin des Hospitalhofs, hat nach eigenen Worten sogar „oft mit Engeln zu tun. Ich sehe einen regelmäßig bei uns um die Ecke, der einem Mann, der auf der Straße lebt und auf keinen Fall in eine Unterkunft will, Kaffee vorbeibringt und etwas zu essen.“

Diese und andere Beobachtungen lassen vermuten, dass es sich bei nicht wenigen der 609 702 Einwohner Stuttgarts eigentlich um Engel handelt. Zumindest um Menschen, die eine Engelsgeduld und andere Engelqualitäten haben, die zuhören können und bereit sind, Bedürftigen unter die Arme zu greifen. Sie brauchen ihrerseits Zuspruch, damit ihre Flügel nicht erlahmen. Als Aktion Weihnachten wollen wir ihnen Danke sagen!