Der Typ mit dem Saxofon, der bei der Fußball-EM die Fans elektrisiert hat, kehrt für einen Auftritt nach Stuttgart zurück. Zuvor spricht er über das Auf und Ab im Leben und warum er bald für fünf Tage ohne Handy im Wald verschwindet.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Seinen Job als Lehrer einer Musikschule hatte André Schnura verloren, da begann für ihn ein sensationelles Sommermärchen. Der 31-Jährige, der wegen schwerer Depressionen drei Monate lang in der Psychiatrie war, reiste mit schwarzem Saxofon, Rudi-Völler-Trikot und cooler Sonnenbrille durchs Fußballland. Mit seiner guten Laune und seinen ungestümen Musikeinlagen, am liebsten mitten in der Masse, wurde er zu einem Phänomen der EM. Am 24. Oktober spielt der Typ mit dem Saxofon auf seiner „Love-is-the-Answer“-Tour im LKA Longhorn in Stuttgart.

 

André Schnura, Stuttgart war eine Ihrer ersten Stationen bei der EM. Wie haben Sie die Stimmung bei uns in Erinnerung?

Stuttgart war meine zweite Station, das war richtig geil, da war alles noch raw. Da bin ich einfach nur mit meinem besten Kumpel Ludwig hin. Wir hatten die Box, ich hab mich draufgestellt und gespielt. Das war noch Risiko, die Polizei hat es durchgehen lassen, die Stimmung war Hammer. Die Menschen sind komplett ausgerastet. Besonders stark war, die Leute waren von unterschiedlicher Herkunft, die lagen sich in den Armen, als wären sie schon immer befreundet gewesen. In Stuttgart feiert man gemeinsam, ganz egal, woher man kommt. Das fand ich so geil an Stuttgart.

Lassen sich die emotionalen Momente eines Hypes wiederholen?

Mein Ziel ist schon, dass das geile Gefühl von der EM zurückkommt. Dafür werde ich alles tun, dafür habe ich viel geprobt. Ich gehe davon aus, dass es noch krasser wird (lacht).

Inwiefern krasser?

Diesmal haben wir eine fette Soundanlage. Bei der EM stand ich auf einer kleinen Box. Selbst mit der einen kleinen Box hat es funktioniert. Es wird also richtig geil.

Was erwartet das Publikum im LKA Longhorn?

Natürlich in erster Linie Partystimmung. Ich habe ein bisschen mehr Zeit als bei der EM, weshalb ich auch eine andere musikalische Seite von mir zeigen kann. Ich hab zwei Live-Musiker und einen DJ dabei – wir werden die Hütte komplett abreißen. Es wird ein, zwei Stellen geben, die man von mir vielleicht nicht so erwartet.

Ist das Land immer noch völlig schwerelos wie im Sommer?

Während der EM herrschte ein ganz besonderes Gefühl. Die Medien haben aus meiner Wahrnehmung nicht so viel Negatives berichtet. Das ist jetzt anders. Denn das Leben kommt und geht in Wellen, mal ist es so, mal so. Es kann nicht immer alles positiv sein, weil sonst wäre das ja nicht positiv, sondern die Norm. Es wäre schön, wenn es in der Welt immer mehr Positives geben würde und immer weniger Leid. Aber der Realität muss man ins Auge blicken. In vielen Dingen ist es schwierig. Aber davon lassen wir uns nicht unterkriegen.

André Schnura bei seinem Auftritt während der EM auf der Königstraße in Stuttgart. Foto: Wein

Wenn man Ihre Posts bei Instagram liest, erkennt man, dass es Ihnen nicht nur um Musik geht, sondern auch darum, den Menschen etwas mitzugeben.

Wir sind unterm Strich alle gleich, auch wenn man es oft nicht sieht. Wir haben unterschiedliche kulturelle Prägungen, aber wir wollen alle nur das Gleiche, nämlich Liebe, Geborgenheit, Sicherheit, Frieden. Wir haben unterschiedliche Wege, dies zu erreichen. Aber oft sind die Dinge gar nicht so böse gemeint, wie man das im ersten Moment wahrnimmt. Wenn man sein Ego mal zur Seite schiebt, sieht man die Dinge, wie sie wirklich sind.

Sie schreiben, dies sei vielleicht Ihre erste und letzte Tour. Was kommt danach?

Das kann keiner wissen. Ich will das nicht alles so planen. Ich werde nach der Tour erst mal fünf Tage allein im Wald leben, ganz ohne Handy, ohne Medien, weil ich seit Anfang der EM gefühlt keinen freien Tag hatte. Das werde ich mir erst mal gönnen. Und dann geht es weiter.

Wie geht es weiter?

Das Ding ist, man hat sich was erschaffen, so eine Basis. Und sich daraus eine Musikkarriere zu bauen, ist echt schwierig. Ich versuche, es mit eigenen Liedern und eigenen Slots auf Festivals zu schaffen. Aber das ist ein harter Weg. Eigentlich geht die Arbeit jetzt erst richtig los. Aber jetzt freue ich mich auf die Tour, gerade auf Stuttgart, da war so eine geile Stimmung. Ich bin ja mehrmals in Stuttgart aufgetreten, einmal auch in der Fanzone, vor dem – war es das Rathaus?

Es war das Neue Schloss.

Da kam gefühlt halb Stuttgart vor das Schloss. Wir hatten kollektiv Gänsehaut. Die wollen wir für eine Nacht im LKA Longhorn zurückholen. Die Leute sollen ihre Probleme nicht vergessen, aber ihren Fokus mal auf was anderes legen, Kraft tanken. Mit positiver Stimmung und positiver Einstellung erreicht man mehr.

Infos

Karten
Am 24. Oktober, 20 Uhr, spielt André Schnura mit Gästen im LKA Longhorn in Stuttgart-Wangen. Es gibt noch Karten, unter anderem auf der Homepage des LKA.