Bereits vor fünf Jahren wurde ein Verbot von Heizpilzen in Stuttgart erwogen. Denn gut fürs Klima sind diese nicht. Dann kam Corona. Nun sind die Geräte immer noch erlaubt. Oder?

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Mit einem warmen Getränk draußen sitzen, die Stadt beobachten und dabei nicht frieren – obwohl Winter ist: Durch sogenannte Heizpilze oder Heizstrahler ist dies in einigen Lokalen in Stuttgart möglich. Doch sollten die nicht eigentlich mal verboten werden? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

 

Was gilt bei der Nutzung von Heizpilzen?

Organisiert man im Winter etwa eine private Gartenparty, darf jeder Heizpilze nutzen. Für gewerbliche Betriebe – also etwa Restaurants – ist das in Städten wie Stuttgart, Tübingen oder Ludwigsburg nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Und nun wird es etwas kompliziert: In Stuttgart waren strombetriebene Heizstrahler in der Innenstadt bis zuletzt nur zulässig, sofern die Stromzufuhr nicht über öffentliche Flächen geführt wurde. Gasbetriebene Heizpilze durften Gastronomen nur von April bis Oktober und dann auch nur ab 20 Uhr einsetzen. Die Vergangenheitsform wird an dieser Stelle bewusst verwendet, weil die Stadt auf eine Presseanfrage vom 2. Oktober bis heute nicht antworten konnte, was nun aktuell für Heizpilze gilt – trotz mehrerer Nachfragen.

Sollten Heizpilze in Stuttgart nicht verboten werden?

Ja, aufgrund der schlechten Klimabilanz der wärmespendenden Geräte. Im Jahr 2019 hatte der Gemeinderat im Rahmen des Programms „Weltklima in Not – Stuttgart handelt“ den Wunsch nach einem generellen Verbot von Heizpilzen in Stuttgart formuliert. Damit solle unnötig verbrauchte Energie reduziert werden, hieß es. Denn über ein Jahr gesehen emittiere ein Heizpilz in etwa so viel CO2 wie ein Auto mit einer Jahresfahrleistung von 12 000 Kilometern. Die Stadtverwaltung wurde damals damit beauftragt, die Möglichkeiten eines generellen Verbots zu prüfen.

Aber Heizstrahler werden noch genutzt?

Als 2020 die Coronapandemie begann, wurde auch der Betrieb von gasbetriebenen Heizpilzen in Stuttgart, Ulm oder Tübingen ausnahmsweise im Winter wieder erlaubt. Damit sollten Gastronomen entlastet werden, die sowieso schon unter finanziellen Einbußen litten – und dank der Heizpilze länger Gäste draußen bewirten könnten. Von einem generellen Verbot war in Stuttgart seither keine Rede mehr.

Was ist der Unterschied zwischen Gas- und Strom-Geräten?

Gasbetriebene Geräte heizen die Luft in der Umgebung auf. Mit Strom betriebene Infrarotstrahler erwärmen direkt die Oberflächen oder Körper. Die allermeisten Gastronomen setzten eher auf strombetriebene Geräte. Sei es, weil diese nicht von Gästen händisch umgestellt werden können und dadurch weniger gefährlich sind. Oder weil elektrische Geräte mehr Wärme bringen als Gas-Heizpilze.

Im Wirtshaus Paulaner hatte man sich während der Corona-Hochphase zehn Heizstrahler angeschafft. Heute werden diese nicht mehr genutzt. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Was sagen Gastronomen dazu?

Birgit Grupp vom Stuttgarter Wirtshaus Paulaner hatte sich zur Corona-Hochphase 2021 zehn strombetriebene Heizstrahler gekauft, sodass Gäste den Herbst und Winter über länger auf der Terrasse sitzen konnten. Inzwischen nutze sie diese nicht mehr, sagt sie. Anderswo sind Heizstrahler abends regelmäßig in Betrieb; etwa bei der Bar Marshall Matt an der Eberhardstraße oder bei der Cafébar Walther an der Calwer Straße.

Daniel Ohl, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga in Baden-Württemberg, erklärt dies mit veränderten Gästewünschen: „Der ‚Trend nach draußen’, auch in den kühleren Monaten des Jahres, ist nicht neu in der Gastronomie, hat aber in den Corona-Jahren noch mal einen zusätzlichen Schub erhalten.“ Gastronomiebetriebe ohne nutzbare Plätze im Freien hätten in vielen Fällen „einen schwerwiegenden Wettbewerbsnachteil“.

Was würde ein Verbot bedeuten?

Naturgemäß wäre der Dehoga kein Freund davon: „Für manche Betriebe, die auf ganzjährige Bewirtschaftung von Außenplätzen wirtschaftlich angewiesen sind, könnte ein Komplettverbot von Heizstrahlern ein erhebliches und gegebenenfalls auch existenzgefährdendes Problem darstellen“, sagt Daniel Ohl. Dies gelte insbesondere für Betriebe, die verhältnismäßig wenige Plätze in Innenräumen anbieten könnten, die aber ganzjährig innenstadt-typisch hohe Pachtzahlungen erwirtschaften müssten.

Zudem erwähnt Ohl noch, dass im Vergleich zu 2019 – also vor Corona – die Zahl der gastgewerblichen Betriebe in Baden-Württemberg von rund 30 800 auf 26 900 zurückgegangen sei. Zudem sei der Umsatz der Gastronomie von Januar bis September 2024 inflationsbereinigt um 5,7 Prozent gesunken. „Die wirtschaftliche Situation der Branche ist also außerordentlich schwierig.“