Für Leute, die sich im Landesmuseum Württemberg die Ausstellung „Protest!“ ansehen wollen oder auch nur einen Kaffee trinken, spielt es meist keine Rolle, durch welchen der beiden Eingänge man den Hof des Alten Schlosses betritt: Ob man den Schlosshof nun vom Schillerplatz oder von der Planie her entert – in beiden Fällen liegen sowohl das Museum als auch das Café nur ein paar Schritte entfernt.
Am Montag, 28. April, (öffentliche Generalprobe) und am Mittwoch, 30. April, (Premiere) ist das grundsätzlich anders: Wer sich vom Musik- und Theaterspektakel „Uffrur!“im Hof des Alten Schlosses in die Zeit des Bauernkrieges versetzen lassen möchte, wird durch einen der beiden Eingänge in die Welt der Unterprivilegierten geleitet, wo die Speisen, die man schon anno 1525 zubereiten konnte, deutlich einfacher sind. Der andere Eingang führt in die Welt der Reichen und Mächtigen. Weltenwechseln im Schlosshof ist nicht erwünscht, und welcher Eingang in welches Milieu führt, will Jan-Christian Warnecke, der für das Landesmuseum die Projektkoordination übernommen hat, nicht verraten. Mit Musik, Essensständen und Spielstationen entstehe bei freiem Eintritt „ein immersives Erlebnis, das die Ungerechtigkeiten der Epoche vergegenwärtigt“, heißt es in einer Pressemittelung des Landesmuseums.
Aufruhr-Erinnerung mit Jahrmarktcharakter
„Die Ungerechtigkeit im 16. Jahrhundert beruht auf der Standesgesellschaft“, sagt Jan-Christian Warnecke: „Eine sehr kleine Gruppe besitzt und bestimmt.“ Die viel größere Gruppe der Habenichtse habe nur deshalb existiert, um den Privilegierten ihr Leben zu ermöglichen. Gegen diese Rollenverteilung richtete sich der „Uffrur!“ (übersetzt Aufruhr). Die Aufführung des Musiktheaters mit diesem Titel zum Bauernkrieg mit dem Kreuzchor Stuttgart beginnt an beiden Abenden jeweils um 18 Uhr. Bereits von 16 Uhr an soll im Schlosshof laut Pressemitteilung eine „bildstarke Erlebniswelt mit Jahrmarktcharakter“ erlebbar sein: Zu Gerichten aus dem 16. Jahrhundert und Dosenwerfen gibt es bei der Generalprobe am 28. April Livemusik vom Duo Contradanza. Bei der Premiere am 30. April musizieren zur Einstimmung die Maslband, der Paul-Gerhardt-Posaunenchor Stuttgart und der Vorchor der Hymnus-Chorknaben.
Nicht alle sehen alles gleichzeitig
Während das Herzstück des Abends, das Musiktheaterstück „Uffrur!“ mit einem Narren als Zeremonienmeister auf der mittleren Bühne vom armen und vom reichen Erlebnisbereich im Schlosshof aus gleichzeitig zu sehen sein wird, ist die Einstimmungsmusik auf zwei weiteren Bühnen zwar von allen Plätzen aus hörbar, aber nicht immer für alle im Idealfall 500 bis 600 Besucher sichtbar.
Die eingeschränkte Sicht ist Teil des Konzepts: „Die Ungleichheiten von heute sind etwas, das jedem sofort in den Sinn kommt, der sich mit ,Uffrur!‘ beschäftigt“, sagt Jan-Christian Warnecke. Bei den beiden jeweils um 19.30 Uhr beginnenden „After-Show-Partys“ mit Kids of Adelaide (28. April) beziehungsweise Wolfgang Schmid & Friends (30. April) indes dürfte Austausch zwischen den Publikumssphären möglich sein.
Nach der Premiere in Stuttgart geht „Uffrur!“ bis in den Herbst hinein mit wechselnder musikalischer Besetzung auf Tournee zu den Schauplätzen des Bauernkrieges vor 500 Jahren: Im Mai gastiert das Theaterspektakel in Weingarten, Heilbronn, Böblingen und Bretten. Die letzte Aufführung findet am 12. Oktober in Maulbronn statt.