Im Februar sind in Botnang wieder Bäume gefällt worden. Das ruft die Bürgerinitiative „Zukunft Stuttgarter Wald“ zurück auf den Plan – und ein alter Streit flammt neu auf.

Volontäre: Maximilian Kroh (kro)

Vielleicht hängt das moosgrüne T-Shirt sogar noch in Fritz Kuhns Schrank. 2019 hatte der damalige Stuttgarter Oberbürgermeister es überreicht bekommen. „Unser Wald ist Chefsache“ stand darauf. Das Shirt war ein Geschenk der Bürgerinitiative Zukunft Stuttgarter Wald, die sich damals gegen die Baumfällungen im Botnanger Wald wehrte. Sie übergab Kuhn außerdem eine Petition mit mehr als 2000 Unterschriften und blieb so lange am Thema, dass der Stuttgarter Waldbeirat gegründet wurde. Im Wald kehrte Ruhe ein – bis in diesem Februar wieder gefällt wurde. Seitdem ist die Bürgerinitiative wieder aktiv, wendet sich in einem offenen Brief an die Stadt. Doch die Lage ist kompliziert.

 

Denn während es damals um städtische Fällungen ging, fanden die Forstarbeiten diesmal in dem Teil des Waldes statt, der dem Land Baden-Württemberg gehört. Damit ist auch die Abmachung zwischen Stadt und Initiative, den Wald für zehn Jahre ruhen zu lassen, irrelevant. Die baden-württembergische Forstbehörde Forst BW handle nach „völlig anderen Maßstäben“ als die Stadt, heißt es im offenen Brief der Bürgerinitiative. „Ohne Transparenz, ohne Rücksicht auf Bürgerinteressen und ohne die Leitlinien des Stuttgarter Waldkonzepts zu beachten.“ Die Behörde verfolge keine nachhaltige Strategie, sondern handle nur aus „monetären Interessen“.

Forst BW teilt mit, dass im Februar aus drei Gründen Bäume gefällt worden seien. Zum einen, um den Eichen im Wald ausreichende Sonneneinstrahlung zu ermöglichen. Zum anderen, um die Verkehrssicherheit am Waldtrauf und im Bereich der Kneippanlage zu sichern. Außerdem seien einige kranke Eschen gefällt worden. Bei der Bürgerinitiative kennt man diese Argumente. Die Fronten sind verhärtet, seit einem Jahr herrscht Funkstille. Im offenen Brief wenden sich die Bürger deswegen vor allem an die Stadt Stuttgart und Oberbürgermeister Frank Nopper.

„Die Stadt sollte sich politisch verantwortlich fühlen“, fordert Jörg Noetzel, eines der Gründungsmitglieder der Initiative. „Der Wald hat so eine große Bedeutung für Stuttgart.“ Dass es keine direkte Weisungsbefugnis über den Staatswald gebe, sei klar. „Dennoch, es gibt ein politisches Interesse und eine stadtpolitische Zuständigkeit und Verantwortung für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger“, heißt es im Brief an die Stadt.

Jörg Noetzel engagiert sich seit Jahren für den Botnanger Wald. Foto: Archiv/Torsten Ströbele

Nopper und der Gemeinderat sollten sich deshalb dafür einsetzen, dass die Regeln, die für die Fällungen im Stadtwald gelten, auf das Gebiet des Staatswaldes ausgeweitet werden. Als erste Schritte schlägt die Bürgerinitiative ein Gespräch zwischen Initiative, ForstBW und Vertretern der Stadtpolitik vor. Denkbar sei außerdem eine Podiumsdiskussion wie 2018. Sie habe damals den Anstoß zur Gründung des Waldbeirats gegeben.

Stadt Stuttgart sieht das Land als Ansprechpartner

Bislang aber dämpft die Stadt die Erwartungen der Bürger noch. Sie habe den offenen Brief zwar erhalten, weil es darin aber um die Waldflächen des Landes geht, sei aus städtischer Sicht ForstBW der richtige Ansprechpartner.

Jörg Noetzel und die Bürgerinitiative haben jedenfalls ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Website ist wieder auf dem neuesten Stand, die alte Petition wird wieder verbreitet. Aufgeben wollen sie den Botnanger Wald noch lange nicht. Und womöglich braucht es ja nur ein neues T-Shirt für den Oberbürgermeister.