Am Standort Schwieberdingen herrscht am frühen Freitagmorgen angespannte Stimmung. Dutzende Mitarbeiter gehen vom Parkplatz auf das Werksgelände. Zu den Neuigkeiten vom Vortag will sich gegenüber unserer Zeitung niemand öffentlich äußern. Klar ist jedoch: Der angekündigte Stellenabbau beschäftigt die Bosch-Beschäftigten sehr. „Freudenstürme sehen anders aus“, sagt ein Mitarbeiter auf dem Weg ins Werk.
Zwei Auszubildende müssen zwar vorerst nicht um ihren Arbeitsplatz bangen, machen sich aber Sorgen um ihre Zukunft. „Die Übernahmechance nach der Ausbildung sehe ich allerdings als schlecht an“, sagt einer von ihnen.
Betriebsrat: Vereinbarungen wurden hintergangen
Am Donnerstagnachmittag hatte die Konzernführung bekanntgegeben, weltweit 13.000 weitere Stellen abzubauen. Besonders betroffen sei der Standort Schwieberdingen, heißt es von Unternehmensseite. Bis 2030 sollen hier 1750 Arbeitsplätze wegfallen – ein erheblicher Teil der Gesamtzahl. Betroffen sind laut Bosch-Pressestelle die Geschäftsbereiche Power Solution, Electrified Motion, Mobility Electronics sowie der dazugehörige Einkauf.
Tobias Möhle, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch Schwieberdingen, ist sauer: „In Schwieberdingen gibt es laufende Vereinbarungen zur Zukunft, Personalabbau, verbunden mit Beschäftigungssicherung bis Ende 2029.“ Die nun verkündeten Maßnahmen würden die bisherigen Anstrengungen und Hoffnungen nicht nur in Frage, sondern in den Schatten stellen. „Auf den ganzen Standort gerechnet steht jeder dritte Arbeitsplatz zur Debatte. Zusammen mit der Belegschaft, IG-Metall und als Betriebsrat stellen wir uns entschieden gegen jeden Arbeitsplatzabbau ohne Sinn und Verstand.“
Auch ein Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Ludwigsburg wendet sich mit seiner Kritik an den Abbauplänen an die Presse. Macit Karaahmetoğlu (SPD) könne aber nicht akzeptieren, „dass ein Unternehmen versucht, die Herausforderungen dieser Zeit in diesem Ausmaß auf dem Rücken der Belegschaft zu bewältigen“. Gemeinsam mit der Landespolitik werde er sich für einen Erhalt möglichst vieler Stellen einsetzen – „hier darf das letzte Wort noch nicht gesprochen sein“.
Benker bleibt optimistisch
Auch im Schwieberdinger Rathaus sorgt die Nachricht für Besorgnis. Bürgermeister Stefan Benker erklärt: „Dass ein weiterer Stellenabbau kommt, war abzusehen. Die Größe des Stellenabbaus hat uns aber dann doch überrascht.“ Er hofft, dass die Auswirkungen auf Gemeinde und Region nicht zu schwer ausfallen – zum einen, weil sich der Abbau über vier Jahre erstreckt, zum anderen, weil er von einem sozialverträglichen Vorgehen ausgeht.
Konkrete Auswirkungen auf die Infrastrukturplanung sieht Benker nicht. So laufe die Planung des neuen Gewerbegebiets am Laiblinger Weg, gleich neben dem Bosch-Werk, wie vorgesehen weiter. „Auch wenn es manchmal anders dargestellt wird: Das Gewerbegebiet wird nicht allein für zwei Unternehmen geplant“, sagt Benker und spielt auf Bosch und Porsche an, die bereits Interesse an Flächen auf dem neuen Gewerbegebiet angemeldet haben.
Das Gewerbegebiet werde auch dann ausreichend besiedelt werden, wenn Bosch einen Rückzieher macht und keine weiteren Flächen braucht, so die Botschaft Benkers. „Wir richten uns mit dem Angebot an viele verschiedene Unternehmen, national und international.“