Der Pop-up-Store Bohne & Leos ist zum beliebten Treff im Dorotheen-Quartier geworden wie zuletzt beim DJ-Event. Händler des Bohnenviertels, die unter einer jahrelangen Baustelle leiden, verkaufen dort eine Auswahl ihres Sortiments. Damit ist bald Schluss.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

In Stuttgart nennt man ihn eine DJ-Legende: Uwe Sontheimer legte einst in den wilden Jahren der Stadt in der Boa, im Oz und im Perkins Park auf. Für ihn wird am Donnerstagabend der vordere Bereich des neuen Pop-up-Stores Bohne & Leos im Dorotheen-Quartier leer geräumt, damit es Platz zum Tanzen gibt. Der groß gewachsene Uwe ist die Attraktion beim „After-Work-Dance“, zu dem die Bohnenviertel-Händler in ihren temporären Laden eingeladen haben. Das zweite Standbein ist für sie dringend nötig geworden, weil ihre eigentlichen Firmensitze für viele Jahre von der City abgeschnitten sind. Eine riesige Baustelle und eine Autoflut in der Umleitung vor der Ladentür sorgen für hohe Verluste.

 

DJ Uwe Sontheimer mit Manuela Zinser vom Bohnenviertel-Laden Lieblingsstück. /ubo

Das Pop-up-Projekt endet nach fünf Monaten

Die Stimmung beim Tanz nach der Arbeit ist bestens, es gibt Cocktails, manche kaufen Leckerlis für ihren Hund, die es bei Waumiau im Bohne & Leos gibt, oder eine pinkfarbene Jacke vom Geschäft Lieblingsstück. Mit Veranstaltungen wie dieser haben die Händler erreicht, dass der erst im August eröffnete Store zu einem beliebten Treffpunkt im DoQu geworden ist. Was an diesem Abend noch niemand ahnt: Am nächsten Tag erfahren die Geschäftsleute, dass sie nicht mehr lange im Lifesyle-Viertel bleiben können. Breuninger will ihnen auf 31. Dezember kündigen, ist Thomas Rodens, dem Vorsitzende des Handels- und Gewerbevereins Bohnenviertel, telefonisch mitgeteilt worden. Damit endet das Pop-up-Projekt bereits nach fünf Monaten.

Die Geschäftsleute aus dem Bohnenviertel, die zu Sonderkonditionen im Dorotheen-Quartier untergekommen sind, haben gewusst, dass der Vermieter ihnen jederzeit kündigen kann – dann nämlich, wenn das Warenhausunternehmen einen Mieter findet, der den regulären Preis bezahlt. Mit den Pop-ups soll es keinen sichtbaren Leerstand geben. Dass so schnell ein neuer Store-Interessent gefunden wird, dachte wohl niemand.

„Dass sich Breuninger so entscheidet, ist das gute Recht des Unternehmens und mit Sicherheit eine wirtschaftlich kluge Entscheidung“, sagt Thomas Rodens vom Bohnenviertel-Verein. Doch man dürfe nicht außer Acht lassen, um was es bei Bohne & Leos in Wahrheit gehe: „Es geht um die Chance für die Unternehmerinnen und Unternehmer der Esslinger Straße und des Bohnenviertels, die sicheren Insolvenzen abzuwenden, die durch die Baustellen des Mobility Hubs und des Hauses für Film und Medien drohen“, so Rodens.

Hier stand mal das Breuninger-Parkhaus. Foto: Lichtgut //Max Kovalenko

An der Baustelle, auf der einst das Breuninger-Parkhaus stand, ist der Warenhauskonzern nicht ganz unbeteiligt. „Bisher wurde uns von Breuninger immer erklärt, dass sich das Unternehmen deswegen in der Verantwortung sieht“, betont der Sprecher des Bohnenviertels. Nun sei ihm aber klar, dass die „einzige Verantwortung“ von Breuninger darin bestehe, „einen unschönen Leerstand im Quartier zu überbrücken“. Dem Warenhaus gehe es „nur um den eigenen wirtschaftlichen Erfolg bis auf den letzten Cent, koste es, was es wolle“.

Bisher hat Thomas Rodens, wie er sagt, versucht, „dem Hause Breuninger den Rücken vor wütenden, verängstigten Unternehmern freizuhalten“. Nun müsse er sich eingestehen, dass er damit leider „nicht erfolgreich sei“. Unsere Redaktion hat Breuninger befragt zu der Kündigung von Bohne & Leos und zur Kritik des Bohnenviertel-Vereins. Bisher liegt noch keine Antwort vor.

Bei all den Umleitungen und Absperrungen weiß die Kundschaft oft nicht mehr, wie man zu den Händlern des Bohnenviertel gelangt. Die Engstellen schränken die Breite der Gehwege drastisch ein: Es gibt kaum Platz, sodass man nicht mal vor einem Schaufenster stehen bleiben kann. „Bei etlichen Händlern ist der Umsatz gleich null“, sagt Thomas Rodens. Die kleinen Unternehmen, die typisch sind für das Quartier, könnten die Verluste, die nun wohl über Jahre entstehen, nicht ausgleichen.

Appell an die Stadt

Der Sprecher des Bohnenviertels sagt eine Insolvenz-Welle voraus, wenn man keine Lösung finde. Sein Appell richtet sich an die Stadt, eine gemeinsame Lösung zu suchen, um die Geschäftsleute des Viertels zu retten – etwa mit Ausgleichszahlungen. Dass nun auch die Fläche im DoQu, wo der Verkauf sehr gut angelaufen sei, wegfalle, sei fatal.