Cannstatter Volksfest Kuriose Fahrten und Schreckmomente – das erleben Taxi-Fahrer beim Wasen

Mehmet Can am Taxistand neben dem Volksfestgelände. Zur Wasenzeit erlebt man dort einiges. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Taxifahrer bekommen viel mit. Besonders großer Andrang herrscht in Stuttgart während des Volksfests – inklusive Tiefschlaf, neuer Freundschaften und „Entführungsopfern“.

Kriminalität, Sicherheit und Justiz: Jürgen Bock (jbo)

Es ist später Nachmittag, am Taxistand in der Cannstatter Daimlerstraße ist noch nicht viel Betrieb. Ein paar Meter weiter auf dem Cannstatter Wasen kreischen die Fahrgäste in den Karussells und recken die Festzeltbesucher die Maßkrüge in die Höhe. Ein paar Stunden später wird hier einmal mehr der Teufel los sein. Am späten Abend leeren sich die Zelte, herrscht Verkehrschaos, sammeln die Taxis reihenweise ihre Kunden ein. Ein enorm wichtiges Geschäft, das auch kuriose Erlebnisse mit sich bringt.

 

„Ich fahre den Wasen gern an“, sagt Mehmet Can. Seit vier Jahren fährt er Taxi, ist seitdem regelmäßig beim Volksfest im Einsatz. Pausen macht man da nicht. „Wenn man kurze Fahrten hat, schafft man an so einem Abend etwa zehn Touren“, erzählt der 33-Jährige. Das ist viel mehr als außerhalb der Volksfestzeit. Zwischen 22 und 1 Uhr herrscht Hochbetrieb. Oft mit angetrunkenen Fahrgästen.

Tiefschlaf im Wasen-Taxi endet bei Polizei

„Wenn man nachts fährt, weiß man, dass die Leute feiern. Das ist auch in Ordnung und beim Volksfest nicht anders als am Wochenende in der Innenstadt“, sagt Iordanis Georgiadis, Vorstandsvorsitzender der Stuttgarter Taxi-Auto-Zentrale (TAZ). Er schätzt, dass etwa 80 Prozent der Fahrer gern während des Wasens arbeiten, der Rest meide das Gelände eher.

Was man erlebt, ist manchmal ärgerlich, öfter aber kurios oder gar lustig. Georgiadis selbst berichtet schmunzelnd von einer Fahrt vom Wasen nach Kornwestheim. „Die Straße hatte der Kunde beim Einsteigen nicht genannt. Unterwegs ist er so tief eingeschlafen, dass er nicht mehr wachzukriegen war.“ Nach einer halben Stunde schließlich fuhr Georgiadis mit dem entschlummerten Mann zur Polizeiwache. Dort durchsuchte man ihn, fand Ausweis und Adresse. Und holte ihn sogar zurück aus seinen Träumen. Die Reaktion? „Er war tiefenentspannt – und hat gesagt, er habe noch nie so gut geschlafen“, sagt Georgiadis und lacht.

Wer im Zelt feiert, fährt vernünftigerweise mit dem Taxi nach Hause – und hat oft was zu erzählen. Foto: Fotoagentur Stuttgart/Andreas Rosar

„Die meisten schlafen unterwegs ein“, bestätigt Mehmet Can. Das liegt natürlich am Alkohol, an der späten Uhrzeit – aber manchmal auch an der langen Fahrt. Denn wer glaubt, Volksfestbesucher ließen sich nur im Umkreis nach Hause oder in ihr Hotel fahren, der täuscht sich. „Ich hatte dieses Mal schon Fahrten nach Calw, Öhringen und München“, erzählt Can. Manch einer komme den weiten Weg für ein paar Stunden nach Stuttgart und lasse sich dann mit dem Taxi zurückfahren. Da spielen dann die Kosten wohl keine Rolle.

Taxi-Fahrer Can: „Wir sind im Taxi Eltern, Ärzte und Psychologen“

Probleme habe er noch nie gehabt, sagt Can. „Die, die nicht mehr stehen können, nehme ich aber auch eher nicht mit.“ Unterwegs ergäben sich oft nette, witzige Gespräche. „Wir sind im Taxi Eltern, Ärzte und Psychologen“, sagt er. Und manchmal sogar Freunde. Einmal, so Can, habe nach einer Heimfahrt vom Wasen der Kunde seinen Geldbeutel im Auto verloren. Can brachte ihn zurück. „Der Mann hat sich darüber so gefreut, dass er seither nur noch mit mir fährt – auch außerhalb der Volksfest-Zeit.“

Entführungsfall der lustigen Art im Wasen-Taxi

Es kann aber auch Schreckmomente geben. Ein anderer Fahrer, der anonym bleiben will, berichtet gar von einem Entführungsfall der lustigen Art. Ein ordentlich angetrunkener Volksfestbesucher stieg zu ihm ins Taxi und wollte nach Hause gebracht werden. Auf der Fahrt, die eine Weile dauerte, schlief der Kunde ein. Am Ziel weckte der Fahrer ihn. „Der Mann ist daraufhin total erschrocken und konnte sich offenkundig nicht mehr erinnern, dass er ein Taxi genommen hatte. Er schrie und glaubte allen Ernstes, er sei Opfer einer Entführung geworden.“ Er sprang aus dem Auto – und sah, dass er vor seiner Haustür stand. Auf die Polizei habe er dann kleinlaut verzichtet.

All das nimmt sich aber geradezu gewöhnlich aus im Vergleich zu einem Fall, über den unsere Zeitung bereits vor einigen Jahren berichtet hat. Da stieg ein Paar in Tracht laut streitend am Wasen in ein Taxi. Die beiden wollten nach Hause gebracht werden, weil sie sich in die Haare gekriegt hatten – wohl wegen eines Flirts des Ehemannes mit einer Kellnerin. Unterwegs wurde der Zwist so heftig, dass der Mann mitten auf der Landstraße die Tür aufriss. Als der Taxifahrer anhielt, stieg der Mann aus, rief, es reiche ihm jetzt und verschwand im Wald.

Zünftiger Streit im Wasen-Taxi endet mit nasser Lederhose

Der Taxler fuhr daraufhin die zurückgebliebene Ehefrau nach Hause. Am Ziel angekommen, bemerkte sie, dass der Hausschlüssel noch beim werten Gatten war. „Kein Problem“, sagte sie daraufhin, sie könne in der Hütte hinter dem Haus übernachten. Auf der Rückfahrt sah der Taxifahrer plötzlich einen völlig durchnässten Mann in Lederhose am Straßenrand stehen. Es war der Ehemann, der in der Dunkelheit in einen Bach gestürzt war. Der Fahrer hatte Mitleid und fuhr ihn nach Hause. Dort bemerkte der Mann, dass er seinen Hausschlüssel im Bach verloren hatte. „Kein Problem“, sagte er daraufhin, er könne in der Hütte hinter dem Haus übernachten. Was dort wohl passiert ist? Das wissen noch nicht einmal die Stuttgarter Taxifahrer.

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