Adam Serpan (39) ist langjähriger Anhänger und Dauerkarten-Inhaber beim kommenden Champions-League-Gegner Sparta Prag (1. Oktober, 18.45 Uhr). Im Interview gibt der Tscheche sportliche und historische Einblicke in seinen Herzensclub, beschreibt die Prager Fanszene und verrät seinen Blick auf den VfB Stuttgart.
Adam, der VfB Stuttgart und Sparta Prag standen sich noch nie in einem Pflichtspiel gegenüber. Die einzige Partie in der Geschichte beider Clubs war ein Freundschaftsspiel im Jahr 2023, das Sparta mit 2:0 gewann. Wie blicken sie auf das Duell in der Champions League?
Wir freuen uns auf ein tolles Spiel. Stuttgart ist ein Top-Team der Bundesliga, das macht es auch für uns zu einer besonderen Partie. Aber wir sind gewappnet.
Sparta Prag ist mit dem 3:0 gegen RB Salzburg überraschend stark in die Königsklasse gestartet.
Was heißt überraschend? Unterschätzt uns nicht (lacht). Es war ein super Start in die Champions League. Doch wir wissen schon, dass der VfB eine andere Hausnummer wird.
Ihr Team ist in Deutschland weithin unbekannt. Mit Ausnahme von Markus Solbakken, dessen Vater einst Trainer beim 1. FC Köln war, sind die Spielernamen den wenigsten geläufig. Auf wen gilt es zu achten?
Oh, da gibt es einige. Als Fan blickt man eher auf die Angreifer. Ich halte Veljko Birmancevic, Lukas Haraslin und Victor Olatunji für ein sehr gutes Angriffstrio.
Was zeichnet die Mannschaft grundsätzlich aus?
Ihre Geschlossenheit und ihr Teamspirit. Viele Spieler sind eng befreundet, sie unternehmen auch in der Freizeit viel zusammen. Sparta ist wie eine große Familie. Ein gutes Beispiel ist der Fall unseres inzwischen nach Italien gewechselten Spielers Jakub Jankto, der sich im vergangenen Jahr als einer der ersten aktiven Fußballprofis in Europa als homosexuell geoutet hat. Der Zusammenhalt und die Unterstützung, die ihm danach aus der Mannschaft und vom Verein zuteil wurde, war einzigartig. All das überträgt sich auch aufs Spielfeld. Jeder kämpft für Jeden.
Auch der Verein ist hierzulande ein eher unbeschriebenes Blatt. Erzählen Sie doch mal: Was macht Sparta Prag besonders?
Sparta ist der größte und mit 38 Titeln der erfolgreichste Club in Tschechien. Für uns Fans ist er wie eine Religion. Die Leidenschaft wird von Generation zu Generation übertragen. In Tschechien sagt man: Entweder Du liebst Sparta oder Du hasst Sparta. Ein bisschen also wie in Deutschland mit Bayern München.
Weitere Besonderheiten?
Kennen Sie unser Strahov-Stadion? Es hatte mal eine Kapazität von über 220 000 Plätzen und war das größte Stadion der Welt. Es steht heute noch an Ort und Stelle. Im Innenraum ist neben sechs Trainingsplätzen die Geschäftsstelle von Sparta untergebracht. Sehr sehenswert. Genauso wie unsere 18 000 Fans fassende Spielstätte. Schade für die VfB-Fans, dass es kein Rückspiel gibt.
Was zeichnet die Fanszene von Sparta Prag aus?
Sie ist die größte von Tschechien. Aber natürlich ist bei uns alles ein wenig kleiner als bei den großen deutschen Clubs.
Wie viele werden nach Stuttgart kommen?
Die 3300 Gästekarten waren in zwei Minuten ausverkauft.
Fans aus Osteuropa sind als stimmungsvoll, einige von ihnen aber auch als gewaltbereit bekannt. Wie verhält es sich bei Sparta?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in Stuttgart zu Problemen kommen wird. Natürlich gibt es auch bei uns ein paar Rowdies, ein paar Hooligans. Wie fast überall. Aber alle freuen sich auf die Champions League. Und im Hinblick auf Stuttgart gibt es keinerlei negative Anknüpfungspunkte.
Geben Sie uns zum Schluss noch ein wenig Nachhilfe in Prager Fußballkultur: Wie grenzt sich Sparta historisch betrachtet von den anderen Hauptstadtclubs Slavia, Dukla oder Bohemians Prag ab?
In der kommunistischen Ära galt Sparta als der Partei-Verein, Slavia als Club der Studenten. Wobei es da auch immer Überschneidungen gab. So hatten auch bei Slavia wichtige kommunistische Führer das Sagen. Dukla war der Armee-Club. All diese Bezüge haben sich über die Zeit verloren – zum Glück. Zu den Bohemians fallen mir nur fußballhistorische Bezüge ein. Antonin Panenka ist die Legende der Bohemians. Unsere Legende heißt Pavel Nedved.