Vor zehn Jahren hat sich der traurige Clown Frieder Nögge das Leben genommen. Was bleibt? Eine Spurensuche in Großhöchberg.  

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Stuttgart - Der Clown in vier Temperamenten ist seine Paraderolle gewesen, das Glanzstück, geschrieben in jungen Jahren. Der Kabarettist, Liedermacher, Regisseur und Theaterpädagoge Frieder Nögge hat die Temperamente immer wieder gespielt. Es gibt Leute, die den Mimen zwanzig-, dreißigmal in dieser Rolle gesehen haben, weil sie Nögges eigenwillige Mischung aus Witz und Poesie faszinierte. Nögge wurde 1955 in Göppingen als Ekkehart Scheuthle geboren. Zuletzt spielte er in seinem Atelier-Theater auf dem Stiftshof in Backnang (Rems-Murr-Kreis). Am Montag vor zehn Jahren, in der Nacht vom 16. auf den 17.Oktober 2001, hat sich der traurige Clown und Possenreißer erhängt. Er wurde nur 46 Jahre alt.

 

Warum der erfolgreiche Künstler völlig unvermittelt aus dem Leben schied, kann sich bis heute niemand erklären. Sein ältester Sohn sagt, die Frage nach dem Warum sei "reine Zeitverschwendung". Sebastian Scheuthle, selbst ein erfolgreicher Komiker, hat "Frieden gemacht" mit dem Ende des (Über-)Vaters. Andernfalls, sagt der 31-Jährige, "wäre meine Arbeit auf der Bühne reine Selbsttherapie", das würde das Publikum bestimmt nicht goutieren.

Jutta Scheuthle lebt ihren Traum von damals

Seit einem Jahrzehnt ist Nögge tot. Das Nögge-Theater im Bandhaus wurde 2001 geschlossen. Was ist geblieben? Wer Antworten auf diese Frage sucht, der sollte nach Großhöchberg fahren. In dem kleinen Spiegelberger Teilort hat Frieder Nögge mit seiner Familie einst gelebt. Später, nach der Trennung von Jutta Scheuthle, wohnte der Mime mit seiner neuen, jungen Freundin in dem Weiler. Seit knapp drei Jahren ist Jutta Scheuthle zurück in Großhöchberg. Die 55-Jährige betreibt den Klosterhof, einen Künstlertreff, in dem auch ihr Sohn Sebastian gelegentlich gastiert. Auf dem Klosterhof haben die Scheuthles auch damals gewohnt, nach ihrer Rückkehr aus Hamburg. Nögge habe Heimweh nach Schwaben gehabt, erzählt Jutta Scheuthle.

Die Familie hatte damals geplant, auf dem Klosterhof Kunst, Kultur und Kulinarik miteinander zu verbinden. Nögge wollte schauspielern, die Gattin hätte für das Ambiente gesorgt. Der Plan ist nicht aufgegangen, die Familie zerbrach. Heute lebt Jutta Scheuthle ihren Traum von damals. Sie bewirtet ihre Gäste, Künstler treten auf. Ihr neuer Lebenspartner, der Schweizer Schauspieler Jürg Löw, hat sich ebenfalls in Großhöchberg niedergelassen.

Nur ein paar Schritte vom Klosterhof entfernt führt Thomas Weber das Kabirinett, eine Kleinkunstbühne. Sebastian Scheuthle und Thomas Weber haben Frieder Nögges Schule für Improvisationstheater in Backnang besucht. Damals haben die Nachwuchsmimen gelegentlich in Großhöchberg geprobt. Ohne Nögge wäre Thomas Weber vermutlich nicht zu einem erfolgreichen Mimen und Theaterchef geworden, ohne ihn wäre er nicht in dem Bauerndorf gelandet. In dem winzigen Weiler im Schwäbischen Wald lebt ein Teil des Künstlers Nögge weiter-und in seinen Liedern, die Sebastian Scheuthle interpretiert.

Viele Nögge-Schüler sind erfolgreich

Im Gartenhaus serviert Jutta Scheuthle Gebäck zum Kaffee -und gemeinsam mit ihrem Filius Anekdoten vom Leben mit dem bundesweit anerkannten Künstler. Die junge Gemälderestauratorin hatte Nögge 1978 kennengelernt. Später tingelten sie mit den drei Kindern durch Deutschland - und landeten schließlich wieder im Ländle. "Seine Arbeit hat Früchte getragen", sagt Sebastian Scheuthle. Viele Nögge-Schüler seien erfolgreich. Er selbst und seine Familie kämen ganz gut über die Runden.

Frieder Nögge habe seinen Zuschauern und seinen Schülern "die Möglichkeit gegeben, sich selbst zu sehen", sagt der Sohn. Selbst gespielt habe er sich nie. Ganz anders der Filius und sein Kumpel Weber: ihr Stück "Spezialgeschäft" trägt autobiografische Züge. "Das wäre meinem Vater zu flach gewesen", sagt der Scheuthle. Am 21. Oktober gastieren er, Michael Ransburg und Kilian Gutberlet mit dem Programm "Es menschelt" in Backnang. Sie versprechen "grandiose Texte des zu früh verstorbenen Narren Frieder Nögge und eine unverschämte Ladung Humor".

Mehr Informationen finden Sie im Internet auf den Seiten des Klosterhofs Großhöchberg und des Kabirinetts.