Einzeln betrachtet gab es in keinem Monat einen Rekord beim Niederschlag. Betrachtet man die letzten zwölf Monate allerdings am Stück, sieht es ganz anders aus. Noch nie seit dem Jahr 1881 gab es in Deutschland in einem Jahr so viel Regen.
Deutschland erlebt den nassesten zwölfmonatigen Zeitraum seit Messbeginn. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach hat seine bundesweiten Messstationen ausgewertet und festgestellt: Noch nie seit dem Jahr 1881 gab es in Deutschland so niederschlagsreiche zusammenhängende zwölf Monate wie in dem Zeitraum von Juli 2023 bis Juni 2024.
Trockenheit durch sehr feuchte zwölfmonatige Phase abgelöst
Einzeln war keiner der vergangenen zwölf Monate als Rekordmonat aufgefallen, erklärt der Leiter der Hydrometeorologie des DWD, Frank Kaspar. Der Rekord ergibt sich nur gemittelt. In der Summe fielen in diesem Zeitraum über Deutschland rund 1070 Litern pro Quadratmeter. Im Vergleich dazu beträgt der vieljährige Mittelwert der Referenzperiode 1961 bis 1990 rund 789 Liter pro Quadratmeter im Jahr.
Ein Blick in das nationale Klimaarchiv des DWD zeigt: Während der vergangenen zehn Jahre wurden eher unterdurchschnittliche jährliche Niederschlagssummen beobachtet. Allerdings hat Niederschlag dem Hydrometeorologen zufolge generell „eine hohe Variabilität“. Die Trockenheit der vergangenen Jahre wurde nun durch eine sehr feuchte zwölfmonatige Phase abgelöst.
Klimawandel macht Hochwasser wahrscheinlicher
Erst vor wenigen Tagen hatte der DWD in einer neuen Studie vermeldet, dass die Wahrscheinlichkeit für derart starke Niederschläge wie Ende Mai und Anfang Juni in Süddeutschland ist einer Studie zufolge im Zuge der Klimakrise bereits deutlich gestiegen sei. Statt wie einst im Mittel etwa alle 42 Jahre sei in der Region aktuell etwa alle 30 Jahre mit derartigen Niederschlägen zu rechnen, teilte das Regionale Klimabüro Potsdam des Deutschen Wetterdienstes (DWD) mit.
Bei einer global zwei Grad wärmeren Zukunft sei zu erwarten, dass sich vergleichbare Ereignisse in der Gegend im Mittel alle 23 bis 25 Jahre ereignen werden. Die rechnerischen Unsicherheiten bei diesen Angaben seien allerdings recht groß, heißt es in der Analyse.
Starke Niederschläge hatten zwischen dem 30. Mai und dem 3. Juni zu Sturzfluten und Überschwemmungen in Süddeutschland geführt. In Bayern und Baden-Württemberg wurden lokal Rekord-Regenfälle gemessen, besonders betroffen waren dem DWD zufolge die Einzugsgebiete von Donau und Neckar.
Blick zurück für einen Vergleich
Die Wissenschaftler des Wetterdienstes konzentrierten sich bei ihrer sogenannten Attributionsstudie auf die Einzugsgebiete der Flüsse Neckar und Donau, in denen die stärksten Niederschläge gemessen wurden. Die Auswertung ergab, dass der Klimawandel die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches oder ein stärkeres Niederschlagsereignis auftritt, um etwa den Faktor 1,4 (Spanne von 0,8 bis 4,4) erhöht hat.
Ein solches Ereignis könne heute also merklich häufiger auftreten als in einem 1,2 Grad kühleren Klima, wie es um das Jahr 1900 herum herrschte. Erhöht habe sich nach den Berechnungen wahrscheinlich auch die Intensität eines solchen Niederschlagsereignisses in dieser Region – um etwa vier Prozent. „Ein solches Ereignis bringt somit heute vier Millimeter (Liter pro Quadratmeter) mehr Niederschlag als in einem 1,2 Grad kühleren Klima“, heißt es weiter.
Starkregen fällt zunehmend intensiver aus
Für eine Attributionsstudie werden meteorologische Daten aus den zurückliegenden Jahrzehnten und Klimasimulationen statistisch ausgewertet. Anfang des Monats hatte das Forschungskonsortium Climameter bereits eine ähnliche Analyse zum Geschehen in Süddeutschland vorgelegt. Demnach fiel der Starkregen, der die Überschwemmungen verursachte, bis zu 10 Prozent intensiver aus als ohne menschengemachte Erwärmung.
Zur Info: Mit Attributionsstudien lässt sich laut DWD grundsätzlich abschätzen, inwieweit der vom Menschen verursachte Klimawandel für das Auftreten individueller Wetter- oder Klimaextreme verantwortlich ist. Für derartige statistische Analysen werden Klimasimulationen mit speziell gewählten Randbedingungen verwendet, da die Beobachtungszeitreihen häufig noch nicht ausreichend lang zur Verfügung stehen.