Die Fans sind teils aus dem Ausland angereist, um die deutsche Mannschaft im Nations League Spiel um Platz drei zu sehen. Nicht nur vom Wetter hätten sie sich mehr erhofft.

Volontäre: Julika Wolf (jwo)

Public Viewing, singende Massen auf dem Schlossplatz, Schwarzrotgold überall: Von der EM-Stimmung aus dem vergangenen Jahr ist in Stuttgart an diesem verregneten Sonntagmittag wenig zu spüren. Dass die deutsche Mannschaft in wenigen Stunden in der MHP-Arena gegen Frankreich um den dritten Platz der Nations League spielt, sieht man – zumindest in der Innenstadt – nur an vereinzelten Trikots. Und die sind oft unter Regenjacken versteckt.

 

Yvonne Weißer und Tobias Schätzle sind enttäuscht von der fehlenden Stimmung. „Wir dachten eigentlich, es wäre mehr los“, sagt Tobias. Am Samstag sei das so gewesen. Unter anderem war der Nations League-Pokal ausgestellt. Stolz zeigt Tobias ein Foto damit. In Dortmund, wo er beim Deutschland-Spiel gegen Italien war, sei die Stimmung deutlich besser gewesen. Nun machen sie sich eben gleich auf den Weg ins Stadion. Was sie sich vom Spiel erhoffen? „Elfmeterschießen – wenn ich schon mal da bin“, sagt Yvonne lachend. Da wartet wohl noch eine Enttäuschung auf die beiden: Bei diesem Spiel wird es auch bei einem Unentschieden keine Verlängerung geschweige denn ein Elfmeterschießen geben – die UEFA hat die Regeln geändert.

Fans sind enttäuscht: Woltemade und Undav statt Ronaldo

Auch Aurelio und seinen vier Kumpels ist in Stuttgart zu wenig los. Sie sind extra aus der Schweiz angereist, um das Spiel zu sehen. Immerhin finden sie die Stadt ganz schön. Aurelio versucht, auf der Königstraße Tickets loszuwerden – ganz optimistisch hat er zwölf Stück gekauft, jetzt sind sie nur zu fünft. Vielleicht auch, weil sie auf ein anderes Spiel gehofft hatten: „Wir wollten Cristiano Ronaldo sehen“, sagt Aurelio. „Jetzt müssen wir mit Woltemade und Undav Vorlieb nehmen.“ Er grinst. Dass er sich das in Stuttgart zu sagen traut ... Im Spiel feuern sie überdies die Franzosen an.

Das mit Ronaldo können Benjamin Kuhle und Ole Lindstaedt verstehen. Die beiden 20-Jährigen aus Cottbus hatten ihre Tickets gekauft, bevor sie wussten, wer spielt. Auch sie wollten eigentlich den portugiesischen Rekordspieler sehen. „Aber Deutschland ist auch cool“, sagt Ole. Ausgestattet sind sie jedenfalls, mit Deutschlandflagge und Trikot.

Alexander Thule und Christian Bunse aus Lüneburg haben spontan umdisponiert: Gemeinsam mit einem dritten Kumpel hatten sie schon ihren Ausflug nach München gebucht – dort findet das Finale statt. Nachdem klar war, dass Deutschland nur um den dritten Platz spielt, und das in Stuttgart, mussten sie umdisponieren. „Es macht Spaß, ein bisschen in den Städten herumzukommen“, sagt der 31-Jährige. Von der Stadt konnten sie sich bisher aber noch nicht viel anschauen – dank Bahnchaos kamen sie am Samstag erst sehr spät an. Dann eben nach dem Spiel. Alexander Thule schaut sich gerne die Nationalmannschaft an. „Vereinsfußball ist doch ein bisschen pöbeliger“, sagt er.

Auch Spanier sind noch auf der Königstraße unterwegs, unverkennbar mit gelb-roten Flaggen um Hüfte und Schultern. Ob sie wissen, dass sie in der falschen Stadt sind? „Wir sind auf dem Weg zum Hauptbahnhof“, sagt Javier. Von dort geht es nach München.

Seit dem Spanien-Spiel am Donnerstag in Stuttgart

Am Donnerstag waren die drei schon beim Halbfinale gegen Frankreich, das in Stuttgart stattgefunden hat. Seitdem schauen sie sich Stuttgart an und sind ganz angetan. In Spanien herrsche das Klischee, dass die nördlicheren Europäer eher verschlossen seien. „Wir waren überrascht, dass die Leute so nett und offen waren“, sagt Dani.

Auch die Gegenspieler haben ihre Fans: Ömer Güngör hat sich früh aus Frankfurt auf den Weg gemacht, um später Frankreich anzufeuern. Die Eltern des 20-Jährigen haben dort mal gelebt, deshalb ist er Fan. Sein Kumpel Canberk Dramali fiebert für Deutschland mit. Ob das Stress gibt zwischen den beiden? Nein. „Manchmal gibt es Diskussionen“, sagt Ömer und grinst. Aber auch Canberk wolle die französischen Spieler sehen. Letztlich sind sie eben doch alle für den Fußball hier.