Bei Familie Akgüzel schlägt niemand aus der Art, zumindest nicht beruflich. Die Eltern und ihre vier Töchter arbeiten alle bei Mercedes im Werk Sindelfingen – aber auch anderswo.

Automobilwirtschaft/Maschinenbau: Peter Stolterfoht (sto)

Monsieur Claude und seine Töchter haben es weit gebracht. Vor ein paar Jahren hat sich die französische Familienkomödie zu einem großen Kinoerfolg entwickelt, Fortsetzungen folgten. Die deutsche Antwort könnte „Herr Akgüzel und seine Töchter“ lauten, von denen es auch gleich vier gibt. Filmreif wäre der Stoff allemal – und auch lustig. Wenn beispielsweise Herrn Akgüzels unverstellt schwäbisch sprechende Frau den Töchtern in der Küche mit „Gelbe Rüba und Breggala“ kommt und die zunächst einmal keine Ahnung haben, dass Karotten und Erbsen gemeint sind. Sehenswert wäre es bestimmt auch, wenn alle zusammen bei einem Elektro-Musikfestival auftauchen. Aber jetzt erst einmal der Reihe nach.

 

Alles beginnt mit einem Schülerpraktikum bei Mercedes-Benz

Im Unterschied zur französischen Filmfamilie gibt es die Akgüzels tatsächlich. Das sind Vater Gürsel, Mutter Jasmin und die Töchter Shirin, Yelin, Dilara und Evin. Und einmalig macht sie, dass alle sechs bei Mercedes-Benz im Werk Sindelfingen beschäftigt sind. Das nennt man Tradition – mit dem Stern als einer Art Familienwappen.

Bereits der Onkel von Gürsel Akgüzel hat für Mercedes gearbeitet – und sein älterer Bruder. Der hat ihn dazu animiert, erst ein Schülerpraktikum bei Mercedes-Benz zu machen und sich ein Jahr später auf einen Ausbildungsplatz zu bewerben. Der in Herrenberg geborene Gürsel Akgüzel nennt es „eine der besten Entscheidungen“, die diese besondere Familiengeschichte erst richtig beginnen lässt. Und: „Dass alles so gekommen ist, macht mich schon stolz“, sagt er.

Bindung auch durch den Stern: Gürsel und Jasmin Akgüzel mit Töchtern. Foto: cf/MBAG

Über eine Kollegin lernt Gürsel, der heute Logistikmeister ist, während der Ausbildung seine Frau Jasmin kennen. Sie ist nun auch seit zwei Jahren im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung in der Sindelfinger Montage tätig – und als einzige aus der Familiendynastie nicht bei Mercedes-Benz direkt beschäftigt.

Was zu den vier Töchtern führt. Der Arbeitsplatz von Shirin und Dilara ist die Halle 56, wo sie in der Lackiernachbearbeitung tätig sind. Ebenfalls gelernte Verfahrenstechnikerin ist Yelin, die in der Produktkoordination für den Rohbau eingesetzt ist, aber aktuell an einem Weiterbildungsprogramm teilnimmt. Während Evin noch in der Ausbildung steckt und sagt: „Von klein auf war Mercedes etwas Besonderes für mich und ein großes Ziel von mir, auch dort zu arbeiten.“ Ihr engster Freundeskreis besteht mittlerweile nur noch aus Leuten, die sie bei der Arbeit kennengelernt hat, sagt sie. Bei ihren Schwestern sieht das wieder anders aus.

Zur DNA von Familie Akgüzel gehört aber nicht nur der Stern, sondern auch die Neugier, andere Länder kennenzulernen. Da kann ein Weltkonzern als Arbeitgeber helfen. 2012 lässt sich Vater Gürsel an den ungarischen Mercedes-Standort versetzen. Die ganze Familie kommt damals mit nach Kecskemét, rund 90 Kilometer südöstlich von Budapest gelegen. Es folgt 2014 ein zweijähriger Aufenthalt in China, wo der Vater im Werk Peking tätig ist und die Kinder die deutsche Botschaftsschule besuchen.

Von Eutingen bis nach Australien

Und die nächsten Auslandsaufenthalte stehen auch schon wieder vor der Tür. Tochter Shirin bricht noch in diesem Jahr nach Australien auf, um dort neue Auslandserfahrungen zu sammeln. Und für Gürsel und Jasmin Akgüzels, die aktuell noch mit zwei ihrer Töchter in Eutingen im Gäu wohnen, geht es – vorausgesetzt aller notwendigen Zusagen – vielleicht wieder für einige Zeit nach Ungarn. Und zur Abwechslung mal ganz ohne Kinder. Dann soll mehr Zeit darauf verwendet werden, Leute kennenzulernen, auch um das erlernte Ungarisch einem Praxistest zu unterziehen.

Ein großes Familientreffen wird es in Ungarn nächstes Jahr auf jeden Fall geben – wie immer am ersten Juli-Wochenende. Das verbringen Akgüzels traditionell am Plattensee. Allerdings nicht um sich zu erholen, sondern um mit über 100 000 anderen Elektro-Fans auf dem Festival Balaton-Sound zu feiern. Und dort redet die Mercedes-Familie sicher nicht über die Arbeit, eher schon über Papas und Mamas aktuelle Techno-Tanz-Verfassung.