Dieter Thomas Kuhn wird 60 Und ewig lockt das Brusthaartoupet – warum ist dieser Mann so erfolgreich?

Die blonde Perücke täuscht darüber hinweg, aber selbst vor ihm macht die Zeit nicht Halt: Dieter Thomas Kuhn wird 60. Foto: Werner Kuhnle

Dieter Thomas Kuhn wird 60 – und die Fans werfen immer noch Büstenhalter und Spitzenschlüpfer auf die Bühne. Was macht ein DTK-Konzert so besonders?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

„Comfort Food“ – auf dem Teller sind das Königsberger Klopse oder Käsespätzle. Ein Konzert von Dieter Thomas Kuhn hat den gleichen Effekt: Man weiß, was man kriegt. Nie geht man ohne „Amore Mio“, „Fremde oder Freunde“ oder „Griechischer Wein“ nach Hause. Nie kommt der Tübinger ohne das Komplettoutfit – Brusthaartoupet, Föhnwelle, Plateauschuhe und Glitzerjackett – auf die Bühne. Zu späterer Stunde wechseln DTK, wie Eingeweihte ihn nennen, und seine „Kapelle“ dann in den Retro-Trainingsanzug. So wie immer, so wie die Fans es lieben. Sogar die Sprüche sind seit 30 Jahren die selben. Alles andere wäre für Kuhn-Enthusiasten auch eine herbe Enttäuschung. Wenn „Musik ist Trumpf“ über die Lautsprecher schallt, wissen alle, was kommt.

 

DTK-Konzerte sind Happenings. Die Fans erkennen sich schon in der S-Bahn an den Sonnenblumen im Haar, den Prilblumen auf dem T-Shirt und den rosa getönten Sonnenbrillen auf der Nase. Man geht nicht irgendwie zu Dieter, sondern gibt sich Mühe: Glücklich, wer noch ein Original-Flower-Power-Kleid aus Mutters Kleiderschrank zu Hause hat. Nicht wenige schwitzen bei den sommerlichen Open-Air-Konzerten auch unter bretthart gesprayten Föhnwellentoupets, um ihrem Idol optisch besonders nahe zu kommen. Fast jeder kann auf den Konzerten eine Anekdote erzählen: Wie er irgendwann Mitte der 1990er die Musik von DTK auf einer Musikkassette von der Jugendfreizeit in Jesolo an der Adria zurück nach Hause brachte. Wie man plötzlich an jedem Lagerfeuer „Ti Amo“ sang. Voll ironisch natürlich. Und nur ein kleines bisschen inbrünstig.

DTK auf Kassette und an den Lagerfeuern

Extrem wichtiges Accessoire: Die Sonnenblume. Foto: Werner Kuhnle

Experimente goutieren DTK-Fans nicht. In den frühen Nullerjahren versuchte Kuhn, der bürgerlich gar keinen Dieter vor dem Thomas hat und am 7. Januar unglaubliche 60 wird, es mal mit Pop. Das kam weniger gut an. 2005 waren er und seine Band mit ihrem alten Schlagerprogramm zurück – und die Konzerte wieder ausverkauft. Viele trauern auch noch den Abenden auf der Freilichtbühne Killesberg nach. Aber Kuhns Fans sind zu laut und zu viele für die heimelige Location im Stuttgarter Höhenpark – und Kuhns Bühne (nun mit zwei großen Leinwänden) zu groß. Inzwischen pilgert man zum Beispiel ans Bietigheimer Viadukt. Am Enzufer ist es ja auch schön. Kult sind inzwischen auch die DTK-Schlagerpartys, die Breuninger im Göckelesmaier-Zelt auf dem Wasen ausrichtet.

Fast genauso wichtig wie der Schlagerbarde selbst sind seine Musiker: Ganz besonders Howie, der liebenswerte Gitarrist mit dem Oberlippenbart, der fast so viele Schlüpfer und BHs zugeworfen bekommt wie der Chef. Die DTK-Fangemeinde ist in Sorge. Howie erhielt eine Krebsdiagnose, worauf die Band alle geplanten Konzerten für 2025 abgesagt hat. Jetzt stehe die Therapie des Freundes und Kollegen im Vordergrund, sagt Kuhn. Erst wenn es ihm besser gehe, werde man auf die Bühne zurückkehren, auf keinen Fall mit einem Ersatzgitarristen, denn für Howie gebe es keinen Ersatz.

Ob in Bietigheim-Bissingen oder Bad Segeberg: Es geht gefühlig zu. Vielleicht nirgends verbrüdert man sich schneller mit dem nächstbesten Hawaiihemdenträger, der wie man selbst selig zu „Tränen lügen nicht“ im Takt schunkelt. Noch auf dem Heimweg intoniert die Menge „Es war Sommer“ oder „Ti Amo“. Kuhns Konzerte sind eben bestes musikalisches „Comfort Food“. Oder, wie er selbst sagen würde: Festivals der Liebe.

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