Ein Abend in der Schwarzwaldstube Wie schmeckt es im besten Restaurant der Welt?

Torsten Michel ist Küchenchef in der Schwarzwaldstube im Tonbachtal in Baiersbronn. Foto: /KI/Midjourney/Montage: Sebastian Ruckaberle

Nicht nur Bill und Tom Kaulitz träumen von einem Besuch in diesem Restaurant: von der „La Liste“ wurde die Schwarzwaldstube auf Platz 1 weltweit gekürt. Aber wie schmeckt es im Tonbachtal? Ein Besuch im Drei-Sterne-Lokal Schwarzwaldstube.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Natürlich ist es Unsinn, von Superlativen zu sprechen, wenn es um Geschmack geht. Geschmack ist immer subjektiv. Die Menschen aber lieben Listen, wollen wissen, wo es den besten Döner in Kreuzberg gibt, das beste Schnitzel in Wien und eben das beste Restaurant der Welt.

 

Restaurant-Bestenlisten gibt es viele, aber wohl keine ist so umfassend wie „La Liste“. Das Besondere an dieser Liste: Für das Ranking wertet ein Algorithmus weltweit mehr als 1000 Quellen aus – darunter sind neben Restaurantführerbewertungen, Medienberichten auch Gästebewertungen – , um jährlich die 1000 besten Restaurants der Welt zu ermitteln. Zusätzlich zu den verschiedenen Quellen wie Restaurantführer (z.B. Guide Michelin, Gault Millau), Kritiken von Testern sowie Online-Bewertungen fließen außerdem die Meinungen von Köchen in das Ranking ein. Maximal können 100 Punkte erreicht werden. Eine Zahl, die bisher noch kein Restaurant geschafft hat.

Kein Klischee, nirgends: Keine Kuckucksuhr, kein Bollenhut. Der Raum ist hoch und schlicht und hat etwas Sakrales, wenn man die Kreationen aus der Küche bewundert. Foto: Julian Beekmann

Mit 99,5 von 100 möglichen Punkten

Doch die Schwarzwaldstube der Traube Tonbach in Baiersbronn ist nah dran und schafft es vergangenen November zum zweiten Mal an die Spitze. Mit 99,5 von 100 möglichen Punkten teilt sie sich den ersten Platz mit acht weiteren Restaurants: La Vague d‘Or Cheval Blanc in Saint-Tropez, Guy Savoy in Paris, SingleThread in Nordkalifornien, Le Bernardin in New York, L‘Enclume in Großbritannien, Cheval Blanc by Peter Knogl in Basel, Lung King Heen in Hongkong sowie Matsukawa in Tokio. Selbst die Kaulitz-Zwillinge unterhielten sich in ihrem Podcast über diese Liste und rätselten darüber, wo dieses Baiersbronn und die Schwarzwaldstube denn seien. Um sich fest vorzunehmen, das Restaurant einmal zu besuchen.

Die Schwarzwaldstube blickt auf eine bewegte Vergangenheit zurück: 2017 kam es zur viel beachteten Trennung von Drei-Sterne-Koch Harald Wohlfahrt. Seitdem ist Torsten Michel Küchenchef, seit 1992 leuchten ununterbrochen drei Michelin-Sterne über dem Restaurant. Im Januar 2020 dann der Brand im Stammhaus. Die ganze Welt berichtete über das Unglück, als die legendäre Schwarzwaldstube in Flammen stand und der Schauspieler Nicolas Cage, der hier eigentlich seinen Geburtstag feiern wollte, selbst Hand anlegte. Noch bevor die Glut gelöscht war, stand für Patron Heiner Finkbeiner und seine Frau Renate fest: „Wir machen weiter“.

Kein Klischee, nirgends: Keine Kuckucksuhr, kein Bollenhut

Nach dem Brand im Jahr 2020 wurde der Wiederaufbau des neuen Stammhauses samt Schwarzwaldstube von der Stuttgarter Architektenpartnerschaft ARP in Kooperation mit dem langjährigen Traube-Architekten Rainer Günter aus Baiersbronn geplant. Sie entwarfen ein modernes Dreigiebelhaus mit traditionellen Bauweisen und Materialien.

Kein Klischee, nirgends: Keine Kuckucksuhr, kein Bollenhut. Der Raum ist hoch und schlicht und hat etwas Sakrales, wenn man die Kreationen aus der Küche bewundert. Die Servicekräfte gleiten in Sneakern über den Steinboden und tun genau das, was man als „jeden Wunsch von den Augen ablesen“ bezeichnen könnte.

Torsten Michel am Pass der Schwarzwaldstube Foto: Schwarzwaldstube/Bernhard Kahrmann

Stéphane Gass, mit dem „Sommelier Award“ des Guide Michelin 2024 ausgezeichnet, ist an diesem Testabend auf Bildungsreise im Burgund. Sein Stellvertreter Lukas Semler vertritt ihn locker und empfiehlt auch großartige nichtalkoholische Getränke.

Saucengott Michel setzt auf hohe Handwerkskunst

Im Mittelpunkt des fast sakralen Ambientes steht das köstliche, anbetungswürdige Essen. Gerichte wie Gemälde, Saucengott Michel setzt auf erlesene Produkte und hohe Handwerkskunst. Klar. Wer möchte, hat in der Schwarzwaldstube die seltene Gelegenheit, in einem Restaurant dieser Liga auch à la carte zu bestellen.

Das große Gedeck ist aber natürlich das Degustationsmenü, das es auch als vegetarische Variante gibt. Ein toller Start in den Abend sind die Apéros, die kleinen Snacks vorneweg, mit Rindertatar und Imperial-Kaviar, rotem Thunfisch, argentinischer Garnele in Mangomarinade. Es folgen die Amuse Bouches (Kürbiskerneis! Coucous mit Blumenkohl!), bevor mit dem ersten offiziellen Gang ein luftig-leichter Hauch von Bretagne ins Tonbachtal weht: Jakobsmuscheln „mi-cuit“ auf zartem Austerngelee mit Stabmuscheln, Kopfsalat und aufgeschäumten Austernschaum, Kaiser-Kaviar und Austernvinaigrette mit Schnittlauch.

Hier sind Superlativen erlaubt

Weiter geht es mit Meerestieren, allerdings in einer ganz anderen Variante: Auf dem gebratenen norwegischen Kaisergranat sorgen Erdnüsse für einen fantastischen Crunch, Kokos und Kaffirlimette für eine exotische Note. Sensationell gut, dass auf der Wolfsbarsch-Schnitte neben Barschbauch, Lachsöl auch krosse Hühnerhaut zum Einsatz kommt. Als alkoholfreie Begleitung gibt es tolle Kombinationen wie etwa ein würziges Gimlet mit Fenchel, Sellerie, Essig und Tomate. Und dann gibt es noch einen Saft aus Waldheidelbeeren mit Zitronenpfeffer, der zu der tollen Taube (gebraten mit Süßholz und Zitronenthymian, dazu Köfte-Knusperli mit Baharat und konfierten Keulchen, Taubenjus mit Arabica-Kaffee und Orange) perfekt passt. Wow!

Auch bei der Käseauswahl vom Wagen des Maître Affineur Antony kommt man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das Schokoladen-Soufflé „Grand Cru Komnutu“ – ein Wunderwerk eines Desserts – erinnert dann doch wieder an die Tradition, denn es schmeckt wie die beste Schwarzwälder Kirschtorte überhaupt. Okay, in diesem Fall darf man von Superlativen sprechen.

Die Wochenenden in der Schwarzwaldstube sind weit im Voraus ausgebucht, mit etwas Glück bekommt man auch mal kurzfristiger einen Platz, vor allem, wer etwas flexibel im Datum ist.

Das Restaurant

Schwarzwaldstube
Tonbachstraße 237, Baiersbronn

www.traube-tonbach.de/restaurants-bar/schwarzwaldstube/

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