Vor 300 Jahren wurde die erste Großloge in London gegründet. Das wird als Beginn der internationalen Freimaurerei gefeiert. Doch Helga Widmann von der Reutlinger Frauenloge sieht das Jubiläum kritisch. Freimaurerische Werte seien viel älter, sagt sie.

Stuttgart - Freimaurer – da denkt man automatisch an Männerbünde. Die meisten Logen nehmen auch nur Männer auf. Doch es gibt mittlerweile immer mehr Frauenlogen. Helga Widmann von der Reutlinger Loge berichtet, warum sie zur Freimaurerin wurde.

 
Die moderne Freimaurerei feiert ihr 300-jähriges Bestehen. Was bedeutet das für Sie?
Ich tue mich ein bisschen schwer damit. Die Freimaurerei, ihre Grundmuster und ihre Grundstruktur sind deutlich älter als 300 Jahre. Das zeigen schon die ersten Manuskripte aus dem Bau- und Steinhandwerk und den „Lodges“ des 14. Jahrhunderts in England und Schottland. Das waren Bauhütten freier, unabhängiger und nomadisierender Handwerker, die sich an große Baustellen – übrigens nicht nur von sakralen Bauten – andockten und zugleich Bildungsstätten und Laboratorien waren.
Für Sie ist die Freimaurerei also viel älter?
Ja, die freimaurerischen Ideale wie Brüderlichkeit, Toleranz, Gerechtigkeit, Humanität und Wahrhaftigkeit gab es schon weit vor 1717. Und auch die Idee, dass jeder Mensch sein eigenes Bild von der Welt und von Gott hat. Deshalb ist für mich die Freimaurerei in ihrer Zeitlosigkeit immer zeitrelevant.
Aber wirkt die freimaurerische Symbolik nicht aus der Zeit gefallen?
Die Symbolik des Bauens war immer da. Sie ist bis heute in unsere Sprache vorhanden: etwas ins Lot bringen, Maß halten, sich etwas aufbauen. Diese Symbolik ist zeitlos, kulturübergreifend, sie ist simpel und klar.