Spielwaren Kurtz eröffnet wieder Das sind die Pläne des Stuttgarter Traditionsgeschäfts

Alter und neuer Kurtz-Chef (re.) mit seinem früheren Team Foto: Martin Haar

Der frühere und neue Chef Bernd Stocker gibt mit Spielwaren Kurtz ein Comeback. Der Stuttgarter Traditionsladen soll zurück zu seinen Wurzeln. Mit beliebten Markenherstellern wird derzeit verhandelt, um Klassiker wieder ins Sortiment zu holen.

Manche Passanten wollen es nicht glauben und reiben sich verwundert die Augen, wenn sie in der Sporerstraße 8 an der Ladenzeile von Spielwaren Kurtz vorbeigehen: Dort heißt es an der Fensterscheibe in fetten Schriftzügen: „Spielwarenträume werden wahr.“ Und darunter steht das versprechen, dass Bernd Stocker und sein Team wieder Kinderaugen zum leuchten bringen will. Damit ist klar: Der Traditionsladen, sein früherer und neuer Chef samt dessen altes Team legen eines der ungewöhnlichsten Comebacks der Stuttgarter Handelsgeschichte hin. Ende März will das Traditionshaus wieder öffnen. Und das mit einem hundertprozentigen Spielwaren-Sortiment. Zuletzt hatte der Inhaber Bellybutton es mit einer Quote von 80 Prozent Textilien und 20 Prozent Spielsachen versucht und ist damit krachend gescheitert. Stocker dagegen geht zurück zu den Wurzeln. Sogar mit dem Modelleisenbahn-Hersteller Märklin ist er in Verhandlungen, um den Klassiker wieder ins Sortiment zu holen. „Die Modelleisenbahn ist und bleibt faszinierend“, sagt Bernd Stocker. Genauso wie die Marke Steiff, die künftig 110 der insgesamt 1700 Quadratmeter Verkaufsfläche abbekommt.

 

Comeback von Märklin?

Märklin, Steiff und Kurtz. Alle drei Namen stehen dafür, womit Bernd Stocker in Zukunft die Stuttgarter überzeugen will: „Wir wollen mit Regionalität, Identifikation und Vertrauen punkten.“ Einen Vorschuss beim Vertrauen hat Stocker, der auch in München, Konstanz und Tübingen Spielwarenläden betreibt, bereits vom Vermieter, eine internationale Investorengruppe, bekommen. „Sie haben mich angerufen, ob ich nicht wieder am Platz eröffnen will.“ Zusammen mit dem Wunsch vieler Stuttgarter, die alte Marke neu zu beleben, hat sich Stocker überzeugen lassen. „Allerdings hätte ich es nicht ohne mein altes Team gemacht“, sagt er und beginnt aufzuzählen: Gudrun Kornexl (Warenwirtschaft), seit 44 Jahren dabei, Erika Winter (Einkauf), aus dem Ruhestand zurückgekehrt, Kerstin Wüst (Marketing), 27 Jahre dabei. Nicht zu vergessen: das Urgestein Sandra Gassmann (Filialleitung) und der ehemalige Azubi Christian Hummel, der eigens für seine Rückkehr seinem bisherigen Arbeitgeber gekündigt hat.

Last but not least der Chef: Bernd Stocker. Er hat von 2000 an bis 2005 für Vedes die Geschicke bei Kurtz gelenkt, dann den Laden ganz übernommen. In dieser Funktion hat Stocker auch 2011 die Entscheidung getroffen, den repräsentativen Zugang am Marktplatz samt 2700 m² Fläche abzugeben. Die umstrittene Strategie verteidigt er bis heute: „Tendenziell waren die 4400 m² Fläche zu groß, auch weil Teile des Sortiments ganz ins Internet abgewandert sind.“ Zudem ahnte er einen Effekt, der damals noch nicht griff: Über die Stiftstraße und das Dorotheen Quartier hat sich die Sporerstraße immer besser entwickelt.

Wechselhafte Geschichte

Im Nachhinein betrachtet, war es wohl auch kein kluger Schachzug, die Kantz-Gruppe zu beteiligen, die später als alleiniger Gesellschafter eine veritable Insolvenz hingelegt hat. Auch die Firma Bellybutton, die sich aus der Konkursmasse bediente, hatte zuletzt mit ihrer Textilstrategie kein Fortüne. Nun aber soll alles besser werden. Stocker will aus Kurtz wieder einen „Stuttgarter Laden für Stuttgarter“ machen: „Denn die Chinesen kommen nicht mehr, die Russen auch nicht – und die Schweizer kaufen auch immer mehr online.“ Daher setzt er auf das wachsende Bewusstsein der Kunden für regionalen und nachhaltigen Konsum. „Wir müssen daher alle für solche Geschäfte kämpfen“, sagt er, „da sind wir alle gefordert, unser Konsumverhalten zu hinterfragen.“ Weiter sagt er: „Eine Stadt bleibt immer nur dann liebenswert, wenn sie sich um ihren Traditionshandel kümmert.“

Stocker ist überzeugt davon, dass er so mit Spielwaren Kurtz wieder erfolgreich sein kann, wenn die Stuttgarter sich von diesem Geist inspirieren lassen. Dann könne er gegen den Onlinehandel, die Discounter und die Müllermärkte bestehen – mit auskömmlichen Umsätzen. „Wenn ich Millionen verdienen wollte“, sagt er, „dann müsste ich etwas anderes machen“. Aber das wäre dann wohl ein Job, bei dem das Wichtigste fehlt: „Ich kann nichts gut machen, wenn ich keine Vision habe.“ Und freilich gehört für ihn auch das Herzblut dazu: für die Stadt, die Traditionsmarke , vor allem aber den überwiegenden Teil seiner Kunden. Gemeint sind die Kinder, deren Augen Spielwaren Kurtz wieder zum Leuchten bringen will.

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