Erneuerbare Energien Experten in Esslingen: Lkw fahren künftig elektrisch und mit Wasserstoff

Die Besucher konnten sich ein Bild von der neuen Technik machen. Foto: Philipp Braitinger

Einen Blick in die Zukunft wagten Experten beim Fachtag „Lkw der Zukunft: Vom Diesel zu Batterie und Wasserstoff – Aktuelle Kosten und zukünftige Entwicklungen“.

Lastwagen werden in Zukunft mehr und mehr durch alternative Antriebe bewegt werden. Am Donnerstagnachmittag hat der Landkreis ins Esslinger Mercedes-Autohaus Russ Jesinger zu einer Fachtagung mit dem Titel „Lkw der Zukunft: Vom Diesel zu Batterie und Wasserstoff – Aktuelle Kosten und zukünftige Entwicklungen“ eingeladen. Experten aus der Automobilwirtschaft berichteten, welche Technologien es bereits gibt, wie sich die Mobilität in den kommenden Jahren entwickeln wird und welche Bedeutung der Ausbau der Lade- und Wasserstoffinfrastruktur hat.

 

Verkehr trägt mit 20 Prozent zum Ausstoß von Treibhausgasen bei

„Die Dekarbonisierung ist dringend erforderlich“, sagte die Erste Landesbeamtin und Dezernentin für Umwelt und Technik beim Landratsamt, Marion Leuze-Mohr, während ihrer Begrüßung der mehr als hundert Zuhörer. Der Verkehrssektor trägt in Deutschland aktuell etwa 20 Prozent der Gesamtemissionen an Treibhausgasen bei. Im Landkreis Esslingen ist der Wille zur Veränderung vielerorts sichtbar. Es gibt beispielsweise am Flughafen und in Wendlingen bereits heute Wasserstofftankstellen. Eine Wasserstoff-Pipeline aus Stuttgart nach Esslingen befindet sich im Bau. Cellcentric, ein Joint Venture von Daimler Truck und der Volvo Group, hat eine moderne Fertigungsstätte in Esslingen-Pliensauvorstadt, in der Brennstoffzellensysteme für den schweren Güterverkehr hergestellt werden. Eine weitere Fabrik soll in Weilheim folgen.

Vor dem Autohaus waren einige Lastwagen mit alternativen Antrieben ausgestellt. Foto: Philipp Braitinger

Elektrische Antriebe werden zunehmend auch für Lastwagen eine Alternative zum Diesel. Für längere Strecken rückt der Wasserstoff – entweder als Wasserstoff-Verbrenner oder als Wasserstoff-Brennstoffzelle – in den Fokus. Wie wird sich der Markt entwickeln? Derzeit spielen die alternativen Antriebe noch eine untergeordnete Rolle. Doch bereits bis zum Jahr 2030 rechnet Michael Faltenbacher von der Echterdinger Firma Sphera, einem Anbieter von Software, Daten und Beratungsdienstleistungen für Nachhaltigkeitsmanagement, mit einer großen Veränderung. Dann könnten noch 27 Prozent der Lastwagen dieselgetrieben, 48 Prozent batterie- und 14 Prozent wasserstoffangetrieben sein. Elektro-Lastwagen haben bereits alle großen Hersteller im Angebot. Die Wasserstoff-Lastwagen stehen vor der Serienfertigung. Erste Kleinserien sollen in den kommenden Monaten ausgeliefert werden.

Eine wichtige Frage ist für die meisten Kunden der Preis. Momentan ist der Diesel noch unschlagbar günstig. Doch die Experten rechnen damit, dass sich das in den nächsten Jahren ändern wird und die Batterie- und Wasserstofflastwagen ähnliche Kosten pro Kilometer wie der Diesel verursachen werden. Je nach Förderung und Besteuerung könnten die alternativen Antriebe sogar günstiger als Diesel werden. Die staatlichen Maßnahmen seien insbesondere in den nächsten Jahren bis 2030 wichtig, meinte Faltenbacher. Bis dahin müsse wohl noch ein „Tal der Tränen“ durchschritten werden.

Wie die Wasserstoff-Motortechnik funktioniert, erklärte Georg Oswald von der Firma Keyou. Das Münchener Unternehmen stellt Wasserstoffmotor-Antriebstechnologie zur Umrüstung bestehender Dieselflotten her. „Da kommt was“, kündigte Oswald zu technischen Veränderungen bei der Motorentechnik an. Die Idee seines Unternehmens ist es, bestehende Fahrzeuge umzubauen. „Wir erfinden weder den Motor noch das Fahrzeug neu“, erklärte er. Rund 20 Prozent des herkömmlichen Verbrennermotors müssten ausgetauscht werden, um ihn mit Wasserstoff betreiben zu können. Dadurch sind die Wasserstoff-Fahrzeuge von Keyou nur noch sehr geringfügig teurer als herkömmliche Diesellastwagen.

Wasserstoff soll durch Massenproduktion günstig werden

Die Bedeutung der Wasserstoff-Infrastruktur sprach Paul J. Bruns von der Faun-Group, ein Hersteller von Müllfahrzeugen und Kehrmaschinen, an. „Wir müssen die Fahrzeuge auf die Straße bringen“, sagte er. Dafür seien weitere Tankstellen notwendig. Generell rechnet auch er damit, dass der Anteil der Diesellastwagen in den kommenden Jahren stark sinken wird und immer mehr Batterie- und Wasserstofflastwagen auf den Straßen zu sehen sein werden.

Ähnlich sah es auch Volker Hasenberg. Er ist der stellvertretende Leiter der Abteilung für Regulierungsstrategie und Manager für Wasserstoffstrategie bei Daimler Truck. Er verglich die Entwicklung beim Wasserstoff mit der früheren Entwicklung des Solarstroms. Vor 25 Jahren sei der Solarstrom teuer und ineffizient gewesen. Das habe sich geändert – auch dank staatlicher Förderung. Eine ähnliche Entwicklung könnte es beim Wasserstoff geben. „Wir werden eine große Menge an Wasserstoff haben. Wir werden eine Wasserstoffökonomie aufbauen“, ist sich Hasenberg sicher. Dafür könne der Überschussstrom aus Wind- und Sonnenenergie genutzt werden. Gleichzeitig müsse das Angebot an Wasserstoff-Tankstellen ausgebaut werden. Dann werde der Wasserstoff auch günstiger zu haben sein. „Wir müssen mit dem Preis runter. Dafür brauchen wir die Masse“, so Hasenberg.

Alternativen zum Diesel

Batterie
Für viele Lastwagen wird der Batterieantrieb eine immer alltagstauglichere Möglichkeit für eine emissionsfreie Mobilität. Die Batteriekapazität reicht schon heute oft für eine Tagesschicht, beispielsweise bei Müllautos oder Straßenreinigungs-Lastwagen.

Wasserstoff
Es gibt zwei Möglichkeiten, Wasserstoff in Motoren zu verwenden. Einmal wird der Wasserstoff, ähnlich wie bisher der Diesel, einfach direkt im Motor verbrannt. Darüber hinaus gibt es die Wasserstoff-Brennstoffzelle. Sie erzeugt mit Hilfe des Wasserstoffs elektrischen Strom, der wiederum für den Antrieb des Fahrzeugs verwendet wird. In der Brennstoffzelle reagiert der Wasserstoff mit Luft. Es entstehen Wasser, Strom und Wärme. Diese elektrochemische Reaktion wird auch als „kalte Verbrennung“ bezeichnet und ist besonders effizient.

Reichweiten
Bei batteriebetriebenen Lastwagen rechnen die Experten auch in Zukunft mit Reichweiten zwischen 300 und 600 Kilometern pro Ladung. Für längere Strecken von mehr als 600 Kilometern wird der Wasserstoff als Antriebsart zunehmend in den Fokus rücken.

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