Die Premiere des ersten Christopher Street Days in Albstadt (Zollernalbkreis) ist trotz der Gegendemonstration von Rechtsextremen ruhig verlaufen – auch durch viele Polizisten in der Stadt, denen die unangemeldete Antifa zu schaffen machte.

Baden-Württemberg: Florian Dürr (fid)

Der erste Sprecher auf der Bühne gibt die Richtung des Abends vor: „Heute geht es um unsere Veranstaltung – und nicht um die scheiß Faschos“, ruft er in sein Mikro am Freitagabend auf dem Bürgerturmplatz im Albstädter Stadtteil Ebingen (Zollernalbkreis). Der erste Christopher Street Day (CSD) in der 47 000-Einwohner-Stadt auf der Schwäbischen Alb hatte Rechte zu einer Gegendemonstration mobilisiert: „Gegen den Genderwahn“, lautete der Titel. „Dass es eine Gegendemo gibt, zeigt, wie wichtig das hier ist. Es ist die Gesellschaft, die sich ändern muss, nicht wir“, ruft später ein weiterer Redner auf dem CSD.

 

200 Teilnehmer waren zu dem Protest von Privatpersonen aus dem Umfeld der rechtsextremen Partei „Die Heimat“ und der identitären „Zollernalbjugend aktiv“ angemeldet, doch wegen der hohen Reichweite in den sozialen Medien hatte man mehr erwartet. Die NPD-Nachfolgepartei „Die Heimat“ hatte die Demonstration bundesweit in ihren Kanälen beworben. Erinnerungen an den CSD im sächsischen Bautzen, der Mitte August nur unter massivem Polizeischutz begangen werden konnte, wurden wach.

„Ein CSD im ländlichen Raum ist wichtig – ich hatte das bei meinem Outing nicht“

Am Ende aber schlagen die Bunten zahlenmäßig die in schwarz gekleideten und teils vermummten CSD-Gegner deutlich: Von etwa 400 CSD-Teilnehmerinnen und Teilnehmern spricht die Polizei am Freitagabend, dagegen stehen rund 50 Gegendemonstranten. Auch die Antifa zieht wie erwartet, jedoch unangemeldet, durch die Stadt. Die verschiedenen Gruppen auf Abstand zu halten, macht der Polizei zeitweise zu schaffen. Doch letztlich fällt die Bilanz ohne größere Zwischenfälle positiv aus.

Tobi und Natalie sind froh, dass es nun auch in Albstadt einen CSD gibt. Foto: René Wolff

„Wir haben uns sehr sicher gefühlt und hatten nie das Gefühl, dass hier gleich der Platz gestürmt wird“, sagt Tobi, der in Albstadt lebt und im Regenbogen-Outfit Flagge zeigt. „Ich bin der glücklichste Mensch, dass es jetzt auch hier einen CSD gibt, das ist wichtig im ländlichen Bereich“, sagt der 29-Jährige. Auch der 64-jährige Klaus, der Stöckelschuhe trägt, ist froh über den CSD. Er habe „ewig“ darauf gewartet. Die Menschen müssten wieder toleranter werden und jeden so achten, wie er ist, fordert Klaus.

Peter (rechts) ist für seinen Enkel da, Klaus auch für sich selbst. Foto: René Wolff

Davon wollen sie bei der Gegendemo nichts hören: „Denkt an unsere Kinder“, ruft ein Mann ins Megafon. Die Leute könnten ihre Vorlieben im Privaten ausleben, aber nicht öffentlich, fordert er.

Wenig später steht beim CSD die letzte Rednerin am Mikro. Sie rät allen: „Bitte verlasst den Platz in Gruppen, passt auf euch auf.“ Das Lied „Für immer Frühling“ von Soffie wird gespielt. Darin geht es um die Wunschvorstellung einer friedlich zusammenlebenden Gesellschaft.