Esslinger Bücherei-Streit Bürgerbegehren zur Stadtbücherei: Es fehlen noch 1000 Stimmen

Mit diesen Slogans werben Martin Auerbach (links), Hermann Beck und ihre Mitstreiter dafür, die Entscheidung über die Zukunft der Bücherei den Bürgern zu überlassen. Foto: privat

Bis Ende September bleibt einer Initiative Zeit, um 5000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid zur Stadtbücherei zu sammeln. 80 Prozent der Stimmen sind schon zusammen.

Halbzeit beim Bürgerbegehren zum künftigen Standort der Esslinger Stadtbücherei, und die Initiatoren Hermann Beck, Martin Auerbach und Rena Farquhar haben ihr Ziel fest im Blick: Bis Ende September muss die Initiative 5000 gültige Unterschriften sammeln, um den denkbar knappen Gemeinderatsbeschluss für einen Umzug der Bibliothek ins frühere Modehaus Kögel zu stoppen und einen Bürgerentscheid auf den Weg zu bringen.

 

„Die Resonanz übertrifft alle Erwartungen“, sagt Beck. „Viele sprechen uns an, wollen unterschreiben oder bieten an, Unterschriften zu sammeln.“ Entsprechend gut kommt die Initiative voran: Etwas mehr als 1000 Unterschriften sind noch nötig, um das Limit zu erreichen. „Wir machen aber bis zum letzten Tag mit Volldampf weiter, um ein Zeichen zu setzen und falls einzelne Unterschriften als ungültig gewertet werden sollten“, versichert Auerbach.

Initiative in Esslingen: „So darf man mit dem Bürgerwillen nicht umgehen“

Mit denkbar knapper Mehrheit hat der Gemeinderat den Bücherei-Umzug beschlossen. Foto: privat

Ende Juni hatte sich der Gemeinderat mit einer Stimme Mehrheit für den Umzug der Bücherei ins Kögel-Haus entschieden. Noch in der Ratssitzung hatten die Stadträte Rena Farquhar (FDP/Volt), Martin Auerbach (Linke/FÜR) und Hermann Beck (WIR/Sortplätze erhalten) angekündigt, dass sie diesen Beschluss nicht hinnehmen. „Die Bürgerschaft hat 2019 mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass die Stadtbücherei im Bebenhäuser Pfleghof bleiben, modernisiert und erweitert werden soll“, erklärte Rena Farquhar.

„Um von diesem demokratisch legitimierten Votum abzuweichen, müssen Argumente vorliegen, die den Verbleib am jetzigen Standort geradezu verantwortungslos erscheinen lassen. Die Tatsache, dass der Bürger die neue Option ‚Ankauf Kögel’ nicht als Wahloption hatte, reicht nicht aus. So darf man mit dem Bürgerwillen nicht umgehen.“

Mit ihrem Anliegen hat die Initiative offenbar einen Nerv getroffen: „Viele sind immer noch verärgert, dass der Gemeinderat im Dezember 2022 den eindeutigen Bürgerentscheid vom Februar 2019 für eine Modernisierung und Erweiterung der Bibliothek im Bebenhäuser Pfleghof und der Heugasse 11 einfach kippte, nachdem sich die Stadt drei Jahre lang ganz viel Zeit gelassen hatte, den Bürgerwillen umzusetzen.“ Und noch etwas bekommt Beck immer wieder zu hören: „Viele finden es seltsam, dass die Stadt die Variante Kögel immer in schönsten Farben gezeichnet hat, während man den Pfleghof nur als zweite Wahl abgetan hat. Ein Bürgerentscheid gibt die Möglichkeit, beide Varianten endlich fair gegenüberzustellen.“

Ordnungsamt Esslingen verhängt strenge Regeln für das Sammeln von Unterschriften

Überall in der Stadt sammeln Unterstützer des Bürgerbegehrens Unterschriften. Foto: privat

Was die Initiatoren des Bürgerbegehrens als ein selbstverständliches Stück Demokratie sehen, hat nicht allen im Rathaus gefallen. Dass das Ordnungsamt zunächst strenge Regeln für die Sammlung von Unterschriften nannte, sorgte für Unmut. „Wir haben der Verwaltung unsere Rechtsposition verdeutlicht und sehen uns in den wesentlichen Punkten im Recht“, sagt Hermann Beck, der allerdings weiß: „Manche hat das Schreiben der Stadt anfangs verunsichert.“ Andere hingegen fühlten sich eher noch bestärkt und meinten: „Jetzt erst recht.“

Ein Bürger hat der Initiative zwei professionelle Infostände spendiert, weil ihm das Vorgehen der Stadt gegen den Strich ging. Eine andere Unterstützerin hat Plakate und eine Webseite gestaltet, auf der unter www.es-entscheidet-selbst.de informiert wird.

Für Auerbach ist das ein gutes Zeichen: „Die Stadt sollte froh sein, dass sich so viele Menschen für ihre Bücherei interessieren. Der Verwaltung und dem Gemeinderat muss daran gelegen sein, eine Lösung für die Bibliothek zu realisieren, hinter der möglichst viele stehen. Das ist nach dieser jahrzehntelangen Vorgeschichte umso wichtiger.“

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