Experte testet KI-Geldanlagen Berät Chat GPT besser als eine Bank?
Mit Chat GPT reich werden: Das probieren auch viele Anleger der Region Stuttgart aus. Ob das klappt, hat Forscher Lars Hornuf untersucht. Die Ergebnisse überraschen.
Mit Chat GPT reich werden: Das probieren auch viele Anleger der Region Stuttgart aus. Ob das klappt, hat Forscher Lars Hornuf untersucht. Die Ergebnisse überraschen.
Es könnte so einfach sein: Chat GPT und andere KI-Modelle von Google, Microsoft & Co. beraten nicht nur Anleger – sie sind auch rund um die Uhr kostenlos verfügbar. Doch wie gut und seriös sind ihre Tipps im Vergleich zu professionellen Bank-Beratern und Vermögensverwaltern? Anleger können von Chat GPT profitieren, sagt Lars Hornuf, Professor für Finanztechnologie an der TU Dresden. Man muss nur auf einige Fallstricke achten.
Herr Hornuf, ist Chat GPT so gut wie ein professioneller Finanzberater?
An sich schneidet Chat GPT bei den Empfehlungen schlechter ab. Stellt man aber Chat GPT zum Beispiel unternehmensspezifische Informationen bereit, schließt sich die Lücke. Dann ist Chat GPT praktisch gleichauf.
Wie kommen Sie zu diesem Ergebnis?
Wir haben die vergangenen drei Jahre mehrfach fortschrittliche, sprachbasierte KI-Modelle wie Chat GPT darauf untersucht, ob sie eine geeignete Finanzberatung generieren können. Zuletzt haben wir 32 verfügbare KI-Modelle genutzt, darunter auch bekanntere wie Chat GPT, Perplexity, Deepseek aus China, Llama von Meta oder Gemini von Google.
Wie Sind Sie konkret vorgegangen?
Wir mussten Chat GPT erst einmal überlisten, um konkrete Anlagetipps zu erhalten. Von sich aus sagt die KI, dass sie keine individuelle Anlageberatung im rechtlichen Sinn leisten darf. Man muss also betonen, dass es eine fiktive Frage ist, um zum Beispiel die Arbeit eines Vermögensverwalters kennenzulernen. Bei den Anfragen haben wir uns an den Auflagen für Finanzberater orientiert, die unter anderem die Risikobereitschaft der Anleger, den persönlichen Anlagehorizont oder Nachhaltigkeitspräferenzen zu berücksichtigen haben.
Was waren die Empfehlungen?
Die KI-Modelle haben häufig Indexfonds von großen Fondsanbietern wie etwa Vanguard und BlackRock empfohlen. Bei Einzelaktien verwiesen die KI-Modelle oft auf amerikanische Tech-Aktien von Apple, Amazon oder Tesla. Gewählt wurden auch Unternehmen mit großen Kursgewinnen im Untersuchungszeitraum wie etwa Netflix. Kryptowährungen oder Gold spielten nur eine geringe Rolle.
Gab es auch Falschinformationen?
In seltenen Fällen waren die Angaben der KI-Modelle schlicht falsch, man spricht hier von „Halluzinationen“. Dann nannte die KI zum Beispiel Wertpapierkennnummern, die gar nicht existieren. Es kam auch vor, dass die Anteile in einem Portfolio mehr oder weniger als 100 Prozent ergaben.
Was kann man hier als Nutzer tun?
Meistens sind solche Fehler leicht zu erkennen. Überhaupt sollte man alle Zahlen und Fakten noch einmal prüfen. Es hilft auch, die Eingabebefehle – die so genannten Prompts – möglichst präzise zu formulieren. Man sollte die KI auch auf offensichtliche Fehler hinweisen und sie korrigieren lassen. Das führt insgesamt zu besseren Ergebnissen.
Was macht Chat GPT besser als ein professioneller Berater?
Die KI ist weniger voreingenommen, was die Beratung von Frauen angeht. Studien zeigen, dass Banken Frauen schlechtere Anlageempfehlungen geben als Männer – bei identischen Finanzprofilen. Der so genannten Home Bias – bei dem Investierende übermäßig Aktien aus dem eigenen Heimatland kaufen – besteht bei der KI und realen Beratern gleichermaßen.
Bankberater empfehlen oft die Fonds aus dem eigenen Haus. Was macht hier Chat GPT?
Chat GPT & Co. sind hier sozusagen unparteiisch. Meist begründen sie auch ihre Antworten. Deshalb kann man sie gut für Plausibilitätsschecks einsetzen. Man kann mit ihnen zum Beispiel die Empfehlung von Beratern prüfen lassen, was die KI davon hält. Dann gibt es vielleicht einen Hinweis, dass die Fonds anderer Anbieter besser performen oder geringere Kosten aufweisen.
Die Studien zeigen auch, dass Chat GPT Anleger zu mehr Risiko verleiten kann. Wie das?
Bei der Anlage gibt es zwei individuelle Ausgangslagen bezüglich des Risikos. Zum einen gibt es die eigene Risikopräferenz: was ich sage, welches Risiko ich eingehen möchte. Und es gibt die Risikokapazität – also, ob ich die Risiken eingehen sollte, ob ich sie mir leisten kann. Chat GPT gewichtet die Risikopräferenz offensichtlich stärker. Sprachbasierte KI-Modelle sind ja darauf trainiert, dass die Antworten hohe Akzeptanz finden – auch wenn sich der Anleger das Risiko vielleicht gar nicht leisten kann. Ein junger Anleger könnte hohe Kursschwankungen am Kapitalmarkt vermutlich in den kommenden 10 bis 15 Jahren ausgleichen – ein Rentner dagegen vielleicht nicht.
Werden Vermögensberater in der Zukunft überflüssig?
Es wird immer Kundinnen und Kunden geben, die eine persönliche Beratung suchen oder kein Online-Banking betreiben wollen. Schon deshalb werden sie nicht überflüssig. Wenn Vermögensberater einen aus praktischer und wissenschaftlicher Sicht sinnvollen Vermögensaufbau leisten, ist das sicherlich auch von Vorteil. Untersuchungen zeigen aber, dass das nicht immer der Fall ist.
Welche KI-Modelle haben in Ihren Studien am besten abgeschnitten?
Am besten schnitten Anbieter aus Asien ab wie etwa das chinesische Modell „Baichuan 2“ oder „Solar“ aus Südkorea. Chat GPT lag im oberen Mittelfeld.
Nutzen Sie selbst KI für Ihre Anlagen?
Ich bin da eher konservativ unterwegs und habe in thesaurierende Indexfonds investiert. Ich lege also langfristig an und lasse es laufen, da brauche ich keine Beratung.
Person
Lars Hornuf, geboren 1982 in Dresden, ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere für Finanzwirtschaft und Finanztechnologie an der TU Dresden. Zuvor war er 2017 bis 2023 mit ähnlichen Schwerpunkten Professor an der Uni Bremen. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.
KI-Modelle
Hornuf testete 32 so genannte Large Language Models (LLMs), zu denen auch Chat GPT zählt. Large Language Models sind KI-Systeme, die menschliche Sprache verstehen, verarbeiten und erzeugen können und auf neuronalen Netzwerken basieren. Wegen ihrer einfachen Anwendung finden sie in vielen Bereichen Einsatz, so auch in der Finanzbranche.