Nach zahlreichen Verzögerungen ist das neue Fahrradparkhaus in Bahnhofsnähe endlich benutzbar. Der Stadt geht es aber nicht darum, das Auto zu verdrängen.

Volontäre: Julian Meier (mej)

Der Radfahrer, der sein Gefährt in der neuen Radstation Schiller in Ludwigsburg abstellen will, muss erst einmal warten. Rund um den Eingang hat sich eine Menschentraube geschart, da gibt es kein Durchkommen. Und es dauert, bis die Fotografen die Menge so orchestriert haben, dass auf dem Bild alle gut zu sehen sind. Nachdem die offiziellen Gäste das symbolische Band vor dem Eingang durchschnitten haben und alle im Gebäude verschwunden sind, kann der Radfahrer endlich rein.

 

Ganz so voll mit lokalen Politikern und Fachleuten wie bei der Eröffnung am Mittwoch Nachmittag wird es künftig nicht zugehen. Doch das Projekt, das nach eineinhalbjähriger Bauzeit nun fertig ist, könnte ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Mobilität der Zukunft sein. Seit Mittwoch stehen die knapp 700 Fahrradstellplätze jedem zur Verfügung – nachdem die Radstation zuvor in kleinerem Umfang probeweise genutzt werden konnte.

Mobilitätsbürgermeister Mannl wirbt für Chancengleichheit

„Unser Ziel hier in Ludwigsburg ist es, eine Infrastruktur zu schaffen, die allen Mobilitätsarten gerecht wird“, sagt Mobilitätsbürgermeister Sebastian Mannl. Zum ersten Mal gebe es in der Stadt eine vergleichbare Qualität für Fahrrad- und Autofahrer. Es gebe aber nicht die eine richtige Verkehrsart. „Wir wollen Chancengleichheit herstellen“, betont Mannl.

Das symbolische Eröffnungsband ist durchschnitten – ab jetzt darf auch offiziell geparkt werden. Foto: Werner Kuhnle

Die Staatssekretärin im Landesverkehrsministerium, Elke Zimmer (Bündnis 90/Die Grünen), sieht in der neuen Radstation einen Anreiz zum Fahrradfahren: „Das ist genau das, was wir brauchen, damit mehr Menschen umsteigen.“ Damit könnten auch die Klimaschutzziele des Landes erreicht werden: bis 2040 will Baden-Württemberg klimaneutral sein. „Fahrradfahren macht Spaß, Fahrradfahren ist gesund – und dafür braucht man eine funktionierende Infrastruktur“, sagt Zimmer.

Werkstatt und Fahrradwaschanlage ergänzen das Angebot

Eine Infrastruktur, die allerdings lange auf sich hat warten lassen. Schon seit 2017 hat die Stadt ein Fahrradparkhaus am Bahnhof geplant, in Ergänzung zur Radstation am Westausgang, die mittlerweile viel zu klein geworden ist. Doch es gab Probleme, unter anderem zog sich der Immobilieneigentümer zurück, sodass das Parkhaus nun nicht direkt am Bahnhof liegt, sondern gut 100 Meter entfernt. Dafür wurde auf der Westseite ein weiterer Ein- und Ausgang geschaffen, sodass zu Fuß nur noch die Straße überquert werden muss.

Auch sonst gibt es jeden erdenklichen Komfort: Stellplätze für alle Fahrradtypen, E-Bike Ladestationen, eine Werkstatt (die derzeit noch leer steht), Schließfächer, Umkleiden – sogar eine vollautomatische Fahrradwaschanlage ist vorhanden. Das Zugangssystem ist mit der Polygo-Card kompatibel – eine Multifunktionskarte, die verschiedene Mobilitätsarten verbindet. Mit ihr sind auch die Radstationen in Esslingen, Leonberg und Plochingen zugänglich.

Knapp 700 Stellplätze für alle Fahrradtypen bietet die neue Radstation in Bahnhofsnähe. Foto: Werner Kuhnle

Insgesamt 3,85 Millionen Euro hat das Projekt gekostet. Damit sei man im Kostenrahmen geblieben, erklärt Martin Stauch, Abteilungsleiter Mobilität bei den Stadtwerken Ludwigsburg-Kornwestheim (SWLB). 1,8 Millionen Euro wurden durch Bund und Länder gefördert. Im Vorhinein habe man sich die Radstationen in Nürnberg, Esslingen, Tübingen und Freiburg angeschaut. Ein konkretes Vorbild habe es aber nicht gegeben, meint Stauch. Und SWLB-Geschäftsführer Christian Schneider ergänzt: „Wir haben die Anregungen genommen, aber dann etwas völlig Neues gemacht.“

Radstation Schiller in Ludwigsburg

Zugangssystem
Um Zugang zur Radstation zu erhalten, muss man vorher online einen Stellplatz anmelden und bezahlen. Das Tagesticket kostet einen Euro, für eine Woche werden vier Euro, für einen Monat 15 Euro und für ein ganzes Jahr 90 Euro fällig. Wer ein ÖPNV-Abo hat, kann sein Fahrrad umsonst parken. Vor Ort erfolgt der Einlass dann per QR-Code, PIN oder mit der Polygo-Card.

Fahrradwäsche
Bei der vollautomatischen Fahrradwaschanlage können die Kunden zwischen Normalwäsche (fünf Euro) und Intensivwäsche (sechs Euro) wählen. Die Bezahlung erfolgt kontaktlos per Karte oder Smartphone.