Wer mit Kindern essen geht, ist oft unerwünscht. Familienfreundliche Restaurants sucht man in Stuttgart und der Region oft vergebens. Wir zeigen, wo Familien dagegen willkommen sind.

Stuttgart - Oberstaufen wollte uns nicht. Das geplante gemeinsame Mittagessen mit den in dem Luftkurort urlaubenden Großeltern entwickelte sich zum Fiasko. In drei Restaurants wurden wir als sechsköpfige Familie im Alter von zwei bis 85 Jahren abgewiesen: leider, leider, alles reserviert. Wir hatten da so unsere Zweifel angesichts der vielen freien Plätze. Mit Kindern ist man in manchen Restaurants weder Kunde noch König, sondern schlicht unerwünscht.

 

Wer sich ein derart unerquickliches Spießrutenlaufen ersparen möchte und im Internet nach Lokalen sucht, in denen Familien willkommen sind, landet auf der Internetseite von Stuttgart Marketing (siehe Info). Die Touristiker listen eine ganze Reihe Stuttgarter Lokale auf, darunter das Karls Kitchen im Breuninger. Das Angebot ist erst ein gutes Jahr alt. Die Daten für die Auswahl kämen von einem Stadtmagazin, sagt eine Sprecherin. Die Region Stuttgart mit ihren fünf Nachbarkreisen kommt indes bei dieser Auflistung nicht vor.

Kein herz für Kinder in der Region Stuttgart

Etwas schwieriger zu finden im weltweiten Netz sind die Tipps der Tourismus Marketing GmbH Baden-Württemberg und des Dehoga-Landesverbandes. Gemeinsam haben sie bereits 1998 das Gütesiegel „Familienfreundliches Restaurant“ aufgelegt. Dabei können sich Lokale zertifizieren lassen, werden auf der Homepage des Tourismusverbandes aufgeführt und können sich auf ihren eigenen Internetseiten die geprüfte Familienfreundlichkeit an die Brust heften. Aktuell sind dort 46 Betriebe im Land gelistet.

Doch offenbar halten die Gastwirte in der Region nicht viel von der Werbewirksamkeit dieses Zertifikats. In den Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg, Rems-Murr und in Stuttgart macht kein Restaurant mit. „Wir würden uns freuen, wenn sich mehr Wirte beteiligen würden“, sagt der Dehoga-Sprecher Daniel Ohl. „Aber Familienfreundlichkeit kann man auch einfach leben.“

Kinderparadiese in Tübingen und in Stuttgart

Gleich zwei zertifizierte Lokale gibt es indes in Tübingen: die Gasthausbrauerei Neckarmüller sowie Knittels Hotel und Restaurant Kreuzberg direkt an der Neckarbrücke. Letzteres ist eher am Stadtrand, die Brauerei Neckarmüller ist mittendrin. Innen können sich Kinder in einer kleinen Spielecke mit an der Seitenwand befestigten Magnetspielen oder mit Memory vergnügen. Wer in akute Windel- oder Feuchttuch-Not gerät, findet an der Wickelkommode Nachschub. Der Spielbereich im Biergarten ist zwar überschaubar – es gibt ein kleines Kletterschiff und eine Wippschaukel –, aber auf der Wiese ist reichlich Platz zum Toben – und angesichts der Größe des Lokals und des Biergartens dürften spielende Kinder nicht zum Lärmproblem werden.

Auch Karls Kitchen im Stuttgarter Breuninger ist mit etwa 400 Plätzen nicht gerade ein kleines Restaurant. Anders als beim Neckarmüller haben Familien aber nahe den Toiletten einen eigenen Bereich mit immerhin 60 Plätzen, Spielecke und Kinderwagen-Parkplatz inklusive. Die Tische sind so platziert, dass man mit dem Wagen bequem passieren kann. Väter, die das Stinkewindel-Wechseln gern verweigern mit dem Hinweis darauf, der Wickeltisch befinde sich in der Damentoilette, sollten Karls Kitchen meiden: Auch auf dem Herrenklo gibt es Wickelmöglichkeiten. Und schließlich bezahlt man das Essen des Nachwuchses nicht à la carte: Bis 14 Jahre kostet das Kinderessen im Karls Kitchen 50 Cent je Lebensalter.

Samstags wird Karls Kitchen zu Karls Kindergarten

Breuninger umwirbt die Kleinen gezielt. „Die Kinder von heute sind die Kunden von morgen“, sagt Matthias Sontowski, Leiter der Gastronomischen Betriebe. Niemand müsse sich von den spielenden Kindern gestört fühlen – wer seine Ruhe möchte, setze sich eben ans andere Ende. Vor allem an Samstagen geht es in Karls Kitchen aber zu wie in Karls Kindergarten: 28 Kinderwagen sind schon gezählt worden.

Stefanie Straub ist das zu viel Trubel. Sie hat das Lokal im Breuninger mit ihren zwei Kindern früher öfter genutzt, wegen der Übersichtlichkeit und wegen der Spielmöglichkeiten für die Kleinen – aber eben nicht samstags: „Das kann ich nicht empfehlen.“ An diesem Tag ist sie mit ihrer Freundin Silvia Schröder zu Gast, die zum ersten Mal da und angenehm überrascht ist, wie sie sagt: Ihr dreijähriger Sohn Xaver jedenfalls hat die Spielecke schon okkupiert, und die Frauen frühstücken in Ruhe zusammen.

Die Eselsmühle geht immer

Der Ausflug zur Eselsmühle in Musberg (Kreis Esslingen) wird für die Jungfüchse zur Fastenkur. Nicht weil das Essen nicht lecker wäre. Linsen und Spätzle mit Saitenwurst gehen bei Jakob (vier Jahre ) und Jonas (zwei) eigentlich immer. Eine kleine Portion (6,50 Euro) wäre auch groß genug für beide. Nur haben sie keine Zeit zum Essen. Auf dem Hof der mehr als 600 Jahre alten Mühle gackern die Hühner. Der Hahn gockelt zwischen den Tischen in der Gartenwirtschaft umher. Außerdem wollen die Esel und die Shetlandponys gestreichelt werden. Die Jungs zehren zwar von ihren Reserven, aber sie haben Spaß und können im weitläufigen Garten sicher spielen. Das Siebenmühlental im Naturschutzgebiet Schönbuch ist ohnehin immer einen Ausflug wert. Die Jungtester finden den Tipp der Kollegin prickelnd: „Ganz schön schön hier“, urteilt jedenfalls Jakob. „Es gibt nur ein bisschen viele Brennnesseln.“