Mit einem Fest zeigten sich die Macher vom Kulturbunker im neuen Park auf dem Diakonissenplatz. Was unterirdisch alles geboten ist, konnten die Besucher dabei erleben – Musik zum Beispiel oder eine Ausstellung mit Fotografien vom Verkehrsübungsplatz.
„Da!“ Tim ist begeistert. Der Vierjährige hat den Eingang zu Stuttgarts größtem Tiefbunker entdeckt. Dieser breitet sich – 1941 gebaut – auf 3 158 Quadratmetern unter dem Diakonissenplatz aus. Doch bevor es die Treppen hinab geht, wollen sich seine Eltern erst oberirdisch an der Rosenbergstraße im Stuttgarter Westen umtun, etwas trinken, LKWs essen – „Leberkäsweckle“ – der Musik lauschen. Bei „Outside Kubu. Das Fest im Park“ rockt am Samstag die Band NNBros. – NN steht für Not Named – Songs von Jimmy Hendrix, Cream, Popa Chubby und Eigenes.
Statt ihn zuzuschütten, wurde der Bunker zum Kulturtreff
An der Gitarre: Klaus-Peter Graßnick. Der Musiker ist Initiator und Vorstand von Kultdiak Stuttgart. 2018 gegründet setzte sich der Verein dafür ein, dass der Bunker nicht zugeschüttet wird, sondern dort ein Kulturtreff entsteht. Mit Erfolg, 2022 eröffnete der Kulturbunker, nachdem Handwerker und Ehrenamtliche ihn in vielen Arbeitsstunden dafür fit machten. Die Homepage von Kultdiak zeigt, wie rührig der Verein ist. Die Mitglieder organisieren Ausstellungen, Konzerte, Performances, Kunstpartys, gut besuchte Bunkerführungen. „Alle, die was machen, beschäftigen sich mit dem Ort“, so Graßnick. „Auch das Fest heute wäre ohne Engagierte, Freunde, Bekannte nicht möglich“, sagt er, „wir freuen uns über alle, die mitmachen.“
Mit „Outside Kubu“ kommen sie erstmals ans Licht der Öffentlichkeit, auch um den Platz zu würdigen. Seit einem Jahr ist er wieder zugänglich, im Mai 2024 eröffnete ihn Technik-Bürgermeister Dirk Thürnau, nach sechs Jahren Planung und Umgestaltung, 2,3 Millionen Euro waren dafür veranschlagt. „Nun ist es ein wunderbarer Quartierspark für die Bürgerinnen und Bürger aller Generationen“, so Graßnick, sich umschauend.
Da spielen Schülerinnen und Schüler einen rasanten Ball über Tischtennisplatten, Mittzwanziger balancieren auf der Slackline, Seniorinnen und Senioren sitzen auf Parkbänken, wippend zur Musik von Ape & Friends. Am Abend spielt „Them Muddy Brothers“ – samt Aftershow „No Country for alt.right“ – im Bunker.
Dessen Vorgeschichte ist eine längere; Graßnick kennt sie gut. Der 73-Jährige wuchs „ums Eck“ in der Traubenstraße auf, gründete mit Gitarrist Eckardt Dietel und Schlagzeuger Thomas Wahl als Teenager die Band „Müll“, die im Bunker unter dem Diakonissenplatz proben durfte und legendäre Partys feierten. „Das kannten alle. Denn darüber befand sich von Oktober 1953 bis September 2021 die erste Jugendverkehrsschule Deutschlands. Ich habe hier als Kind Fahrradfahren gelernt.“ Der Künstler erzählt von Karl Weber, dem Leiter des Amts für öffentliche Ordnung, und Paul Barth vom Verkehrsamt, die den Übungsplatz damals verwirklichten, um zu verhindern, dass noch mehr Kinder auf Stuttgarts Straßen sterben.
Alte Fotos von der Jugendverkehrsschule
Fotos der Jugendverkehrsschule sind im Bunker zu sehen: Graßnick und Jim Zimmermann, für Ausstellungen zuständig, konnten die Motive vom Polizeimuseum Stuttgart leihen, in den Gängen leuchten dazu Ampeln. Die Festbesucher sind begeistert von der Schau und den Räumen unter Tage. „Bühne, Bar und mehr, krass, wusste ich nicht, obwohl ich im Westen Stuttgarts aufgewachsen bin“, so Leon. Er ist Anfang zwanzig, studiert in Hamburg. Und freut sich, als er hört, dass die Geschichte weitergehen soll.
Im Bunker sind Proberäume für Bands geplant, im städtischen Haushalt dafür seit zwei Jahren 800 000 Euro eingestellt. „Davon profitiert auch der Nachwuchs“, sagt Leon. „Jetzt muss es halt noch umgesetzt werden.“ Man darf gespannt sein.