Diesmal klappt es. Da zeigen sich die Projektbeteiligten sicher: Ab Mitte Dezember nehmen die neuen Elektrozüge der Schönbuchbahn Passagiere mit. Unterwegs sind die Fahrzeuge namens Nexio bereits – bei sogenannten Abnahmefahrten. Auf einer dieser Fahrten am Donnerstagabend verkündet Landrat Roland Bernhard die gute Nachricht – nachdem sich die Inbetriebnahme mehr als drei Jahre verzögert hat.
Schick sehen sie aus, die neue Züge. Die Beleuchtung wirkt angenehm, das Innere ist großzügig gestaltet, es gibt Steckdosen und später sollen die Fahrgäste auch WLAN nutzen können. Die Sitze sind bequem gepolstert. Nur beim Einsteigen fällt das penetrante Piepsen der Türen auf. Das entspreche den Vorgaben – und bleibe deshalb so, erklärt Gerhard Ferstl, Projektleiter von CAF (Construcciones y Auxiliar de Ferrocarriles), dem baskischen Unternehmen, das die Züge baut.
Ab 15. Dezember dürfen alle mitfahren
Nichts soll die bevorstehende Zulassung gefährden. „Wir rechnen Ende November damit“, verkündet Bernhard. Viel Zeit bis Mitte Dezember bleibt da nicht mehr, trotzdem betont der Landrat: „Die Inbetriebnahme wird endgültig und unumkehrbar am 14. Dezember stattfinden.“ Passend zum jährlichen Fahrplanwechsel der Bahn. Die ersten Fahrgäste dürfen dann am 15. Dezember in die neuen Nexios steigen.
Einer der Gründe, weshalb sich die Inbetriebnahme um Jahre verzögert hat, waren Probleme mit den Bremsen. Die eigens für die Schönbuchbahn entwickelten Züge erfüllten nicht die Kriterien des Betriebes auf einer Nebenbahn und erhielten keine Zulassung. „In einem zähen und langwierigen Zulassungsprozess haben wir jetzt den Knackpunkt bei der Auslegung und Dimensionierung der Bremsen gelöst“, sagt Bernhard. Die meisten Änderungen beträfen die Software und die Dokumentation, merkt Ferstl an.
Die neuen Fahrzeuge werden sehnsüchtig erwartet, die alten haben offensichtlich das Ende ihrer Lebensdauer erreicht. Außerdem passen in den Nexio 224 Passagiere, mehr als in die alten Züge. Der Zweckverband Schönbuchbahn (ZVS) sieht sich damit gut aufgestellt, rechnet er doch mit steigenden Fahrgastzahlen – von 10 000 am Tag auf 14 000.
Neue Züge entspannen den Fahrplan
Am Fahrplan soll sich nichts ändern, aber die neuen Züge entspannen die Abläufe. Die sogenannten Elektroleichttriebwagen können flotter beschleunigen und bewältigen die 17 Kilometer lange Strecke von Böblingen nach Dettenhausen (Kreis Tübingen) zwei bis drei Minuten schneller als die alten Fahrzeuge, sagt Walter Gerstner, Geschäftsführer des ZVS. „Dadurch haben wir mehr Zeit zum Wenden.“ Und einen größeren Puffer, sollte es zu Verzögerungen kommen.
Wird also was lange währt, endlich gut? Etwas Wasser in den Wein muss der Landrat dann doch noch gießen. Denn ab Mitte Dezember dürfen die zwölf neuen Nexios zwar aller Voraussicht nach fahren. Doch diejenigen, die sie steuern, sind dann noch nicht an den neuen Fahrzeugen ausgebildet. Die Ausbildung der Schönbuchbahn-Fahrer ist nämlich erst nach der Zulassung erlaubt.
Triebwagenführer müssen noch ausgebildet werden
Bedeutet: Anfangs sind alte und neue Züge gemeinsam unterwegs. Im sogenannten Mischverkehr dürften sie nur 80 Kilometer pro Stunde fahren und nicht, wie eigentlich, 100 Kilometer pro Stunde, erklärt der Landrat. Der gewohnte Takt bleibt zwar bestehen, von einem Puffer ist aber erst mal nichts zu spüren – im Gegenteil. Jens-Ulrich Beck, Geschäftsführer der Württembergischen Eisenbahngesellschaft (WEG), die die Schönbuchbahn betreibt, rechnet mit je zehn bis zwölf Arbeitstagen, für die Ausbildung der circa 25 Fahrer. „Wenn alles funktioniert, ist der Osterhase nur noch mit den neuen Fahrzeugen unterwegs“, wagt er als Prognose.
Ostern 2025 also soll endgültig zusammenkommen, was zusammengehört: Die bereits seit 2019 elektrifizierte Strecke und die passenden Elektrozüge. Beides hat den Kreis einiges gekostet. Zwar gab es Fördergelder vom Land, trotzdem blieb von den 120 Millionen Euro für die Elektrifizierung der Strecke knapp die Hälfte am ZVS, also an den Kreisen Böblingen und Tübingen, hängen. Für den Kauf der Nexios musste der ZVS insgesamt circa 70 Millionen Euro hinblättern, von denen das Land 11,8 Millionen Euro übernommen hat. Der Landrat will sich für weitere Fördermittel stark machen.
Gratulation am Gleis
Während er spricht, rollt der Zug sanft dahin. Immer wieder unterbrechen Tests die Rede. Abnahmefahrt ist Abnahmefahrt. Etwa 200 Posten umfasst das Testprotokoll, sagt Gerstner. Es werde etwa geprüft, ob Lichter, Türen und alle Sprechstellen funktionieren. Jedes Fahrzeug muss solche Fahrten absolvieren, neun sind schon geschafft.
Als der Zug in Holzgerlingen hält, öffnet eine Frau die Tür. Sie könne leider nicht einsteigen, wird ihr beschieden. „Ich weiß. Ich wollte nur gratulieren“, sagt sie und lacht. Ein eigenes Bild kann sie sich am 15. Dezember machen – an dem Tag, an dem laut Gerstner, alle kostenlos mitfahren dürfen.
Ausfälle auf der Schönbuchbahn am Wochenende 12./13. Oktober
Gründe
Die Schönbuchbahn hat mit hohem Fahrzeugmangel zu kämpfen, teilt die WEG mit. Damit unter der Woche genügend Züge zur Verfügung stehen, fallen am 12. und 13. Oktober Fahrten aus.
Ausfälle
Es handelt sich um die Abfahrten zur Minute 05 ab Böblingen sowie die Abfahrten zur Minute 32 in Dettenhausen. Ein Ersatzbus ist eingerichtet, der in Dettenhausen 15 nach abfährt und 45 ankommt – abweichend von den Zugfahrzeiten.