Schon zu Lebzeiten ist er eine schwäbische Legende: Am Mittwoch feiert der Schauspieler Walter Schultheiß mit großer Dankbarkeit seinen 98. Geburtstag. Wie geht es ihm in seinem Haus im Schwarzwald?
Wer im Schwabenland aufgewachsen ist, kennt und schätzt ihn, als gehöre er zur eigenen Familie. Deshalb haben sehr viele Landsleute mit Walter Schultheiß gelitten, als im vergangenen November Trudel Wulle gestorben ist. Die beiden waren seit 1950 verheiratet und so eins miteinander, wie dies schöner kaum sein könnte. An diesem Mittwoch, wenn einer der ganz großen Charakterschauspieler des Landes mit der Familie und wenigen Gästen (darunter der Bürgermeister von Wildberg) seinen 98. Geburtstag feiert, geht es erst gemeinsam auf den Friedhof. Denn der Mittwoch ist auch der Hochzeitstag von Trudel und Walter.
Er gilt als Vorzeigeschwabe, stets bescheiden, pointensicher, kantig und knitz. Den Humor hat er mit 98 nicht verloren. „Über das Alter, in dem die Leute sterben, bin ich längst hinaus“, sagt er. Die obligatorische Frage nach dem Rezept fürs Altwerden beantwortet Schultheiß so: „Es gibt nur ein Rezept – man muss einfach länger leben. Und alles in Maßen zu sich nehmen, nicht nur mit Maßkrügen.“ Ob er sich nun auf die 100 freut? „Darüber mach ich mir keine Gedanken“, antwortet er, „man muss stets annehmen, was kommt.“
„Als Großvater bin ich ein Spätentwickler“
So sehr Schultheiß privat Pointen setzt, so diszipliniert war er bei der Arbeit. In Drehpausen, erzählt man sich noch heute, hat er nie Blödsinn gemacht, sondern sich im Stillen auf jeden Schritt und jedes Wort vorbereitet. Viele Regisseure waren überrascht, dass schon beim ersten Durchlauf mit ihm alles „im Kasten“ war.
Mit 98 Jahren und ohne seine Trudel ist das Leben beschwerlich geworden. Aber der gebürtige Tübinger genießt es, mit der Familie seines Sohnes im Schwarzwald zu leben – in dem Haus, das er 1966 bauen ließ. Sein Götz und seine Schwiegertochter versorgen ihn mit Liebe. „Als Großvater bin ich Spätentwickler“, sagt der Hausherr. Die vierjährige Enkelzwillinge sind seine große Freude. Neugierig ist er wie eh und je auf das, was in Stuttgart geschieht. Die Lektüre der Stuttgarter Nachrichten kostet Schultheiß jeden Morgen aus, kaum was bleibt in seinem Blatt ungelesen, um sich zu freuen oder zu wundern, was im Talkessel so alles geschieht.
Zum Wendepunkt seiner Karriere wurde der ZDF-Film „Pannenhilfe“
Ernste Rollen waren’s, für die er als junger Mann für die Bühne gebrannt hat. Bestimmt mehr davon hätte er gespielt, wäre nicht der große Erfolg mit dem Saubermachen dazwischengekommen. Der zweite Partner seines Lebens war Werner Veidt. Mit ihm bildete er zwei Jahrzehnte lang das Straßenkehrer-Duo des SDR. Auch wenn damit keine Zeit für seine Traumrollen blieb – der 98-Jährige verdankt diesen Jahren seine große Bekanntheit. Zum Wendepunkt seiner Karriere ist in den 70ern der Fernsehfilm „Pannenhilfe“ im ZDF geworden. Damit wurde er auch über die baden-württembergischen Landesgrenzen hinaus bekannt. Der TV-Autor und Landsmann Felix Huby sah den ZDF-Film und war begeistert. Unbedingt wollte er für diesen kantigen Schwaben etwas schreiben.
Und er hat viel für ihn geschrieben! Als Köberle, Eisele, Eugen, als Altpfarrer Merkle in „Oh Gott, Herr Pfarrer“ und Altbürgermeister Holzwarth von Bärenbach – alles Drehbücher von Huby – hat Schultheiß das Schwabenbild in Deutschland erweitert und ist zum sympathisch-bruddeligen Botschafter eines verkannten Volksstammes geworden. Großartige Kritiken gab es, als er mit 88 den Unternehmer Bogenschütz in dem Kinofilm „Global Players“ spielte.
„Auf den alten Fotos sehen wir am jüngsten aus“
Wenn sein Sohn zum Geburtstag jetzt die Familienalben und Zeitungsausschnitte von früher hervorholt, dauert es nicht lang, bis Walter Schultheiß feststellt: „Auf den alten Fotos sehen wir am jüngsten aus.“ Alles Gute und noch viele schöne Momente wünschen wir im Namen unserer Leserschaft!