Das Schicksal der Textilfabrik Mendel & Levy in Stuttgart-West und ihrer Eigentümer ist bewegend, aber es gibt keine Bilder von dem Gebäude – bis jetzt. Unsere Autorin schildert, wie das Projekt „Stuttgart 1942“ Geschichte zum Leben erweckt.

Stuttgart - Da ist dieser Moment. Als ein schmuckloses Gebäude aus den 1960er Jahren in sich zusammensackt, sich im Staub der Geschichte auflöst. Und ein viel älteres an seiner Stelle in die Höhe wächst. Stockwerk um Stockwerk. Und so, Meter für Meter, kehrt das Leben zurück. Im Erdgeschoss sirren die Nähmaschinen, eine Etage höher rattern die Knopflochstecher, im dritten Stock sind die Maschinen der Zuschneider zu hören, die sich durch Wollstoffe mit Nadelstreifen und weißes Baumwolltuch fräsen. Die Büglerinnen plätten, die Boten laufen, bald ist Mittagszeit, ganz oben in der Küche klappern schon die Töpfe, während Emil Levy und sein Schwager Bernhard Schreiber durch die Gänge hasten und für die Dienstreise ins Rheinland Musterbücher, Preiskataloge und Stoffproben einpacken.