Die Goldräuber müssen für bis zu acht Jahre in Haft. Noch ist der filmreife Coup allerdings nicht vollends aufgearbeitet.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Stuttgart - Von der großen Anspannung, wie sie sich vor einer Urteilsverkündung oft über einen Gerichtssaal legt, war am Donnerstag im Stuttgarter Landgericht nichts zu spüren. Die Angeklagten wussten, was auf sie zukommt, mit einer Überraschung war nicht zu rechnen. Zu acht Jahren Freiheitsstrafe hat die 19. Große Strafkammer den Bonner Rapmusiker Xatar verurteilt und damit eben jenes Strafmaß verhängt, das seit Monaten im Raum stand. Etwas milder fällt die Strafe für die drei Mitangeklagten Max. G., Kawa H. und Sami H. aus: sie bekommen siebeneinhalb beziehungsweise sieben Jahre für schweren Raub und Freiheitsberaubung. „Damit ist endgültig klar, dass es sich um ein schweres Verbrechen gehandelt hat und nicht um einen Trickdiebstahl“, sagte der Vorsitzende Richter Jörg Geiger.

 

Mehrere Männer, alle jünger als 30 Jahre, haben am 15. Dezember 2009 auf der Autobahn bei Ludwigsburg den Transporter eines Nürnberger Altgoldhändlers überfallen. Sie hatten sich als Polizisten verkleidet, die zwei Fahrer gefesselt und in einem Wald ausgesetzt. Was erheblich zu der harten Strafe beiträgt: die Fahrer litten unter Todesangst. Einer der beiden, sagte Geiger, sei „noch immer erheblich psychisch angeschlagen“.

Die Räuber erbeuteten Edelmetall im Wert von 1,7 Millionen Euro. Die Kammer ist überzeugt, dass sie den entscheidenden Tipp von Donald S. bekamen. Der 54-Jährige gilt als Hintermann, soll den Goldhändler ausspioniert haben. Eine Verurteilung droht ihm aber nicht, denn Donald S. ist krank und verhandlungsunfähig.

Die Beute ist verschwunden. Das nüchterne Fazit der Richter: „Wir wissen nicht, ob die Angeklagten Zugriff darauf haben.“ Die Aussagen von Xatar seien in diesem Punkt nicht glaubhaft. Der Rapper hatte berichtet, er selbst und seine Komplizen hätten für den Coup lediglich jeweils 25 000 Euro erhalten. Das Edelmetall habe ein Mann mitgenommen, den Donald S. zum Tatort geschickt habe. Das Gericht verfügte am Donnerstag, dass die Goldräuber für den Verlust des Goldhändlers haften müssen. Sollten sie künftig, auf welchem Weg auch immer, zu Vermögen kommen, müssten sie es wieder abgeben.

Die Beweislage gegen die Angeklagten war erdrückend. Es gibt DNA-Spuren der Männer am Tatort, abgehörte Telefongespräche, Belege über den Kauf der Polizeiutensilien. Die vier Verurteilten haben die Tat gestanden. Gegen einen weiteren Angeklagten, dessen Verteidiger mit unzähligen Anträgen maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass das Verfahren nun schon fast 14 Monate andauert, wird künftig separat weiterverhandelt.

Nicht nur der Verbleib der Beute ist unklar. Die Kammer rückte am Donnerstag, und das war dann doch überraschend, einen weiteren möglichen Täter in den Fokus. Der 27 Jahre alte Mann ist ein Freund von Max G. und habe vermutlich eines der Tatfahrzeuge gesteuert, sagte Geiger. Die Staatsanwaltschaft sieht indes keinen hinreichenden Tatverdacht, um ein weiteres Verfahren zu eröffnen. Stattdessen läuft derzeit vor einer anderen Strafkammer des Landgerichts der Prozess gegen einen 29 Jahre alten Mann, ebenfalls aus Bonn. Der aber, glaubt Geiger, war nicht am Tatort.

Auch wenn die Haupttäter verurteilt sind, ist der große Goldraub also juristisch noch nicht vollends aufgearbeitet. Zumal Xatars Verteidiger Malte Höch angekündigt hat, dass sein Mandant in Revision gehen werde. Höch hält das Urteil für zu hart und verweist darauf, dass die Täter nicht bewaffnet waren. „Das war keine Schwerstkriminalität.“ Die Goldräuber entschuldigten sich in ihren Schlussworten für ihre Tat. „Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen“, sagte Sami H., auch er ein Rapper. „Ich werde alles versuchen, das wieder gutzumachen.“

Nach dem Überfall waren Sami H., Kawa H. und Xatar in den Irak geflüchtet, wo sie schließlich festgenommen wurden. Die Goldräuber sagen, sie seien dort gefoltert worden. Nach zweieinhalb Monaten wurden sie nach Deutschland gebracht. Die Kammer hat entschieden, dass die Haftzeit im Irak im Verhältnis eins zu vier gewertet wird – womit die Männer dort faktisch zehn Monate ihrer Strafe abgesessen haben. Ebenfalls angerechnet werden die eineinhalb Jahre Untersuchungshaft in Deutschland.

Xatar plant nun seine weitere Karriere. Bald bringt sein Management ein neues Album auf den Markt. Der Titel: „415“. Es ist Xatars Zellennummer.