Der Große Rote Fleck des Jupiter ist weniger statisch als gedacht: Der gigantische Wirbelsturm verändert schnell und häufig Form und Größe als würde er zittern, wie neue Aufnahmen des Hubble-Weltraumteleskops zeigen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

In den Polarregionen des Riesenplaneten Jupiter toben Sturm-Karussells: Am Nordpol des Gasriesen umkreisen acht Wirbelstürme einen zentralen Sturm, am Südpol sind es fünf. Entsprechende Beobachtungen hatte die Jupitersonde „Juno“ der US-Raumfahrtbehörde Nasa vor einiger Zeit gemacht.

 

Die Atmosphäre des Gasriesen, die etwa ein Prozent seiner gesamten Masse ausmacht, rotiert in verschiedenen geografischen Breiten unterschiedlich schnell. Jupiter ist von einer dichten Wolkenhülle umgeben, in die wir von der Erde aus nicht weit hineinsehen können.

Künstlerische Darstellung der Nasa-Raumsonde „Juno“ am Jupiter.  Foto: Nasa/JPL

Auffälliger und langlebiger Sturm

Inmitten der Atmosphäre des Planeten befindet sich der Große Rote Fleck. Dabei handelt es sich um einen auffälligen und langlebigen Supersturm. Meteorologisch gesehen ist er ein Hochdrucksystem auf der Südhalbkugel des Gasriesen. Dieses System erzeugt einen Sturm, welcher der größte im Sonnensystem ist.

Er befindet sich in der südlichen Tropenzone, wo Windgeschwindigkeiten bis zu 680 Stundenkilometer herrschen. Erste Beobachtungen eines Flecks auf Jupiter stammen aus der Zeit von 1665 bis 1713.

Seine riesenhafte Größe von drei Erddurchmessern macht ihn auch für einfache Teleskope erkennbar. Der Sturm reicht mehr als mehr als 3000 Kilometer in die Tiefe und heizt die höchsten Gasschichten des Planeten auf. Neuere Beobachtungen zeigen, dass der Rote Fleck allmählich kleiner und runder wird und dass seine äußeren Winde schneller geworden sind.

Der Große Rote Fleck des Jupiter ist ein gewaltiger Wirbelsturm, der nach bisheriger Annahme schon seit fast 400 Jahren existieren soll. Hier eine Aufnahme aus dem Jahr 1996. Foto: © NASA/JPL-Caltech, Kevin M. Gill

90-tägiger Sturmzyklus

Neue Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop zeigen nun eine weitere Besonderheit des Großen Roten Flecks. Astronomen um Amy Simon vom Goddard Space Flight Center der Nasa in Greenbelt (US-Bundesstaat Maryland) hatten dafür den Wirbelsturm von Dezember 2023 bis März 2024 wiederholt aufgenommen.

Dieser rund 90-tägige Zeitraum entspricht dem Zyklus, in dem der Jupiter-Sturm leicht von Ost nach West und zurück driftet. Ihre Studie ist im Fachmagazin „The Planetary Science Journal“ erschienen.

Vom Hubble-Weltraumteleskop dokumentierte Veränderungen des Großen Roten Flecks auf dem Jupiter im Verlauf von rund 90 Tagen. Foto: © Nasa/Esa/Amy Simon/Nasa-GSFC

Charakteristika des Sturms wandeln sich täglich

Die neuen Aufnahmen zeigen, dass sich im Zuge dieser 90-Tages-Bewegung auch das Aussehen des Großen Roten Flecks mehrfach verändert. „Wir wussten zwar schon, dass die Bewegung des Sturm in Bezug auf den Längengrad leicht variiert, aber wir haben nicht erwartet, dass auch seine Größe oszilliert“, schreibt Simon. „Doch dank Hubbles hoher Auflösung sahen wir, dass der Große Rote Fleck abwechselnd schmaler und breiter wird, wenn er schneller oder langsamer wandert.“

Die Hubble-Aufnahmen enthüllen zudem starke periodische Schwankungen in der Größe und Helligkeit des Sturmkerns. „All dies verhält sich antiproportional zur Driftrate: Der Große Rote Fleck und sein Kern sind am größten und hellsten, wenn der Jupitersturm am langsamsten driftet“, erläutern die Astronomen. Das bedeutet: Die Charakteristika des Sturms wandeln sich von Tag zu Tag ein wenig. Der Sturm scheint regelrecht zu zittern.

Die Hubble-Aufnahmen zeigen zudem periodische Schwankungen in der Größe und Helligkeit des Sturmkerns. Foto: Imago/Depositphotos

Erstmals Schwingungen bei jovianischen Wirbelstürmen beoabachtet

Nach Angaben der Astro-Wissenschaftler ist dies nicht nur das erste Mal, dass solche Schwingungen (auch Oszillationen genannt) bei einem  jovianischen Wirbelsturm identifiziert wurden. „Das war sehr unerwartet und zurzeit haben wir auch keine hydrodynamische Erklärung dafür“, erklärt Simon. Die Forscher vermuten, dass Wechselwirkungen mit den starken Scherwinden der nördlich und südlich am Wirbelsturm vorbeirasenden Sturmbänder des Jupiter dafür verantwortlich sind.

Der Große Rote Fleck wird abwechselnd schmaler und breiter, wenn er schneller oder langsamer wandert. Foto: Imago/StockTrek Images

Zur Info: Die Gasplaneten, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, bilden die äußeren Planeten im Sonnensystem und erhalten nur besonders wenig Sonnenlicht. Diese Gasriesen nennen sich jupiterähnliche oder auch jovianische Planeten.

„Während er schneller und langsamer driftet, drückt der Große Rote Fleck gegen die stürmischen Jetstreams, die ihn im Norden ums Süden umgeben“, erklärt Koautor Mike Wong von der University of California in Berkeley. „Es ist ähnlich wie bei einem Sandwich, bei dem sich die Brotscheiben nach außen wölben, wenn die Füllung zu dick ist.“