Höhere Verschuldung seit Corona Eigentümer von Breuninger erhalten weniger Ausschüttung

Breuninger könnte den Eigentümer wechseln. Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Das Stuttgarter Handelshaus Breuninger steht angeblich zum Verkauf. Der eingeschlagene Expansionskurs birgt Risiken, denen sich die Familienstämme wohl nicht mehr stellen wollen.

Die Warenhauskette Breuninger verweigert seit vergangenen Mittwoch, als die Nachricht vom geplanten Verkauf aufkam, die Auskunft. Mitglieder der entscheidenden Breuninger-Familienstämme schalten seitdem Bandansagen („Wir möchten zurzeit kein Gespräch annehmen, bitte haben Sie Verständnis“) oder legen Telefonhörer abrupt beiseite. Derartige Sprachlosigkeit kennt man von Breuninger eigentlich nicht. Selbst schmerzhafte Einschnitte wie Filialschließungen wurden in der Vergangenheit frühzeitig kommuniziert und begründet. Doch nun geht es nicht nur um einzelne Häuser. Es geht um alles.

 

Nicht immer grün

Drei Familienstämme

Drei Familienstämme wachen heute über das 1881 gegründete Unternehmen. Das Schwergewicht bilden die Familien van Agtmael und Meilicke mit einem gleichgewichtigen Anteil von in Summe 80 Prozent, der Rest ist im Besitz der Familien Bretschneider/Seidel. Die Eigentümer waren sich nicht immer grün. Vor Jahren einigte man sich darauf, zur Befriedung nicht weiter eigene Sprösslinge ins operative Geschäft zu schleusen. Aus dem Beirat heraus kontrollieren die Familien die Geschäftsleitung. Der Beirat trifft die Richtungsentscheidungen.

Gewinn hält nicht Schritt

Breuninger prosperiert, hat 2021 erstmals einen Milliardenumsatz geschafft und 2022 laut dem im Juli 2023 gebilligten Konzernabschluss – neuere Zahlen liegen nicht vor – auf 1,18 Milliarden zugelegt. 2021 übernahm man in München das Modehaus Konen, samt Immobilie, und das 11 000 Quadratmeter große Modehaus Bram in Luxemburg. Man habe „an den Besten in der Branche verkauft“, so Konen.

Der Konzerngewinn hielt 2022 mit dem Umsatzwachstum nicht Schritt. Er war mit 7,3 Millionen Euro geringer als 2010 (12,7 Millionen), als Breuninger sein weites Reich erstmals in der BSG-Beteiligungs GmbH bilanzierte. Bei BSG allein stehen rund 900 Millionen Euro Immobilienwert in der Bilanz, bei einer extern geführten Münchener Objektgesellschaft (Osaram GmbH) sind es 234 Millionen bei 132 Millionen Euro Kredit. Für 2023 lautete die Voraussage, dass das Jahresergebnis trotz weiter starkem Umsatzwachstum „plangemäß deutlich unter dem Vorjahr“ liegen werde. Als Grund werden weiterhin hohe Investitionen „in Innovation und Expansion“ genannt.

Verschuldung steigt während Corona

Die BSG-Bilanzen zeigen, dass das Unternehmen nicht auf flotte Gewinnmaximierung, sondern auf stetiges Wachstum setzt. Dazu wurde erheblich investiert, eben in neue Häuser (Dorotheen-Quartier, Konen) und den Versandhandel (das Logistikzentrum in Sachsenheim wurde 2023 um 40 000 auf 116 000 Quadratmeter erweitert). In der Folge, aber auch durch Corona, nahm die Verschuldung von 255 (2010) bis 2022 auf 542 Millionen Euro zu. In der Corona-Krise ging Breuninger bei Staatshilfen, anders als Galeria-Kaufhof des Unternehmers René Benko, leer aus. Eine Klage gegen die Ungleichbehandlung blieb erfolglos. Um Liquidität zu sichern, griff man in Stuttgart 2020 zu einem KfW-Kredit. Ein Verlust von 26,5 Millionen Euro ließ sich nicht abwenden.

Weniger Geld für Eigentümer

Die Anteilseigner hadern heute mutmaßlich mit der 100-Millionen-Spritze der Förderbank. Denn von dieser sind sie persönlich betroffen. Seit 2010 lagen die Ausschüttungen an die Unternehmenseigner und Minderheitsgesellschafter bei rund 3,8 Millionen Euro jährlich, seit 2021 liegen sie wegen der KfW-Kreditvorgaben bei der Hälfte. Gemessen am Eigenkapital wäre eine Festgeldanlage für die Familienstämme rentierlicher. Die Konzerneigenkapitalquote war 2022 mit 29,3 Prozent „weiterhin überdurchschnittlich gut“, heißt es im testierten Abschluss.

Erheblicher Kapitalbedarf

Milliardenausschüttung möglich

Denken die Eigentümer bereits seit den Seuchenjahren über einen Verkauf nach? Zwischenzeitlich wurde über eine Übernahme des KaDeWe durch Breuninger spekuliert. Sie fand nicht statt, aber auch ohne wird der Kapitalbedarf in den nächsten Jahren erheblich sein. Die Breuninger-Länder in Ludwigsburg und Sindelfingen sollen aufgefrischt und erweitert werden, in Hamburg tritt man erstmals auf, in Sindelfingen will man auf dem bisherigen Parkplatz für eine halbe Milliarde Euro das Goldbach-Quartier hochziehen, in Stuttgart entsteht auf der Fläche der alten eine zeitgemäße, aber auch teure neue Parkgarage. Geht das alles weiterhin aus eigener Kraft, mit höheren Schulden? Oder wäre es sinnvoll, Projekte wie das am Goldbach abzugeben? Angesichts der Zahlen stellt sich für Eigentümer die Frage nach dem steigenden Risiko bei schmaler Rendite. Beim Verkauf könnte mit einem Erlös von wohl weit über einer Milliarde Euro gerechnet werden. Umgerechnet wäre das die reguläre Ausschüttung der nächsten 250 Jahre. Das könnte den Trennungsschmerz erheblich lindern.

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