Eine neue Getränkemarke, Soziale Medien und Schönheitsideale: Die Fitness-Influencerin Pamela Reif war auf Werbetour im Breuningerland Sindelfingen.
Ein altes VW-Cabrio gefüllt mit bunten Limodosen, ein Glücksrad, ein Produktstand und eine Schlange von mehreren Dutzend meist jungen Frauen – die Szene am Mittwochvormittag im Breuningerland Sindelfingen lässt schon vermuten: Hier schlägt in Kürze ein Promi auf. Während manche Passanten irritiert an der Menschenansammlung vorbeilaufen, warten die Fans auf den Moment, in dem sie die bekannte Fitness-, Food- und Lifestyle-Influencerin Pamela Reif treffen. Sie ist an diesem Morgen in Plauderlaune.
Sindelfingen ist Teil einer Deutschland-Tour, die die Unternehmerin derzeit unternimmt, um eine zuckerfreie Ballaststoff-Limonade zu vermarkten. Mit Reif hat die neugegründete Stuttgarter Getränkefirma um Fabian Huber eines der bekanntesten Gesichter der Influencerbranche als Investorin gewinnen können.
Die Produkte der Fitnessinfluencerin sind aber für die Fans nur ein von mehreren Gründen in dem Einkaufszentrum aufzuschlagen, wie Lisa und Tina erklären: „Wir sind extra aus dem Neckar-Odenwald-Kreis angereist. Wir haben all ihre Produkte zuhause und mögen ihre authentische Art.“ Für den Ausflug nach Sindelfingen hat sich Pamela-Fan Lisa freigenommen. „Mit dem Foto, der Umarmung und dem Schwätzchen ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Deshalb flossen auch Tränen“, so die Mosbacherin, die unumwunden zugibt: „Wahrscheinlich könnte sie alles verkaufen, und ich würde es kaufen.“
Mit ihrer Bewunderung sind die beiden Frauen nicht alleine: Die 29-jährige Reif hat auf Instagram neun und auf Youtube zehneinhalb Millionen Follower. Auf Tiktok sind es rund 980 000. Ob „Grow your booty“ oder ein funktionales Oberkörper-Workout – die Karlsruherin wurde vor allem durch Fitnessvideos bekannt. Auch im Sindelfinger Publikum gibt es Frauen, die durch Reif Gefallen am Sport gefunden haben.
Während Corona vielen Unternehmern schwer zu schaffen gemacht hat, ist Reif richtig durchgestartet. Noch heute profitiert sie – sie bringt neben einer Fitnessriegelmarke auch eine App mit Sporttipps und Rezepten raus – von dem Boom. „Während Corona, als Fitnessstudios und Sportvereine nichts anbieten konnten, sind die Follower-Zahlen von zwei auf acht Millionen nach oben gegangen. Das hat sich mittlerweile auf einem hohen Niveau eingependelt“, sagt Reif. Mit ihren Videos wolle sie dazu beitragen, dass Menschen fit blieben und etwas über gesunde Ernährung lernten. „Ich promote nur Dinge, die ich selbst mache oder konsumiere“, betont sie, der Kritiker mitunter vorwerfen, zu sehr auf Kommerz zu setzen. Der wirtschaftliche Erfolg spricht Bände: Ein Magazin führt die Einser-Abiturientin als erfolgreichste Fitnessinfluencerin der Welt.
Die Sozialen Medien sind natürlicherweise das Arbeitsfeld der Influencerin. „Ich bin hauptsächlich damit beschäftigt, für Instagram Content zu erarbeiten. Mittlerweile arbeite ich aber täglich unternehmerisch, um meine Produkte zu betreuen. Einen Tag, an dem ich keine Sozialen Medien nutze, gibt es nicht“, gesteht Reif. Manchmal wünsche sie sich, komplett abschalten zu können, aber auch ein Medienprofi wie sie unterliege immer wieder den Tücken des Internets. Dass die Wirkung von Social Media, wie sie sich die 29-Jährige auch zu Nutzen macht, nicht nur positive Seiten hat, weiß Reif: „Ob ich Videos mache oder nicht, die Menschen sind sowieso online. Mir ist es wichtig, dass ich durch meine Präsenz Positives bewirken kann. Es ist nicht nur Selbstinszenierung.“
Social Media-Persönlichkeiten wie die millionenschwere Karlsruherin haben heute mutmaßlich einen großen Einfluss auf junge Menschen, besonders junge Frauen. Studien belegen, gerade junge Frauen orientieren sich stark an aus dem Internet vermittelten Körperbildern und Schönheitsidealen. Wenn man den Besucherinnen zuhört, ist klar, einer dieser Idole ist auch die mit rund 800 Millionen-Klicks reichweitenstarke Pamela Reif. „Mein Hauptpublikum auf Social Media ist zwischen 20 und 40 Jahren. Wenn, dann sind es die sehr jungen Frauen, die versuchen zu kopieren. Die unter-18-Jährigen machen bei aber nur zwei Prozent aus. Ich glaube, in dem Alter 20 bis 40 sind die meisten schon so angekommen, dass sie nicht versuchen, mir nachzueifern“, erklärt Reif. Sie ziele jedenfalls nicht darauf ab, jungen Frauen ein bestimmtes Körperbild zu vermitteln, das für den Großteil möglicherweise unerreichbar ist.
Auch wenn das Internet und die Sozialen Medien Reif beruflich großen Erfolg gebracht hat, für Kinder und Jugendliche wünscht sich die 29-Jährige eine Rückbesinnung auf das, wie sie selbst aufgewachsen sei. „Spielen, mit Stift und Papier etwas malen, ein Mandala ausmalen. Das hab ich früher gemacht. Dass Kinder schon Smartphones haben und so zu süchtigen, passiven Konsumenten werden, besorgt mich“, betont Reif während ihrer „Meet & Greet“-Pause. Nach einigen Minuten geht es wieder weiter, es warten wieder neue Fans.
