Es ist nicht schlimm, die 14 Jahre alten Zwillinge Lisa und Lena aus Stuttgart nicht zu kennen. Es zeigt nur, dass man nicht so recht im Internet zuhause ist. Denn dort haben die beiden zig Millionen Fans.

Stuttgart - Es dauert keine vier Minuten, da pirschen sich Jugendliche auf dem Stuttgarter Schlossplatz an die Zwillinge Lisa und Lena heran. „Dürfen wir ein Foto?“ Klar. Dürfen sie, auch bei unserer Verabredung. Die Selfies sind schnell gemacht. Es gibt wenig Worte, aber jede Menge Gekicher. Die beiden blonden Mädels sind 14 Jahre alt. Und Stars. Im Netz. Sie posen zu Playback-Videos. Teenies kennen Lisa und Lena meist von den Filmchen auf ihren Handys. Andere Leute, besonders ältere, fragen: Was machen die eigentlich?

 

Die Schülerinnen laufen sich warm

Die Antwort könnte lauten: Die Schülerinnen laufen sich warm für eine Karriere auf dem Markt der Internet-Aufmerksamkeit. Youtube oder Instagram haben neue Namen hervorgebracht. Die Promi-Landschaft wandelt sich. Firmen entdecken den Werbewert. Lisa und Lena haben da viel Potenzial. Die zwei kommen auf mehr als 5,2 Millionen Abonnenten - oder Fans - bei der Bilderbörse Instagram. „Das ist halt echt krass“, sagt Lisa. Lena ergänzt: „Dass den Leuten das so gefällt, das ist schon cool.“ Die Zahnspangen blitzen auf. Bei beiden. Synchron.

Der eigentliche Kick für das Duo jedoch sind die Auftritte bei der international erfolgreichen App musical.ly. Für ihre bis 15 Sekunden langen Selfie-Musikclips mit Hits von Weltstars wie Rihanna oder Taylor Swift erfinden sie Choreographien, tanzen und bewegen ihre Lippen zum Songtext. Am Strand, mit Donuts in den Händen, mit Blumen im Haar. Die Zahl ihrer Fans dort nähert sich zehn Millionen.

Die Zwillinge sind typisch für das Phänomen. Der Name: Influencer. Das Wort kommt vom englischen „influence“, Einfluss. Lena und Lisa haben in ihrer Freizeit Filmchen fürs Netz gebastelt. Erstmal zum Spaß. Andere fanden’s gut. So passiert es oft in der Szene.

Geld verdienten sie damit aktuell nicht

Berühmt ist heute also nicht nur, wer als Musiker oder Schauspieler Leistung abliefert. Sondern auch jemand, der viele Likes und Herzchen von Nutzern in den Netzwerken bekommt. Etwa für Schminktipps oder Playback-Videos. Lisa und Lena imitieren Songs, wie es Mädchen mit der Haarbürste als Mikrofon im Badezimmer machen. Geld verdienten sie damit aktuell nicht, sagt ihr Manager. Könnten sie aber.

Denn Unternehmen machen sich die Reichweite von Internetstars für ihre Werbung verstärkt zunutze. Marken buchen Influencer für Produkte. Diese stellen Hinweise darauf ins Netz oder erwähnen es in Videos. Agenturen vermitteln Influencer. Der Preis der Stars steigt mit der Zahl ihrer Fans. Wer die junge Generation Selfie erreichen will, braucht Werbung, die auf dem Smartphone funktioniert. Und der Markt für mobile Werbung wuchs zuletzt um mehr als 700 Prozent.

Influencer - das können Models, Moderatoren, Comedians oder Computerspieler sein. Oder Schüler. Manche setzen sich mit „Duckface“ - Enten-Schnute - und Bikini in Szene, andere lassen sich zu Konzerten einladen und packen „Geschenke“ von Luxusmarken aus. Manche Influencer bekommen Einladungen, andere Gagen. Oder Produkte. Youtube-Stars können fünfstellige Summen im Monat verdienen, sagt ein Insider. Die Zwillinge Lisa und Lena könnten theoretisch 2000 bis 5000 Euro verlangen, wenn sie bei einem Instagram-Bild eine Marke erwähnen. Die US-Bloggerin Danielle Bernstein kann angeblich sogar umgerechnet rund 13 000 Euro erzielen - mit einem einzigen Bild.

Die Schule geht vor

Anders als Popstars wirken die Lochis oder Lisa und Lena nicht unerreichbar. „Die Influencer haben mittlerweile besonders bei der Jugend dieses Gefühl eines Freundes“, sagt der Youtuber Aaron Troschke (27). Kaufempfehlungen nimmt man dem Internet-Freund, der ein Computerspiel oder einen Lidschatten gut findet, eher ab.

Eine Zeit lang rückten Lisa und Lena ein Stuttgarter Modelabel ins rechte Licht. Die Zusammenarbeit wurde aber beendet. Ihr Manager Henning Mielke versichert: Die Zwillinge verdienten - noch - kein Geld. Man suche etwas Nachhaltiges. Lena beteuert, dass sie normal bleiben wollten. Lisa ergänzt: „Wir machen das ja aus Spaß, nicht aus Geldgier.“ Und: die Schule gehe vor.

„Wir fördern sie, solange sie in der Schule nicht nachlassen“, mahnt die Mutter. Natürlich habe sie sich Instagram angeschaut, bevor sie grünes Licht gab. Und natürlich wäre ihr der Erfolg ein paar Jahre später auch lieber gewesen. Talent hätten ihre Töchter aber ohne Zweifel. Bislang hätten sie und ihr Mann den Wunsch der beiden, Schauspielerinnen zu werden, stets bewusst überhört. „Sie haben sich das jetzt komplett selbstständig erarbeitet. Da wäre es nicht fair, als Eltern ihnen diese Chance nicht zu ermöglichen“, sagt die Mutter.