Islamischer Terrorismus Hohes Risiko durch einen Islamisten in Stuttgart

Polizisten sichern nach einem Terroralarm zum Jahreswechsel den Kölner Dom. In Stuttgart geht derzeit ein hohes Risiko von einem islamistischen Gefährder aus. Foto: /Christoph Hardt

Baden-Württembergs Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass von einem in Stuttgart lebenden, islamistischen Gefährder ein hohes Risiko ausgeht, dass er einen Anschlag begehen könnte.

In der Landeshauptstadt lebte am 1. Juni mindestens eine Person, die von den Sicherheitsbehörden Baden-Württembergs als islamistischer Gefährder eingestuft wird und von der ein hohes Risiko ausgeht. Von mindestens einer zweiten Person gehe ein „moderates Risiko aus“. Das geht aus der Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Friedrich Haag im Landtag hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

 

Als Gefährder bezeichnet das Bundeskriminalamt (BKA) Menschen, bei denen es davon ausgeht, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung wie Terroranschläge begehen werden. Eine sogenannte relevante Person ist eine Person, bei der das BKA davon ausgeht, dass sie innerhalb des extremistischen und/oder terroristischen Spektrums als Führungsperson, Unterstützer, Logistiker oder Handelndem eine politisch motivierte Straftat von erheblicher Bedeutung fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt.

Zudem zählen die Kriminalen Kontakt- oder Begleitpersonen eines minderjährigen Gefährders zum Kreis der relevanten Personen. In den Bundesländern wie auch im Bund und Europa gelten für die Begriffe „Gefährder“ und „relevante Personen“ wie auch für Terrorismus teils unterschiedliche Definitionen, die zum Teil die Sicherheitsbehörden anders handeln lassen.

Alle in Stuttgart eingestuften und lebenden Personen „sind der salafistischen Ideologie – einschließlich des dschihadistischen Salafismus – zuzuordnen“, schreibt Innenminister Thomas Strobl (CDU) in seiner bemerkenswert unkonkreten Antwort dem Parlament. Nach der sank die Anzahl der Gefährder wie auch der relevanten Personen im Zeitraum von 2020 bis zum 1. Juni 2024 von einer „mittleren einstelligen“ auf eine „niedrige einstellige Anzahl“.

Wesentliches Merkmal des Salafismus ist es, dass er ausschließlich das als Vorbild für das Leben von Muslimen zulässt, wie der Prophet Mohammed und die ihm nach seinem Tod 632 folgenden beiden Generation von Gläubigen gehandelt und geglaubt haben. Weil die ersten schriftlichen Zeugnisse über das Leben des Religionsstifters drei Jahre nach dessen Tod auf Befehl seines Nachfolgers Uthmann verbrannt wurden, entstand erst ab 644 eine lose, sich immer wieder verändernde Sammlung von Versen, die ab 850 zum Koran zusammengefasst wurden. Der Salafismus orientiert sich im wesentlichen an den strengen und kompromisslosen Vorgaben des sogenannten Wahabismus. Einer im 18. Jahrhundert in Zentralarabien entstandenen Ideologie, die die Reinigung des Islam von späteren Neuerungen fordert.

Verwirrende Antwort des Innenminister

In seiner Antwort das Parlament schlüsselte Christdemokrat Strobl im Hier und Jetzt offenbar die Gefährder und relevanten Personen zunächst auf, fasste sie dann aber unvermittelt zusammen und verwirrt so den Leser. Er kommt zu dem Ergebnis, dass „eine mittlere einstellige Zahl“ der erfragten Personen ausreisepflichtig nach Syrien ist; mindestens eine in den Libanon. Zudem befinde sich mindestens eine dieser eingestuften Personen „mit russischer Staatsangehörigkeit in einem laufenden Asylverfahren“.

Die Gefahr eines islamistisch motivierten Anschlags, so schreibt Strobl, „ist nach Einschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz aktuell ein reales Bedrohungsszenario“. Diese Gefahr gehe insbesondere von dschihadistisch motivierten Einzelakteuren und Kleinstgruppen aus, „die zu einfachen Tatmitteln greifen“. Damit meint der Politiker Anschläge, bei denen Terroristen Autos oder Lastwagen in Menschengruppen steuern oder mit Messern auf ihre Opfer einstechen.

FDP-Mann Haag: „In Haft nehmen und abschieben“

Der die Fragen stellende Liberale Haag fordert, die Gefährder, von denen ein hohes Risiko ausgeht und die ausreisepflichtig seien, „in Haft zu nehmen, bis eine Abschiebung in ihr Heimatland möglich ist“. Alternativ könnte auch darauf hingewirkt werden, dass sie Deutschland von selbst verlassen. „Das gilt auch, wenn das Heimatland Syrien oder Afghanistan heißt. Denn jemand, der unsere Demokratie und unsere Sicherheit in Gefahr bringen will, hat jeglichen Anspruch auf Schutz und Unterbringung von vornherein verwirkt.“ Die Landesregierung solle nicht weiter zuschauen und abwarten, bis tatsächlich etwas passiert, sondern „endlich konsequent abschieben“.

Vor allem vor dem Hintergrund, dass Strobl nichts dazu sagt, wie hoch das Risiko ist, dass die Sicherheitsbehörden Gefährder und relevante Personen gar nicht mehr erkennt, weil die unter ihrem Radar bleiben. Oder dazu schweigt, ob eingestufte Personen einfach aus der Landeshauptstadt in andere Regionen Baden-Württembergs zogen, um sich der Beobachtung durch Polizei und Verfassungsschutz zu entziehen.

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