Im Innenministerium werden derzeit die Folgen eines starken Erdbebens simuliert, nächste Woche geht es in die Praxis. Rettungs- und Bergungsspezialisten aus ganz Europa sind dann am am Rhein im Einsatz.
In den frühen Morgenstunden hat sich in Nordbaden ein Erdbeben der Stärke 6,9 ereignet. Bereits zur Mittagszeit gibt es mehr als 100 Tote zu beklagen. 800 Personen sind verletzt, 500 werden vermisst. Und rund 100 000 Menschen sind obdachlos geworden, weil ihre Häuser eingestürzt sind. „Die Zahlen werden noch deutlich steigen, davon müssen wir zum jetzigen Zeitpunkt leider ausgehen“, sagt Michael Willms, der im Innenministerium Leiter des Referats Krisenmanagement ist.
Knapp 1000 Kräfte im Einsatz
Dass die Stimmung im Lageraum des Ministeriums an der Stuttgarter Willy-Brandt-Straße trotz dieser Hiobsbotschaften entspannt ist, hat einen einfachen Grund: Die Magnitude ist nicht nur eine Messgröße für die Stärke eines Erdbebens, sondern auch der Name einer 36-stündigen Katastrophenschutzübung. Sie findet vom 24. bis 26. Oktober mit knapp 1000 Kräften in Mosbach, Karlsruhe, Bruchsal und Mannheim statt. Im Vorfeld werden in dieser Woche, am Dienstag und Mittwoch, die ersten Stunden nach der Alarmierung durchgespielt. Von der Erstmeldung bis sich herausstellt, „dass eine Notlage besteht, die wir national nicht bewältigen können. Durch die Übung soll das Unvorstellbare vorstellbar gemacht werden, in der Hoffnung, dass dieser unwahrscheinliche Fall niemals eintritt“, sagt Innenminister Thomas Strobl, der betont, dass „Baden-Württemberg sehr gut aufgestellt ist“. Man sei schnell im Ahrtal gewesen, um zu helfen. „Wir haben auch Kräfte nach Bayern schicken können, obwohl wir selbst Überschwemmungen hatten.“
Im Innenministerium werden zunächst alle Informationen gesammelt und aufbereitet, um der Bevölkerung bestmöglich helfen zu können und die politischen Entscheider auf den aktuellen Stand zu bringen. Es gilt zum Beispiel zu koordinieren, wo sich die internationalen Einsatzkräfte treffen und wer mit wem spricht. Selbst Fake-News, die bei Katastrophen häufig in sozialen Netzwerken auftauchen, werden im Lauf der Übung immer wieder eingestreut. Sie gilt es, zeitnah zu widerlegen.
Vulnerable Personen im Fokus
Während sich derzeit alles noch „am Desk abspielt“, so Strobl, gehe es nächste Woche „aufs Feld“. Rettungs- und Bergungsspezialisten aus Österreich, Griechenland, der Schweiz, Frankreich und Deutschland erwarten dann austretende Gefahrenstoffe, verseuchtes Trinkwasser und eine Trümmerstrecke, die sie absuchen müssen. Im Rhein wird eine Schiffshavarie simuliert, außerdem ist die Evakuierung eines Diakonie-Gebäudes geplant. Dort setzt man nicht auf Schauspieler, sondern auf die echten Bewohner. Es sei ihm ein Anliegen, Menschen mit Handicap in die Übung einzubeziehen, so Strobl. Um vulnerable Personen müsse man sich im Ernstfall ja auch zuerst kümmern.
Ergebnisse der Übung, die erstmals in Deutschland stattfindet und vom Land Baden-Württemberg ausgerichtet wird, sollen 2025 vorliegen. Sie werden den anderen Ländern und dem Bund zur Verfügung gestellt. Das Projektvolumen liegt bei 1,36 Millionen Euro und wird von der Europäischen Kommission kofinanziert.