Eltern, Erzieherinnen und Politiker haben sich in Sachsenheim (Kreis Ludwigsburg) zu einem Kreis-Kita-Gipfel getroffen. Welche Probleme am drängendsten sind.

Ludwigsburg: Frank Ruppert (rup)

Der aktuelle Tarifkonflikt im öffentlichen Dienst und die damit verbundenen Streiks auch in Kindertageseinrichtungen haben im Landkreis Ludwigsburg zuletzt für Unmut bei Eltern gesorgt. Beim Kreis-Kita-Gipfel in Sachsenheim ging es am Samstag darum, gemeinsam mit Politik, Eltern und Fachkräften nach Wegen aus der Kita-Misere zu suchen, die die Beteiligten seit Jahren beschäftigt.

 

2024 hatte die SPD schon einmal zu einem solchen Gipfel für den Landkreis eingeladen. Die Probleme sind seither nicht kleiner geworden. Der Fachkräftemangel macht es Kommunen schwer, ausreichend Fachkräfte zu finden, um den Betreuungsbedarf zu decken. Der Mangel wiederum führt aus Sicht vieler Erzieherinnen dazu, dass die frühkindliche Bildung zu kurz kommt. Der Fokus auf den Inhalt wird erschwert, wenn es nur darum gehe Feuer auszutreten.

Gleichzeitig steigen die Kosten für die Eltern, was auch schon zu Demonstrationen geführt hat im Landkreis. Eine schwierige Ausgangslage also für den zweiten Kita-Gipfel der SPD. „Es geht darum die Leute zusammenzubringen und dann ein paar Punkte für die Landespolitik mitzugeben“, sagte Daniel Haas, der den Gipfel organisiert hatte.

In Workshops wurden beim Kita-Gipfel Forderungen an die Landespolitik formuliert. Foto: Werner Kuhnle

80 Eltern, Fachkräfte, kommunale Vertreter sowie der SPD-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident Daniel Born und der Bundestagsabgeordnete und SPD-Kreisvorsitzende Macit Karaahmetoglu nahmen an der Veranstaltung teil. Auch Vertreter der Gewerkschaften Verdi und GEW waren vor Ort.

Tarifkonflikt und Kita-Krise: Ein Austausch mit Perspektive

„Der aktuelle Tarifkonflikt mit den Streiks hat die Veranstaltung zum Glück nicht überlagert“, war Haas schon während des Samstagvormittags zufrieden. Auch wenn es in der Runde Optimismus gab, dass kommunale Arbeitgeber und Gewerkschaftsvertreter zu einer Einigung im Öffentlichen Dienst kommen, war allen klar, dass damit die grundsätzlichen Probleme bei der frühkindlichen Bildung nicht verschwinden würden. „Es geht ja dann wieder nur zulasten der Gemeinden“, fasste Anna Radermacher zusammen. Die Kornwestheimerin ist kürzlich ebenso wie ihr Landkreiskollege Sascha Mößner aus Sachsenheim in den Landeselternbeirat gewählt worden.

Die Finanzierung treibt viele um. Jan Hambach aus Freiberg am Neckar gab als Bürgermeister die Sicht vieler Kommunen wieder und warb dafür, vor allem das anzugehen, was realistisch finanzierbar sei. Zuvor war die Sprache von einem besseren Personalschlüssel, mehr Puffer im Krankheitsfall und auch weniger Dokumentationspflichten gewesen.

Finanzierung der Kitas: Dringender Handlungsbedarf

„Wir müssen bei der Finanzierung auch die Wirtschaft mit ins Boot holen“, sagte Ringo Meyer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Dass die Kommunen überfordert seien mit der Finanzierung fanden die meisten Teilnehmer, die sich zu Wort meldeten. Laut Meyer gehe es ganz grundsätzlich darum bei Kitas von dem auszugehen was Kinder bräuchten und dann dafür die Finanzierung zu finden und nicht umgedreht.

Auch Radermacher sprach die Finanzierung an und kritisierte massiv, die Vorgaben zu den Elterngebühren. Dass das Ziel sei, dass Eltern 20 Prozent der Kita-Kosten tragen, führe zwangsläufig dazu, dass die Gebühren in Höhen stiegen, die nicht mehr finanzierbar seien. Viele sprachen sich für kostenlose Kitas als Teil der Bildung aus, die ansonsten im Land auch kostenlos sei. Das fand Unterstützung von Born, der dazu aufrief, sich überall dafür einzusetzen.

Bessere Rahmenbedingungen für Erzieherinnen gefordert

Neben der Finanzierung ging es vor allem um bessere Rahmenbedingungen für die Fachkräfte. Diese sollten sich nach Einschätzung von Erzieherinnen auf die pädagogische Arbeit konzentrieren können. Auch eine stärkere Spezialisierung wurde gefordert. Die Grundausbildung als pädagogische Fachkraft werde einem Großteil der Kinder heute nicht mehr gerecht. Erzieherinnen forderten zudem, dass man mit zusätzlichen Programme aufhöre, die die Kinder auf die Schule vorbereiten sollen, aber untauglich dafür seien und zu viel Zeit fressen. Genannt wurden die Juniorklassen und Sprachfit.

Elternvertreter sprachen sich für mehr Wertschätzung der Kita-Fachkräfte aus und dafür, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, etwa mit flexibleren Kita-Zeiten, vor allem aber mehr Verlässlichkeit.

Entwicklungsland in der frühkindlichen Bildung

Im Rahmen des Gipfels wurden auch mehr als 30 Plakate präsentiert. Darauf brachten Elternbeiräte aus dem gesamten Landkreis ihre zentralen Forderungen zum Ausdruck. „Diese Schilder stehen für die Stimmen unzähliger Familien, die sich eine bessere Betreuungssituation wünschen. Wir erwarten, dass die Politik handelt“, so Miriam Rieck, Vorsitzende des Landkreiselternbeirats Kita.

Am Ende waren sich die Beteiligten einig darin, dass ein solcher Austausch wie beim Gipfel notwendig ist. Viele Wünsche von Fachkräften und Eltern überschneiden sich. Wie drängend die Probleme sind, erklärte Ringo Meyer, der von einem Entwicklungsland in Sachen frühkindlicher Bildung sprach: „Es ist ist nicht fünf vor zwölf, sondern schon viel später.“