Knappe Wiederwahl in Stuttgart Deutlicher Dämpfer für Grünen-Baubürgermeister Pätzold

Peter Pätzold (li.), bleibt für weiter acht Jahre Baubürgermeister. OB Frank Nopper gratulierte nach der Wahl. Foto: Stadt Stuttgart/Franziska Kraufmann

31 Stimmen benötigte Peter Pätzold für seine Wiederwahl zum Baubürgermeister in Stuttgart. Der Kandidat der Grünen erreichte die benötigte Anzahl. Viel mehr wurden es aber nicht.

Seit acht Jahren führt der Grüne Peter Pätzold als Fachbürgermeister das Referat für Städtebau, Wohnen und Umwelt der Landeshauptstadt Stuttgart. Am 18. Juni 2015 war er mit 37 von 58 Stimmen gewählt worden. Am Donnerstag stellte sich Pätzold (54) für weitere acht Jahre zur Wahl. Seit seinem Amtsantritt habe man „entscheidende Schritte umgesetzt“, um Stuttgart zu einer nachhaltigen Stadt zu entwickeln. Man sei frühzeitig in die Energiewende eingestiegen, habe ein Programm im Umfang von 200 Millionen Euro zum Klimaschutz aufgelegt. Mit dem Beschluss aus dem Vorjahr, Stuttgart bis 2035 klimaneutral zu machen, habe man die Ziele noch einmal deutlich höhergesteckt. Stuttgart gehe in vielem voran, so Pätzold. „Ich mag diese Stadt, ich arbeite gern für diese Stadt und ihre Menschen“, so der Kandidat. Er wolle zielorientiert und pragmatisch anpacken.

 

Die neue Periode startet am 1. September

Seine Arbeit wird Pätzold, der in Stuttgart studierte und 14 Jahre als Freier Architekt selbstständig arbeitete, vom 1. September an fortsetzen können, von da an läuft die neue Amtszeit. Ordentlich Rückenwind hat der Gemeinderat dem Grünen allerdings nicht mitgegeben. Bei der Wahl erhielt Pätzold 32 Stimmen, 31 waren notwendig. 27 votierten gegen ihn, es gab eine Enthaltung. Die Fraktion der Grünen, die stärkste im Rat, verfügt über 16 Köpfe. In ihren Reihen gab es erstaunte bis konsternierte Blicke und unmittelbar nach der Bekanntgabe des Votums durch OB Frank Nopper (CDU) Getuschel über die Bänke hinweg. Die Grünen sind bei dieser Bürgermeisterwahl am größten anzunehmenden Unfall knapp vorbeigeschrammt.

Doch warum reüssierte Pätzold nur derart knapp? Vor der Wahl hatten sich die Fraktionssprecher bedeckt gehalten. Lob gab es kaum, außer von den Grünen selbst, aber eher lauwarm, weil Pätzold sich vehement gegen zusätzliche Gleise, aber für eine rasche Bebauung des S-21-Areals ausspricht. Das kam im Ökolager nicht überall gut an. Von den anderen Fraktionen gab es das Statement, dass man das ungeschriebene Stuttgarter Gesetz, wonach ein Bürgermeister wiederzuwählen sei, solange er keine silbernen Löffel eingesteckt hat, nicht umschreiben werde. Selbst wenn man den Kandidaten für mäßig talentiert halten würde. Man gehe von einer Wiederwahl aus, hieß es bei der SPD (sieben Köpfe). Von ihr könnten Stimmen gekommen sein, auch von FDP und Freien Wählern (je vier Köpfe), doch das ist spekulativ. Scharfe Kritik an Pätzold äußerte das Linksbündnis. Es erkennt auf vielen Feldern Stillstand.

Was ist tatsächlich umgesetzt?

Pätzold führt mit den Themen Bauen, Wohnen und Umwelt ein riesigen Bereich, der in Zeiten des Klimawandels und der Wohnraumknappheit zunehmend wichtiger geworden ist. Nachhaltige Mobilität, Stadtumbau in Richtung Klimaresilienz, das von der Mehrheit gewünschte zurückdrängen des Autoverkehrs, mehr Radspuren, der konsequente und rasche Ausbau der Fotovoltaik, das alles wird zwar angegangen, „umgesetzt“, wie Pätzold meint, ist aber offenbar vielen noch viel zu wenig. Der Fotovoltaik-Ausbau zum Beispiel ist geradezu kümmerlich. Erst vor wenigen Wochen hatte der Leiter Energiewirtschaft im Umweltamt das Solar-Ausbauziel bis 2035 um 75 Prozent heruntergeschraubt und damit ganz nebenbei das Klimaschutzziel kassiert. Das gebe man nicht auf, hatte Pätzold daraufhin auf Nachfrage unsere Zeitung betont, auch wenn es „gar nicht so einfach“ werde, es zu erreichen.

Bürgerbeteiligung allgemein wird von den Grünen, auch bei Bauprojekten, großgeschrieben. Für die S-21-Wohnbaufläche hat sie inzwischen mehrfach stattgefunden. Zu eindeutigen Festlegungen außer der, den Artenschutz in Teilen (Mauereidechsen) ignorieren zu wollen, was Pätzold am Donnerstag erneut betonte, ist es bisher nicht gekommen. Auch er sei mit der Dauer von Verfahren unzufrieden, sagte der Baubürgermeister am Donnerstag, aber man rede Stuttgart „oft zu schlecht“. Dabei sei Stuttgart schön.

Weitere Themen