54-Jähriger muss wegen Marktmanipulation 3600 Euro zahlen. Auch dem Bankberater droht ein Verfahren.

Leonberg - Mit einem sogenannten Wash-Sale hatte sich ein Aktienbesitzer aus Renningen steuerliche Vorteile erhofft. Doch am Ende landete der Mann auf der Anklagebank des Leonberger Amtsgerichts. Denn mit der nach dem Wertpapierhandelsgesetz verbotenen Transaktion machte er sich der Marktmanipulation schuldig. Das Brisante: nicht einmal sein Bankberater hatte ihm davon abgeraten.

 

Der 54-Jährige hatte im Sommer 2013 seinen Vermögensberater bei der Hausbank damit beauftragt, 10 000 festverzinsliche Wertpapiere aus seinem Depot zu verkaufen und schnellstmöglich wieder zu kaufen. Auf diese Weise wollte der Anleger die Steuerlast aus einem zuvor erzielten steuerpflichtigen Gewinn mindern. Denn beim Wash-Sale, auch bekannt als „In-sich-Geschäft“, erfolgt der Wertpapierverkauf zwar mit einem Verlust, dieser wird aber wieder mit den Gewinnen aus Verkäufen innerhalb der angerechneten Periode verrechnet – somit kommt es de facto zu keinem Minusgeschäft. Doch eine solche Transaktion ist laut dem Wertpapierhandelsgesetz verboten. Damit wird nämlich in unzulässiger Form in den Preisfindungsprozess an der Börse eingegriffen und dem Markt signalisiert, dass das dabei entstehende Geschäft das Ergebnis einer marktmäßigen Zusammenführung von unabhängigem Angebot und Nachfrage ist – obwohl es sich beim Käufer und Verkäufer in Wirklichkeit um ein und dieselbe Person handelt.

Angeklagter ist sich keiner Schuld bewusst

Der Angeklagte hatte in der Verhandlung argumentiert, dass es ihm bei der Transaktion nicht klar gewesen sei, gegen das Gesetz zu verstoßen. Schließlich habe er sich auf die Expertise seines langjährigen Bankberaters verlassen. Dieser hatte damals die Order anstandslos veranlasst und die Wertpapiere nur zwei Minuten nach dem Verkauf wieder gekauft. „Ich habe nur das getan, was mir aufgetragen wurde“, erklärte der inzwischen pensionierte Vermögensberater, der offenbar selbst nicht wusste, dass der Verkauf und Kauf der Wertpapiere innerhalb kürzester Zeit Ärger nach sich ziehen könnte. Bei seiner Vernehmung konnte der Bankkaufmann auch nichts mit dem Begriff des Wash-Sales anfangen.

Doch auch der damalige Vorstandsvorsitzende des Bankinstituts sowie der direkte Vorgesetzte des zuständigen Beraters gaben vor Gericht eine unglückliche Figur ab. So wurde die Frage des Staatsanwalts, ob die Mitarbeiter bei Wertpapiergeschäften dazu verpflichtet seien, die Kunden auf die strafbare Handlung hinzuweisen, verneint. Ferner werden Kunden, die eine solche Transaktion über das Online-Portal der Bank tätigen, nach wie vor nicht auf das Risiko aufmerksam gemacht. Und selbst nach dem folgenreichen Vorfall hielt es die Führungsriege offenbar nicht für notwendig, die internen Richtlinien zu überarbeiten.

Am Ende seiner Vernehmung gestand der frühere Vorgesetzte des zuständigen Beraters dann aber doch: „Mit den heutigen Erkenntnissen hätte ich den Auftrag sicherlich nicht so ausgeführt.“ Die Sache kam übrigens ins Rollen, nachdem die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf das ungewöhnliche Wertpapiergeschäft aufmerksam geworden war.

Richterin geht von vorsätzlichem Gesetzesverstoß aus

Dass der Renninger nichts von einem Gesetzesverstoß wusste, nahm ihm die Amtsrichterin nicht ab. „Sie waren ein verständiger Anleger, das zeigte sich nicht zuletzt daran, dass Sie bei der Transaktion steuerliche Vorteile im Sinn hatten“, sagte Jasmin Steinhart und erkannte auf Vorsatz. Die Richterin verurteilte den Mann zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro. Die gleiche Summe hatte zuvor auch der Staatsanwalt gefordert. Die Verteidigung plädierte derweil auf Freispruch.

Das verbotene Wertpapiergeschäft wird auch ein Nachspiel für den ehemaligen Mitarbeiter der Bank haben, der bereits pensioniert ist. Der Staatsanwalt ließ am Ende der Verhandlung in Leonberg durchblicken, dass sich auch dieser auf einen Prozess wegen Marktmanipulation gefasst machen kann. „Wenn sich der Angeklagte strafbar gemacht hat, dann gilt das genauso für seinen Berater“, sagte er.