Mit einem Mix aus Wohnen, Handel, Gastro und Kultur soll das Leonhardsviertel zum urbanen Zentrum werden. Die Gründerinnen von Frau Blum freuen sich, dass sie ein Teil davon werden. Ihr etwas anderer Sex-Shop zieht vom Westen in die Altstadt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Besser hätte es für sie nicht kommen können. Davon sind die Schulfreundinnen Mascha Hülsewig und Alexandra Steinmann überzeugt, die sich vor elf Jahren mit einem etwas anderen Sex-Shop im Stuttgarter Westen selbstständig gemacht haben und nun mit ihrer Frau Blum an einen Ort umziehen werden, von dem sie bisher nur träumen konnten.

 

Künftig sind sie quasi mittendrin im Leben – sie werden Teil des sich wandelnden Leonhardsviertels, das nach dem Willen des Gemeinderats zum urbanen Zentrum mit einem Mix aus Wohnen, Handel, Gastro und Kultur werden soll. Die Laufkundschaft wird dank der City-Lage für die Blums deutlich höher als bisher sein.

„Ins Leonhardsviertel passen wir gut“

Der alte Standort im Westen war zunehmend zum Problem geworden, weil zum einen der Hauseigentümer die Miete drastisch erhöht hatte und andererseits der neue Superblock rund um die Augustenstraße die Lage für den Einzelhandel verschlechtert habe – Kunden blieben fern, weil sie keinen Parkplatz mehr fanden. Die neue Adresse der Blums lautet: Hauptstätter Straße 43.

Am Karsamstag eröffnet die Erotik-Boutique Frau Blum, die sich als „Institut für sexuelle Bildung“ sieht und mit zahlreichen Veranstaltungen in den vergangenen elf Jahren zum Kulturtreff geworden ist, am neuen Standort zwischen den Bars Weißes Ross und Immer Beer Herzen – in den früheren Räumen eines Spätkiosks, der selbst umzieht.

„Ins Leonhardsviertel passen wir sehr gut“, findet Mascha Hülsewig. In der Nähe befinden sich schließlich drei Orte mit Menschen, mit denen die Blums bisher schon sehr viel zu tun hatten: Fanny di Favola veranstaltet einmal im Monat donnerstags eine Burlesque-Show in der Uhu-Bar, die Sängerin Sandra Hartmann bespielt den Teamroom, einen „Freiraum für subkulturelle Zusammenkünfte“ in der Speakeasy-Bar Holzmaler. Und obendrein beherbergt das Viertel den Utopia Kiosk, einen queeren Kunst- und Kulturort, mit dem das Erotikgeschäft eng zusammenarbeitet.

Die Blums sind aus ihrem alten Standort im Stuttgarts Westen ausgezogen. /Alexandra Klein

Als der Hausbesitzer des neuen Blum-Standorts im vergangenen Jahr in unserer Zeitung las, wie hitzig über den Superblock im Westen diskutiert wurde, über den sich die Einzelhändler alles andere als begeistert äußerten, bot er Mascha Hülsewig und Alexandra Steinmann die Räume an der Hauptstätter Straße an. Für die beiden, die angesichts steigender Energiekosten und nachlassender Umsätze ums Überleben kämpfen, wurde dies zum Glücksfall.

Sexpositiv-Partys beflügeln Umsatz von Frau Blum

„Die Räume sind in etwa so groß wie unsere alten“, berichtet Hülsewig. Künftig werde man die Kinky-Abteilung deutlich vergrößern, da der Run auf Sexpositiv-Partys die Nachfrage nach Outfits und Accessoires für diesen Anlass steigen lässt. Mit zwei Mitarbeiterinnen werden Hülsewig und Steinmann ihr Geschäft vorerst montags bis samstags von 11 bis 18 Uhr öffnen. Da im Viertel vor allem abends viel los ist, können sie sich aber auch vorstellen, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt die Öffnungszeiten ausdehnen.

Ihre Arbeit ist nicht unwichtig, finden die Frauen. „Sexualität ist die stärkste Energie, die wir haben“, sagt Alexandra Steinmann, „Sexualität macht uns glücklich und friedlich.“ Damit meint sie auch: Ohne den Ausgleich durch Erotik wäre die Welt noch böser und gewalttätiger.