Die Fahrerinnen und Fahrer des Essenslieferdienst Lieferando legen am Samstag in Stuttgart die Arbeit nieder. Sie kämpfen für einen Tarifvertrag.
Es ist bequem, schnell, oft nicht besonders gesund, aber lecker: Essen vom Lieferservice. Dass es zügig bei den Kunden landet, dafür sorgen unter anderem Lieferdienste. Zu den bekanntesten gehört Lieferando – mit rund 7000 Beschäftigten zählt das Unternehmen zu den Marktführern in Deutschland. Mit ihren orangefarbenen Outfits sind die sogenannten Rider kaum zu übersehen.
Dass die Arbeitsbedingungen in der Branche nicht gerade gut sind, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Immer wieder machten in der Vergangenheit ehemalige Beschäftigte auf die Zustände aufmerksam.
Lieferando-Streik in Stuttgart: Ab 17 Uhr keine Lieferungen mehr
Nun machen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Stuttgart auf die Probleme aufmerksam. An diesem Samstag treten sie in den Streik. Für mehrere Stunden werden keine Essen ausgefahren.
Zum Streik aufgerufen hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Die Gewerkschaft habe Lieferando bereits im Februar 2023 zu Tarifverhandlungen aufgefordert, heißt es in einer Mitteilung. „Auf die Forderung nach einem Tarifvertrag, in dem unter anderem ein garantierter Stundenlohn von 15 Euro und verbesserte Arbeitsbedingungen festgeschrieben werden sollen, hat das Unternehmen seit mehr als einem Jahr nicht reagiert“, so die NGG.
Die Beschäftigten des Lieferdienstes machen ihrem Ärger am Samstag in der Stuttgarter Innenstadt auf dem Kleinen Schlossplatz Luft. Los geht es um 17 Uhr. Sprechen wird unter anderem Udo Lutz, Stadtverbandsvorsitzender des DGB. Geplant ist auch eine Kundgebung vor dem sogenannten Lieferando Hub in der Friedrichstraße.
Kunden könnten Ausstand zu spüren bekommen
Lieferando-Kunden könnten den Ausstand durchaus zu spüren bekommen. „Wir sind optimistisch, dass wir den Betrieb beeinträchtigen – vielleicht sogar zeitweise lahmlegen“, sagt Magdalena Krüger, Geschäftsführerin der Gewerkschaft NGG in Stuttgart. „Seit fast zwei Jahren stellt sich Lieferando taub. Gerade nach der hohen Inflation der letzten Jahre ist ein Tarifvertrag mehr als überfällig.“
In Dortmund, Köln, Berlin und Frankfurt gab es bereits Streiks – nun ist also Stuttgart dran. „Die Kuriere in Stuttgart wollen einen Tarifvertrag und mit ihm einen fairen und verbindlichen Lohn für ihre harte und oft gefährliche Arbeit“, sagt Krüger. In Stuttgart hatten die Beschäftigten im Februar dieses Jahres bereits die Arbeit niedergelegt.
Was fordert die Gewerkschaft von Lieferando?
- Mindestens 15 Euro pro Stunde garantiert, Zahlung eines 13. Monatsgehalts
- Angemessene Zuschläge für Schichten am Abend, zu Stoßzeiten, am Wochenende und an Feiertagen
- Sechs Wochen bezahlter Urlaub
- Volle Bezahlung der letzten Fahrt nach Hause
- Übernahme Diebstahlversicherung für Fahrrad und Scooter
- Kilometerpauschale in Höhe von 0,6 Euro je Kilometer (Auto), beziehungsweise 0,4 Euro je Kilometer mit dem Scooter
- Übernahme der Diebstahlversicherung Fahrrad und Scooter und einer gewerblichen Kasko- beziehungsweise Haftpflicht für alle privaten Autos, die dienstlich genutzt werden
- Arbeitshandy oder Smartphonepauschale in Höhe von 59 Euro im Monat
Einen Einblick in die Arbeit bei Lieferando gibt Lukas Frey, er ist Mitglied der Tarifkommission und des Stuttgarter Betriebsrats bei Lieferando. „Uns wurde in der Vergangenheit die Arbeitszeit zusammengekürzt und die Strecken verlängert. Zuletzt wurden uns die Diensthandys abgenommen, sodass wir jetzt wieder unsere privaten Telefone nutzen müssen“, sagt Frey.
Er und viele seiner Kolleginnen und Kollegen befürchten, dass viele von ihnen demnächst am Ende des Monats weniger Geld auf dem Konto haben werden, weil das Lohnsystem verändert werde. „Wir haben die Unsicherheit satt.“