Mancher Verwaltungsvorgang kostet mehr, als er einbringt. Könnte man ihn dann nicht einfach sein lassen? Bei dieser Entscheidung sind der Stadt Stuttgart manchmal die Hände gebunden.
Diverse Immobilieneigentümer in Stuttgart reiben sich seit dem Versand der neuen Grundsteuerbescheide 2025 angesichts von bis zu vierstelligen prozentualen Aufschlägen die Augen und denken an juristische Gegenwehr. Viele andere in dicht bebauten Vierteln mit wenig Freifläche um ihre Heimstatt freuen sich still über die Entlastung der Haushaltskasse, weil die Steuer durch den neuen Modus dauerhaft sinkt. Eine dritte Gruppe sieht sich durch die Neuberechnung erstmals mit einem Grundsteuerbescheid für ihr Stückle konfrontiert und wünscht sich insgeheim eine schnittfeste Kettensäge gegen den Bürokratiedschungel. Denn selbst verschwindend geringe Steuerbeträge werden von der Stadt eingefordert.
Vier Zahlungstermine für zehn Cent
Ein Beispiel: 50 Jahre lang war das kleine Gartengrundstück in Stuttgart-Hofen von der Grundsteuer verschont, nun flatterte der Eigentümerfamilie für die 250 Quadratmeter ein Bescheid ins Haus. In der zweiten Februarhälfte forderte die Stadt die erste von vier Raten ein. Kostenpunkt: 0,02 Euro. Wie es sich gehört, sind die drei weiteren Zahlungstermine mit je zwei und zum Jahresende vier Cent auf dem Beiblatt aufgeführt. Als die Rechnung im Briefkasten lag, war das erste Datum allerdings bereits um zwei Tage überschritten. Man könne, so die städtische Idee zur Bürokratieerleichterung, die Abgabe auch in einem Betrag bezahlen. Dann würden künftig in jedem Juli zehn Cent fällig. Ein formloser Antrag genüge.
Käme der womöglich zu spät bei der Stadtkasse an? In der gut geölten Maschinerie des Steueramtes greift in der Regel ein Zahnrad ins andere und löst für säumigen Centzahler eine freundliche Erinnerung samt Mahngebühr aus. Wegen mehr als 2000 Einsprüchen gegen die Grundsteuer lässt das Amt aktuell Gnade vor Recht ergehen, Mahnungen sind um einen Monat bis zum 15. März verschoben. Ähnlich hoch wie im Steueramt steht die Flut im Gutachterausschuss, wo kurzfristig 250 Anträge auf ein Kurzexpertise zur Grundstücksbewertung eingegangen sind.
Kleinbetragsverordnung greift nicht
Aber könnte man bei zehn Cent nicht eine Marginalitätsschwelle einrichten, damit solche Forderungen unter den Tisch fallen? Bescheid und Zustellung, die Überwachung des pünktlichen Eingangs, Mahnbrief – „wenn solche unsinnigen Verwaltungsakte getätigt werden, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Sachbearbeiter der Stadt überlastet sind“, heißt es bei den Betroffenen. Steuer ist Steuer, sollte man meinen, aber es gibt tatsächlich generöse Ausnahmen. Die Kleinbetragsverordnung aus dem Bundesamt für Justiz listet Steuerarten mit Schwellenwerten für Berichtigungen und Änderungen auf. Bei der Gewerbesteuer zum Beispiel sind es mindestens zwei Euro, bevor der neue Bescheid zugunsten des Steuerpflichtigen gedruckt wird, läuft es gegen den Zahler, müssen fünf Euro erreicht werden, sonst kommt die Maschinerie nicht in Gang.
Die Grundsteuer, lässt die Stadt wissen, finde sich indes nicht im Katalog der Kleinbetragsverordnung. „Wir müssen also auch Kleinstbeträge festsetzen“, so die Verwaltung auf Anfrage. Der niedrigste Messbetrag, den man auf die Schnelle gefunden habe, liege bei 22 Cent, im Beispielfall ergebe das 35 Cent Steuer. Vielleicht, beschwichtigt die Stadt, gebe es auf den Abgabenkonten weitere Objekte, sodass sich eine Briefmarke für den jährlichen Zahlungstermin lohne. Vielleicht fällt aber auch in Berlin der Groschen, und die Grundsteuer findet in die Kleinbetragsverordnung.