In dem belgischen Städtchen Malle treffen sich an den Wochenenden Jugendliche und machen Party. Die Anwohner sind die Leidtragenden. Nun greift die Verwaltung zu rigorosen Maßnahmen. Kann man davon lernen?

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Malle ist wahrlich keine Perle des Nordens. Über die breite Hauptstraße zieht sich ein steter Autostrom mitten durch das kleine belgische Städtchen in Richtung Antwerpen. In den Ohren der jungen Leute in der Region klingt der Name des unspektakulären Fleckens allerdings seit einiger Zeit offenbar wie eine feuchtfröhliche Verheißung. An den Wochenenden machen sich Scharen von ihnen auf den Weg nach Malle, feiern dort Partys bis tief in die Nacht und lassen es dabei gehörig krachen.

 

Die Exzesse hinterlassen natürlich ihre unappetitlichen Spuren, wobei die weggeworfenen Flaschen, Bierbüchsen und Pizzakartons bisweilen sogar noch das kleinere Übel darstellen. Das Zwanenstraatje (Schwanenstraße) ist eine kleine Gasse in unmittelbarer Nähe zur Diskothek „The Missing Link“, einem der Party-Hotspots. Im Volksmund wird das Sträßchen inzwischen aus gut riechbaren Gründen auch „Zeikstraatje“ (Pissstraße) genannt.

Wer erwischt wird, zahlt 375 Euro

Im Rathaus von Malle stapelten sich zuletzt die Klagebriefe der Anwohner angesichts dieser Zustände, eine Besserung schien nicht in Sicht. Nun hat die junge Bürgermeisterin Sanne Van Looy rigoros durchgegriffen. In der 16 000-Einwohner-Gemeinde gilt jetzt an Wochenenden nachts im Freien ein Alkoholverbot. Wer nach 20 Uhr auf der Straße mit einem alkoholischen Getränk in der Hand erwischt wird, muss 375 Euro berappen. Als erste Maßnahme hat die Gemeindeverwaltung rund um die Partyschwerpunkte in der Stadt Plakate aufhängen lassen, auf denen deutlich auf das Verbot hingewiesen wird.

Seit Monaten kämpfe man vergeblich gegen die unhaltbaren Zustände, sagt Bürgermeisterin Van Looy. Die Stadtreinigung habe zuletzt auch an den Wochenenden den Müll weggeräumt und die Straßen von Urin und Erbrochenem gesäubert. Zudem sei die Polizei verstärkt Streife gefahren, um die überhandnehmenden Schlägereien und den Vandalismus zu unterbinden. „Diese Maßnahmen sind sicherlich wirkungsvoll, aber die Sicherheit und die Lebensqualität in Malle stehen nach wie vor unter Druck“, erklärt Van Looy. Aus diesem Grund wurde von ihr nun mit dem Verbot die Notbremse gezogen.

Junge Leute sagen, in den Clubs sei das Trinken zu teuer

Dieser Schritt wird auch von den meisten Gastwirten in der belgischen Gemeinde unterstützt. „Wir sind große Befürworter dieses Alkoholverbots“, sagte Davy Verbaeten. Den Mitinhaber von „The Missing Link“ ärgert es, dass viele Jugendliche ihre mitgebrachten Flaschen auf der Straße trinken und dann alkoholisiert in die Diskothek wollen. Die Gastwirte hätten dann den Ärger mit den Betrunkenen und keinen eigenen Umsatz mit Getränken, beschreibt Verbaeten seine Situation und gibt zu bedenken: Das Alkoholverbot sei nur so gut wie die konsequenten Kontrollen durch die Polizei.

Selbst viele Jugendliche räumen ein, dass die Situation zuletzt vor allem wegen der zunehmenden Schlägereien zwischen den betrunkenen Gruppen schwierig geworden sei. Sie bezweifeln allerdings den Sinn des Alkoholverbotes. Die Leute würden eben andere Ort finden, um zu trinken, sagt ein junger Mann, der sich am Skatepark in Westmalle mit einigen Freunden getroffen hat. Die nahe liegende Möglichkeit, in den Clubs mehr zu trinken, ist für viele Jugendliche offensichtlich keine Alternative. Das sei viel zu teuer, heißt es unisono.

Die Mehrheit im Ort steht hinter dem Verbot

Der erste Treffpunkt in Malle sei deshalb in der Regel eines der kleinen Geschäfte entlang der Hauptstraße, die auch spätnachts Alkohol verkaufen. Doch auch das könnte bald ein Ende haben, sollte sich die Situation nicht wesentlich bessern. Bürgermeisterin Sanne Van Looy erklärt, dass man auch ein Verkaufsverbot von Alkohol in diesen Nachtshops in Erwägung zieht. „Wir haben deshalb bereits die Polizeiverordnung geändert, damit wir ein solches Verbot notfalls einführen können“, sagt sie.

Der Unterstützung aus der Bevölkerung kann sich Sanne Van Looy sicher sein. Die Leute hoffen, dass Malle bald nicht mehr für die ausufernden Saufgelage berühmt ist, sondern nur noch für das in ganz Belgien hochgeschätzte Trappistenbier, das seit 1836 in einer kleinen Abtei in Westmalle gebraut wird.