Das mehr als 120 Jahre alte Kirchheimer Unternehmen Herzog hat Insolvenz beantragt. Einer der Gründe: Der Wohnmobil- und Wohnwagen-Boom ist abgeflacht.

Ludwigsburg: Sabine Armbruster (sar)

Vorzelte, Outdoorausrüstung, Wohnmobile: Wer gerne in der Natur unterwegs ist, hat in Kirchheim am Neckar mit der Herzog GmbH eine gute Adresse. Doch nun ist das mehr als 120 Jahre alte Unternehmen in finanzielle Schieflage geraten und hat Insolvenz angemeldet. Der Geschäftsbetrieb läuft aber in vollem Umfang weiter. Und auch das Ziel des Insolvenzverwalters Holger Blümle von der Kanzlei Schultze & Braun sei es, das Unternehmen oder zumindest Teile davon zu erhalten, so Ingo Schorlemmer, Pressesprecher der Kanzlei.

 

Die Herzog GmbH ist einer der europäischen Marktführer für Caravan- und Wohnmobilvorzelte und bietet zudem ein breites Camping-, Trekking-, Freizeit- und Outdoor-Sortiment aus eigener Produktion. Außerdem gehört ein etablierter Handelsbereich für Wohnwagen und Reisemobile namhafter Hersteller dazu.

Der Corona-Boom ist vorbei und die Kosten sind gestiegen

Nun sollte man meinen, dass wegen der durch die Corona-Reisebeschränkungen stark gestiegenen Nachfrage nach Wohnmobilen und Caravans die Auftragsbücher randvoll sind. Doch das Gegenteil ist der Fall, so Schorlemmer: „Der Boom ist inzwischen abgeflacht. Und Herzog ist nicht der einzige Händler, der deswegen massive Probleme hat.“

Das liege daran, dass die Hersteller in Zeiten des Booms viel produziert hätten, die Händler hätten ihnen die Gefährte abnehmen müssen – gegen Bezahlung, nicht auf Kommissionsbasis. „Und jetzt stehen die Höfe voll mit Wohnwagen und Reisemobilen, die wegen der allgemeinen Teuerung kaum noch jemand will. Bei den Händlern wird dadurch viel Liquidität gebunden.“ Als Kanzlei sehe man an verschiedenen Stellen, dass der Markt „etwas durcheinander“ sei.

Erich Eugen Herzog. Foto: Werner Kuhnle

Während das operative Geschäft und die Produktion am Unternehmenssitz uneingeschränkt weiterlaufen und auch Bestellungen über den unternehmenseigenen Online-Shop möglich sind, will sich die Herzog GmbH mit Hilfe des Insolvenz- und Sanierungsrechts neu aufstellen. „Anpassungsfähigkeit und Innovationen sind für unser Unternehmen schon immer der Schlüssel zum Erfolg gewesen, und wir gehen diesen Weg konsequent weiter“, wird der Geschäftsführer Erich Eugen Herzog in einer Pressemitteilung zitiert. Für ein persönliches Gespräch war er am Freitag nicht zu erreichen. Er sei sehr zuversichtlich, dass das gelinge. „Wir produzieren mit einem hochmodernen Maschinenpark und können unseren Kunden auch individuelle Sonderlösungen anbieten“, heißt es weiter.

Möglichst viele Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben

Die rund 60-köpfige Belegschaft wurde bereits über den aktuellen Stand und die nächsten Schritte informiert. Die Löhne und Gehälter sind für maximal drei Monate über das Insolvenzgeld gesichert. In den kommenden Wochen soll nun ein detailliertes Sanierungskonzept ausgearbeitet werden, um das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten. Dies könne sowohl im Rahmen einer Beteiligung an der bestehenden Gesellschaft als auch im Zuge der Integration in eine Unternehmensgruppe erfolgen, heißt es in der Pressemitteilung.

Die Gespräche mit potenziellen Investoren hätten bereits begonnen, die bisherigen Rückmeldungen seien durchweg positiv. Auch von sich aus könnten sich ernsthafte Investoren beim Insolvenzverwalter melden.