Das frühere Rotkreuzkrankenhaus soll für den Maßregelvollzug genutzt werden. Nun hinterfragt der FDP-Landtagsabgeordnete Friedrich Haag in einer Landtagsanfrage die Rolle der DRK-Landesverbandspräsidentin Barbara Bosch.
Im Fall der geplanten Einrichtung eines Maßregelvollzugs im früheren Rotkreuzkrankenhaus in Bad Cannstatt rückt zunehmend die Doppelfunktion der DRK-Landesverbandspräsidentin Barbara Bosch, die zugleich Staatsrätin für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung ist, in den Mittelpunkt. Bosch sei für eine breite und zunächst ergebnisoffene Bürgerbeteiligung zuständig und müsse zugleich als DRK-Spitzenvertreterin ein Interesse an einer wirtschaftlich rentablen Vermietung der DRK-Immobilie haben, sagte der FDP-Politiker Friedrich Haag.
Minister Lucha: Kein Interessenskonflikt von Bosch
Einen Interessenskonflikt sieht die grün-schwarze Landesregierung nicht. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) erklärte in einer Antwort auf die Landtagsanfrage des Abgeordneten Haag: „Es besteht kein Interessenskonflikt.“ Auch der DRK-Landesverband Baden-Württemberg, der seine Geschäftsstelle in Bad Cannstatt als Gebäudenachbar zur geplanten Einrichtung betreibe, habe sich von Anfang an ausdrücklich für die Begleitung des Landesvorhabens durch ein professionelles Beteiligungsverfahren ausgesprochen. Am 5. Mai soll eine Bürgerbeteiligung im Cannstatter Kursaal zum geplanten Maßregelvollzug für psychisch kranke Straftäter stattfinden.
FDP-Politiker Friedrich Haag: „Ein Geschmäckle bleibt“
Der FDP-Politiker Haag bewertet Luchas Antworten zur Standortsuche des Maßregelvollzugs kritischer: „Ein Geschmäckle bleibt.“ Die zuständige Staatsrätin Barbara Bosch sei zugleich Präsidentin des DRK-Landesverbands, also der künftigen Vermieterin. Auch wenn ein direkter Einfluss auf das Verfahren bestritten werde, stelle sich schon die Frage, ob man in dieser Doppelfunktion wirklich glaubwürdig sowohl Interessen des Landes als auch die der Bürgerbeteiligung vertreten könne. Für die Bürgerbeteiligung hätte hier eine wirklich unabhängige Stelle herangezogen werden müssen, sagt Haag. Auch dass Gespräche geführt worden seien, bevor das Krankenhaus überhaupt geschlossen worden sei, mache die Sache nicht transparenter.
Ministerium schrieb erstmals im Oktober 2023 an die DRK-Präsidentin
Das Sozialministerium hatte eigenen Angaben zufolge erstmals am 25. Oktober 2023 an die Präsidentin des DRK-Landesverbandes geschrieben und sie gefragt, ob es konkrete Überlegungen zu einer Schließung des (nunmehr ehemaligen) Rotkreuzkrankenhauses gebe, und ob der Gebäudekomplex gegebenenfalls für eine Nachnutzung durch den Maßregelvollzug geeignet wäre. Danach habe man das Gebäude besichtigt, im April 2024 sei es zum Abschluss eines Vorvertrages mit der Geschäftsführung des DRK-Landesverbands gekommen, um so Planungssicherheit zu schaffen. Im November 2024 wurde laut Lucha ein Vorvertrag zwischen dem DRK-Landesverband und dem zuständigen Zentrum für Psychiatrie (ZfP) Südwürttemberg geschlossen.
Sozialministerium informatorisch eingebunden
Auf Nachfrage erklärte der Sozialminister, von Seiten des ZfP seien die Geschäftsführung sowie Mitarbeitende der betriebswirtschaftlichen Projektleitung zur Umsetzung des Vorhabens an den Gesprächen beteiligt gewesen. Auf DRK-Seite hätten Mitglieder der Landesgeschäftsleitung und ein Mitarbeiter der Gebäude-, Grundstücks- und Bauverwaltung teilgenommen. Das Sozialministerium sei überwiegend informatorisch in den Prozess eingebunden gewesen.
„Staatsrätin war an Vorbereitung zur Bürgerbeteiligung nicht beteiligt“
Die DRK-Präsidentin sei von der Landesregierung erstmals Ende Oktober 2023 auf eine mögliche Nachnutzung des Rotkreuzkrankenhauses und der Suche der Landesregierung nach einem geeigneten Standort für den Maßregelvollzug angesprochen worden, so Lucha. Im Oktober 2024 wurde der Ministerrat darüber informiert, auch darüber, dass das Ministerium auf die Servicestelle Dialogische Bürgerbeteiligung zugegangen ist. Ab 12. August 2024 seien passende Formate für die Bürgerbeteiligung abgesprochen worden. „Die Staatsrätin war an den Vorbereitungen für das Beteiligungsverfahren nicht beteiligt und nicht in die Konzeption und Vorbereitung des Verfahrens eingebunden“, so Lucha weiter.
Am 5. Mai gibt es eine Informationsveranstaltung im Kursaal zum Bürgerbeteiligungsverfahren. Anmeldung per E-Mail an MRVBadCannstatt@nexusinstitut.de.