Die Pride in der Innenstadt mit 150 Formationen und 20 000 Demonstrierenden ist ein Signal über Stuttgart hinaus, kommentiert unser Autor Uwe Bogen: Der Protest beim CSD ist politischer denn je.
Wie bunt, fröhlich und friedlich Stuttgart feiern kann! Auf den Straßen tanzten und jubelten am Samstag beim CSD begeisterte Massen (laut Veranstalter 300 000, laut Polizei war die Besucherzahl „sechsstellig“) – trotz einer grandiosen Partystimmung, der sich kaum jemand entziehen konnte, war der Protest politischer denn je. Dies lag vor allem an einem multireligiösen Trio, das bei der Riesendemo vorneweg marschierte.
Vorbildhaft weit über die Community und Stuttgart
Drei Schirmpersonen – eine Jüdin, ein Muslim, ein Türke – fanden bei der Kundgebung großartige Worte für den Zusammenhalt und gegen die Spaltung. Damit haben sie weit über die Community und über Stuttgart vorbildhaft gezeigt, dass Judentum, Islam und Christentum an einem Strang ziehen können – zumindest auf unterer Ebene, doch das Ziel muss sein, vom Miteinander noch stärker zu überzeugen.
Das ungewöhnliche Trio an der Spitze war mit ein Grund für das hohe Polizeiaufgebot. Dass am Ende alles friedlich blieb und auch die neue mobile Polizeiwache „keine besondere Vorkommnisse“ meldete, hat das Ansinnen noch befördert, mit der Spaltung in der Gesellschaft aufzuhören und lieber die Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
Fast alle teilen den Konsens: Vielfalt ist ein Reichtum
Die Rekordbeteiligung mit 150 Formationen macht deutlich: Bei allem politischen Streit durchs Jahr hindurch, der mitunter wichtig ist, weil man um die besten Argumente ringen muss und das Beschönigen selten hilft, gibt es in Stuttgart einen Konsens. Alle, mit Ausnahme der AfD, teilen diesen Konsens, der da lautet: Vielfalt ist ein Reichtum. Dass Menschen unterschiedlich sind, ist gut – alle sollten so sein, wie sie sind.
Wäre also schön, wenn wir von dieser Unbeschwertheit, dieser Feierlaune, dieser Offenheit, vom Wunsch zum Brückenbauen möglichst viel für unser normales Leben bewahren könnten. Und alle, die weiterhin ausgrenzen wollen, bekommen die rote Karte!