Nach dem Tod eines jungen Fußballers Lebensretter auf dem Sportplatz: Vereine sollten in Erste Hilfe investieren

Immer mehr Fußballvereine im Bezirk setzen auf den Lebensretter Defibrillator. Foto: dpa/Martin Schutt

Um Vereine auf Notfallsituationen bestmöglich vorzubereiten, bietet der Württembergische Fußball Verband (wfv) mit der Deutschen Herzstiftung und dem DFB Reanimationsschulungen an.

Der tragische Tod von Prince da Silva lastet immer noch auf den Schultern von Ingo Ernst, dem Vorsitzenden des Fußball Bezirks Enz/Murr. Am vergangenen Montag ist der erst 19-jährige Fußballer des TSV 1899 Benningen verstorben – zwei Tage davor war er bei einem Testspiel seines Vereins zusammengebrochen. Obwohl ihm auf dem Platz schnell geholfen wurde, hat er den Kampf um sein Leben verloren.

 

Dieser tragische Vorfall verdeutlicht einmal mehr, wie schnell sich eine Notsituation rund um ein Fußballspiel ergeben kann, und wie bedeutsam das Thema Erste Hilfe ist. Die Notwendigkeit schnell zu handeln, kann jederzeit und unerwartet auftreten.

Alleine im Profifußball kam es in den vergangenen sechs Jahren weltweit zu 84 Todesfällen auf dem Rasen. Aus dem Amateurbereich liegen keine verlässlichen Zahlen vor. Manche Geschichten gingen auch gut aus, wie die von Christian Eriksen, dem Kapitän der dänischen Nationalmannschaft, der nach einem Herzstillstand bei der EM 2021 erfolgreich auf dem Platz reanimiert werden konnte. „Seitdem ist auch die Öffentlichkeit sensibilisiert für dieses Thema“, sagt Ingo Ernst.

Keine weiteren Fälle aus dem Bezirk bekannt

Ähnlich gelagerte Fälle, wie der Zusammenbruch von Prince da Silva, sind dem Vorsitzenden im Enz/Murr Kreis aus den vergangenen Jahren nicht bekannt. Er erinnert sich aber an einen Fall aus Leonberg, als ein Schiedsrichter, der eine Ersthelferausbildung hatte, einen Zuschauer erfolgreich wiederbelebt hat. Das frühe Einschreiten hat auch einem Spieler des TSV Bernhausen im November 2022 das Leben gerettet. Die anwesenden Spieler und Betreuer hatten damals schnell erkannt, dass es sich um einen medizinischen Notfall handelt, und setzten umgehend Erste-Hilfe-Maßnahmen in Gang.

Prince da Silva hat es trotz Erster Hilfe nicht geschafft. Foto: TSV Benningen

Ingo Ernst treibt das Thema um. Er ist selbst Ersthelfer in seinem Unternehmen und will aufrütteln. Um die Vereine auf Notfallsituationen bestmöglich vorzubereiten, bietet der Württembergische Fußball Verband (wfv) gemeinsam mit der Deutschen Herzstiftung und dem DFB sogenannte Reanimationsschulungen an. Ernst hat deshalb noch einmal alle Vereine in seinem Bezirk auf dieses Angebot aufmerksam gemacht. „Die Schulungen finden dezentral unter dem Motto Lebensretter werden statt“, sagt Ernst, der – so gewollt – auch die Koordination der Termine übernimmt. Auch Marcel Storz, der Sportliche Leiter des TSV 1899 Benningen, möchte das Angebot jährlicher Auffrischungskurse zur Ersthilfe im Verein wieder aufnehmen. „Wir haben das Thema auf dem Schirm. Es hat sich ja gezeigt, wie wichtig es ist“, sagt er.

Und natürlich kann auch ein Defibrillator helfen, Menschen vor dem Tod zu bewahren. Der richtige Umgang wird in Schulungen vermittelt. Wobei die Geräte intuitiv gestaltet sind, sodass sie auch ohne eine Einführung benutzt werden können. Vorgeschrieben ist das Hightechgerät für die Vereine nicht. Überhaupt sei die Spielordnung des wfv eher schwammig, sagt Ernst. „Es ist Vorschrift, dass mindestens eine Person mit einer Erste-Hilfe-Ausbildung anwesend sein muss bei einem Spiel, aber das ist ja jeder, der einen Führerschein gemacht hat.“

Einsatz des DRK scheitert an der Finanzierbarkeit

Laut Ernst legen sich immer mehr Clubs einen Defi zu. Wobei sich nicht jeder kleine Verein die Investition leisten könne. Trotz Zuschüssen des wfv kostet die einfache Variante rund 1300 Euro, die ausgereifte mit programmierter, verbaler Anleitung 1800 Euro. Ob mit oder ohne Defibrillator: Helfer sollten im Falle eines Notfalls keine falsche Scheu haben einzugreifen. Zumal hier im Notfall auch für Ingo Ernst gilt: „Alles ist besser, als gar nicht zu handeln.“

An der Finanzierbarkeit scheitert auch der regelmäßige Einsatz des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) bei Amateurspielen. Ingo Ernst kann sich noch an Zeiten im Bezirk erinnern, als ein oder sogar zwei DRK-Ehrenamtliche auf den Sportplätzen in der Region anwesend waren. Mittlerweile fehlen dem DRK die freiwilligen Helfer, die den Sonntag opfern wollen, und auch die Vereine hätten laut Ernst vor dem Hintergrund gestiegener Energiekosten oft nicht die rund 100 Euro übrig, die ein DRK-Einsatz kostet. Auch hier sei ein Ansatzpunkt, um die Ersthilfe auf den Fußballplätzen zu verbessern.

Psychologische Betreuung bleibt wichtig

Mit Blick auf Da Silvas Tod hält Ingo Ernst weiter das Angebot offen, allen Beteiligten – auch dem Schiedsrichter – psychologische Hilfe zukommen zu lassen. „Denn die Bilder hat ja jeder weiter im Kopf.“ Und noch etwas brennt ihm auf der Seele. Der Funktionär war entsetzt, welche Kommentare „vermeintliche Medizinexperten“ nach dem Zusammenbruch von Prince da Silva über die Todesursache in den sozialen Medien hinterlassen hatten: „Da könnte ich explodieren, wenn ich so etwas lese. Aber zum Glück waren die Kommentare der Anteilnahme ungleich größer.“

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