Nach Beschwerden über eine vollverschleierte Frau im Backnanger Wonnemar hat es ein Gespräch gegeben. Die Stadt lässt ein Verschleierungsverbot juristisch prüfen.

Leserredaktion : Kathrin Zinser (zin)

Backnang - Im Streit um eine vollverschleierte Frau im Backnanger Schwimmbad Wonnemar hat es am Donnerstagmittag ein Gespräch zwischen dem Oberbürgermeister Frank Nopper und der betroffenen Muslima gegeben.

 

Wie die Pressesprecherin der Stadt mitteilte, werde die bisherige Bekleidung der Frau zunächst geduldet. Allerdings habe man der 35-Jährigen ausdrücklich geraten, aus Rücksicht auf die anderen Badegäste und die wohl teilweise verängstigten Kinder, von der Gesichtsverschleierung abzusehen. „Da sie sich dies nicht vorstellen konnte, wurde ihr empfohlen, bis zur Klärung der Sach- und Rechtslage freiwillig auf den Besuch des Freibades zu verzichten“, so die Sprecherin.

Badegäste reagierten empört

Die Muslima war kürzlich mit ihren Kindern ins Schwimmbad gegangen und hatte dabei einen Burkini sowie einen Niqab getragen – einen Schleier, der nur die Augen freilässt. Daraufhin hatten sich mehrere Badegäste bei der Badeaufsicht und schließlich im Rahmen einer Bürgersprechstunde bei der Stadt beschwert.

Die Frau, eine Deutsche, die vor etwa zwölf Jahren zum Islam übergetreten ist, sagte nach dem Gespräch am Donnerstag, sie werde in den kommenden Wochen nicht mehr ins Wonnemar gehen – auch, damit sich die Situation beruhige. Den vom Oberbürgermeister vorgeschlagenen Kompromiss, dass sie im Burkini, aber ohne Niqab komme, könne sie nicht annehmen: „Ich kann den Schleier nicht auf der Straße tragen, aber dann in einem Schwimmbad abnehmen – das macht keinen Sinn“, erklärt sie. Denn nach ihrem religiösen Verständnis solle nur ihr Ehemann ihren Körper sehen – deshalb verhülle sie sich in Anwesenheit anderer Männer. Sie habe sich aus freien Stücken dazu entschieden, betont sie.

„Wenn es einmal die Woche ein Frauenschwimmen im Wonnemar gäbe, wäre es einfacher für mich. Da könnte ich den Niqab ablegen – unter Frauen ist es kein Problem“, meint die 35-Jährige. Ihre Kinder seien traurig, dass sie nun vorerst nicht mehr schwimmen gehen können.

Ein vergleichbarer Fall ist nicht bekannt

Nach den Sommerferien soll ein weiteres Gespräch mit der Bäderverwaltung stattfinden. Bis dahin will die Stadt prüfen, ob es einen derartigen Fall andernorts schon einmal gegeben hat – und wie darauf reagiert wurde. Dem Center Manager des Wonnemar, Ricardo Haas, ist diesbezüglich bisher nichts bekannt. Er werde sich unter anderem mit der deutschen Gesellschaft für Badewesen in Verbindung setzen, sagt Haas, der bei dem Gespräch am Donnerstag ebenfalls anwesend war. Er spricht von einer „sehr ruhigen, vernünftigen Atmosphäre“, in der man sich unterhalten habe.

Im Wonnemar sei das in den vergangenen Tagen nicht immer so gewesen, berichtet er. So habe er etwa am Montag deeskalierend auf einige aufgebrachte Badegäste einwirken müssen. Diese begründeten ihre Ablehnung gegenüber der Muslima unter anderem damit, dass eine vollverschleierte Frau Kindern Angst machen würde. „Die Eltern der Kinder haben sich allerdings angeblich gar nicht beschwert“, sagt die 35-Jährige. Vielmehr seien es der Stadt zufolge wohl ältere Badegäste gewesen, die empört reagierten. „Ich bin nicht da, um die Leute zu ärgern“, beteuert sie.

Stadt beauftragt Anwaltskanzlei

Auch auf unsere Berichterstattung hin haben viele Leser empört und teils beleidigend reagiert. Insbesondere in den sozialen Netzwerken gab es hitzige Debatten darüber, ob ein Niqab in einem öffentlichen Schwimmbad zu akzeptieren sei oder nicht. Die Meinungen darüber gehen auseinander, viele Menschen sehen in der Verschleierung eine Provokation. Andere verweisen hingegen auf das Grundrecht auf freie Religionsausübung.

Die Stadt Backnang will die Rechtslage im Fall des Niqab nun bis zum nächsten Gesprächstermin prüfen lassen. Es werde „durch eine renommierte, auf öffentliches Recht spezialisierte Anwaltskanzlei untersucht, welche Vorgehensweisen für eine Bäderverwaltung bei den verschiedenen Verschleierungsformen unter juristischen Aspekten möglich sind“, erklärt die Pressesprecherin.