In der Andreaskirche ist immer Weihnachten: Dort gibt es einen Gottesdienst, bei dem man um Plätze kämpfen muss. Die Nachtschicht-Reihe wird 25. Gefeiert wird mit dem Thema „Heimat“.

Das Timing war bemerkenswert. Joachim Gauck war einst beim „Nachtschicht“-Gottesdienst in der Andreaskirche zu Gast und redete über „Macht und Politik“. Nicht einmal einen Monat später war klar, dass er als Nachfolger von Christian Wulff Bundespräsident wird.

 
Ralf Vogel mit Ingo Zamperoni Foto: Julia Schramm

Pfarrer Ralf Vogel und sein Team bekommen alle. Fast alle. „Tagesthemen“- Moderator Ingo Zamperoni war da, Meteorologe Sven Plöger, Schauspielerin Esther Schweins, der Landesvater in spe Cem Özdemir, Ex-Miss Germany Kira Geiss, Bergsteiger Reinhold Messner, Politikerin Rita Süssmuth und viele andere. Was im Jahre 2000 mit der Präsidentin des Evangelischen Missionswerks, Dorothea Margenfeld, Handi Capace, einem Tanztheater von Behinderten und Nichtbehinderten, und Schwabenrocker Wolle Kriwanek als Experiment begann und auch bei der Evangelischen Kirche umstritten war, ist mittlerweile fest etabliert und ein Publikumsmagnet. Zu den Nachtschicht-Gottesdiensten kommen die Menschen in Scharen, sie stehen des Abends Schlange,um einen Platz zu finden. Vor einer Kirche, wohlgemerkt.

Was ist Heimat?

Er war schon mal da: Hartmut Rosa Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Das wird auch am Sonntag, 18. Mai, so sein. Wegen des Jubiläums geht es schon um 17 Uhr los. Mit einer Revue namens „25 Jahre wach“. Die Gäste des Abends leuchten zunächst einmal aus, welche Facetten das Thema des Abends „Heimat“ hat. Mit dabei sind der Österreicher Stefan Waghubinger mit Wohnsitz im Schwäbischen, die gebürtige Ost-Berlinerin Uta Köbernick mit Wohnsitz in der Schweiz und die Sänger von „rahmenlos & frei“, dem Chor und der Band der Vesperkirche, für die ein Wohnsitz nicht selbstverständlich ist, sowie Chorleiter Patrick Bopp, einst bei „Die Füenf“. Die Revue moderiert Georg Bruder (SWR).

Um 19.30 Uhr beginnt dann der Gottesdienst. Er widmet sich der Frage: „In der ganzen Welt zuhause. Aber wo daheim?“ Mit dabei sind die Protagonisten der Revue – und der Soziologe Hartmut Rosa. Dieser wuchs im Hochschwarzwald auf, seine Eltern waren Katholiken, wanden sich dem Hinduismus zu. „Wenig wohlwollend könnte man sagen, alles was Spaß machte, war verboten“, hat er mal gesagt. Nun, damit kennt sich der Pietist bestens aus. Doch schon längst ist Stuttgart keine Hochburg der Pietkong mehr, fast die Hälfte aller Einwohner hat ihre Wurzeln im Ausland. Das verändert die Stadt und auch die Menschen. Wo gibt es den besten Döner und die beste Falafel ist mittlerweile fast so wichtig wie die Frage: Wo gibt es die beste Brezel? Die es im übrigen schon lange nicht mehr geben würde, ohne Einwanderer in der Backstube. Doch was ist nun Heimat? Der VfB? Die Shishabar? Der Fernsehturm? Die Lieblingspizzeria? Der Daimler? Das Leuze? Der Trollinger? Der Sauvignon Blanc? Es gibt viel zu bereden in der Andreaskirche. Und das hoffentlich noch lange.

Die Revue und der Gottesdienst

Eintritt
Für die Revue „25 Jahre wach“ um 17 Uhr in der evangelischen Andreaskirche, Heidelbeerstrasse 5, in Obertürkheim kostet der Eintritt 15 Euro, ermäßigt 8 Euro. Für die Nachtschicht zum Thema Heimat um 19.30 Uhr ist der Eintritt frei.