Das Sultanat organisiert Kontakte zwischen Iran und USA. Der Oman kann sich dabei auf eine lange Tradition als diskreter Krisenvermittler stützen.

Der Nahe Osten stand vor einer Eskalation mit ungewissem Ausgang. Der Iran drohte Israel mit einem Großangriff, fast täglich warnten Regimevertreter in Teheran, Israel liege in Reichweiter iranischer Raketen. Kurz vor dem Angriff schickte der Iran eine vertrauliche Botschaft an die USA, den wichtigsten Partner Israels. Der Militärschlag werde kommen, hieß es darin, doch Teheran wolle keinen Krieg. Übermittelt wurde diese Botschaft vom Sultanat Oman.

 

Das war im April. Die Vermittlung durch Oman half damals dabei, die Konfrontation zwischen dem Iran auf der einen und Israel und den USA auf der anderen Seite zu begrenzen. Jetzt könnte es wieder auf Oman ankommen. Der Iran will Israel angreifen, weil er durch das Attentat auf Hamas-Chef Ismail Hanijeh in Teheran vor zwei Wochen gedemütigt wurde. Die USA schicken militärische Verstärkung in die Region. Wie im April geht die Angst vor einem regionalen Krieg um.

Krieg von katastrophalen Ausmaßen soll verhindert werden

Amerikanische Diplomaten haben den Iran über den Vermittler Oman aufgerufen, den Vergeltungsschlag gegen Israel so zu gestalten, dass ein Krieg von katastrophalen Ausmaßen vermieden wird, wie der iranische Journalist Said Azimi in einer Analyse für die US-Denkfabrik Stimson Center schrieb. Iran und USA haben keine diplomatischen Beziehungen und reden offiziell nicht miteinander. Beide Länder haben seit Beginn des Gaza-Krieges im Oktober schon mehrmals einen von Oman eingerichteten Gesprächskanal genutzt.

Oman ist nicht der einzige arabische Staat, der sowohl mit dem Iran als auch mit den USA reden kann. Im vergangenen Jahr organisierte Katar einen Gefangenenaustausch zwischen Teheran und Washington. Bei den Bemühungen um eine Feuerpause in Gaza, die an diesem Donnerstag weitergehen sollen, stehen Ägypten und Katar als arabische Vermittler im Scheinwerferlicht.

Für Kontakte hinter den Kulissen ist Oman jedoch seit Jahrzehnten eine gefragte Adresse. Diese Tradition gehe auf den 2020 gestorbenen Sultan Qabus bin Said zurück, sagt Gerald Feierstein, Experte beim Nahost-Institut in Washington und ehemaliger US-Botschafter in der Golf-Region. Qabus habe in seiner fast 50-jährigen Herrschaft für Oman eine „Position der Neutralität in der Region“ geschaffen, sagte Feierstein unserer Zeitung. So habe sich Oman im Gegensatz zu anderen arabischen Staaten nicht von Ägypten abgewandt, als Kairo 1979 mit Israel Frieden schloss. Die Regierung in der Hauptstadt Muskat blieb trotz der islamischen Revolution im Iran bei ihren guten Beziehungen zu Teheran.

Das Sultanat pflegt den Ibadismus

Auch religiös ist Oman als Vermittler prädestiniert. Das Sultanat pflegt den Ibadismus, eine islamische Glaubensrichtung, die weder zu Sunniten noch zu Schiiten gehört. „Gespannte Beziehungen“ wie zwischen den sunnitischen Golf-Staaten und dem schiitischen Iran gebe es zwischen Oman und dem Iran nicht, sagt Feierstein.

Sultan Haitham bin Tarik al Said, Vetter und Nachfolger von Qabus, setzt die Politik der Neutralität fort. Oman spiele „eine stille, aber wichtige Rolle“, schrieb der britische Nahost-Experte James Worrall im Magazin „The International Spectator“. Oman gelte deshalb als „die Schweiz Arabiens“.

Omans Regierung will mit ihrer Vermittlung die Unabhängigkeit und Sicherheit des kleinen Landes mit seinen 4,6 Millionen Einwohnern festigen. Das gilt auch in der derzeitigen Krise. Ein großer Krieg in Nahost könnte Oman erfassen: Zwischen dem Sultanat und dem Iran liegen an der Meerenge von Hormuz nur 50 Kilometer, und im Süden grenzt Oman an den Jemen, der in weiten Teilen von den pro-iranischen Huthis beherrscht wird.

Dass Oman keinen Wert auf Schlagzeilen legt, kommt USA und Iran gelegen. Die Regierungen in Washington und Teheran ersparen sich Kritik im eigenen Land, wenn Kontakte zum Erzfeind nicht an die große Glocke gehängt werden. Die Methode bewährte sich vor zehn Jahren, als Oman indirekte Gespräche zwischen Iranern und Amerikanern vermittelte, die zum Atomabkommen von 2015 führten.

Erfolg kann aber auch Oman nicht garantieren

Erfolg kann aber auch Oman nicht garantieren. Im Januar forderte der amerikanische Nahost-Koordinator Brett McGurk bei indirekten Gesprächen in Muskat vergeblich, der Iran solle die Huthis dazu bringen, ihre Angriffe auf Schiffe im Roten Meer einzustellen. Trotzdem wird weiter verhandelt. Im Mai reiste McGurk wieder zu indirekten Gesprächen mit dem Iran nach Muskat. Wie im Januar saßen Amerikaner und Iraner in getrennten Zimmern, während omanische Diplomaten zwischen den beiden Räumen hin- und herliefen.

Derzeit geht es in den diskreten Botschaften zwischen USA und Iran darum, einen Krieg zu verhindern, den beide Seiten nicht wollen. Der Iran hat angedeutet, dass er auf einen großen Militärschlag verzichten will, wenn es in Gaza eine Waffenruhe gibt. McGurk will in den kommenden Tagen in den Nahen Osten reisen.