Auch bei der Rettung von Kulturgütern muss es im Katastrophenfall schnell gehen. Dafür steht ab sofort in der Ludwigsburger Feuerwehrwache ein „Kulturgut-Rettungscontainer“ des Landes bereit.

Trotz besonderer Vorkehrungen sind Archive, Bibliotheken, Museen und andere Kultureinrichtungen nicht gegen Katastrophen gefeit. Erst im Juli drang Wasser in ein Magazin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin ein und beschädigte einen Teil der Sammlung von Büchern, Zeitschriften und Schallplatten. Wie wichtig Notfallpläne für den Schutz von Kulturgütern sind, zeigte sich auch beim Brand der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar 2004. Um wertvolle, oft einmalige Objekte vor dem Verfall zu retten, muss schnell gehandelt werden. Bei der Erstversorgung soll ein neuer Notfallcontainer helfen.

 

Die Aufschriften „Feuerwehr“ und „Kulturgutschutz Baden-Württemberg“ deuten darauf hin, dass der knapp sieben Meter lange Kasten aus Stahl es in sich hat. Der Innenraum zeigt sich dann auch wie ein klinisch reines Labor in Edelstahl, an dessen u-förmig ausgebauten Tischen acht Personen gleichzeitig arbeiten können. Gerätschaften für Nass- und Trockenreinigung sind integriert, auch Ventilatoren, Saug- und Druckkompressoren.

Material wird tiefgefroren

Und für den Bedarfsfall auch „Verbandsmaterial“ für Bücher. Mullbinden etwa, mit denen durchnässte Bücher in Form gehalten und vor dem Aufquellen geschützt werden können für die nachfolgende Behandlung. Außerdem adäquates Material zur Verpackung für den Transport. Oder zum Tiefgefrieren, denn bei durchnässtem Material muss es schnell gehen, weil spätestens nach drei Tagen der biochemische Zersetzungsprozess beginnt. Hier bringt der Container den entscheidenden Zeitgewinn. Bundesweit ist es der zweite, der speziell zur Rettung von Kulturgut zur Verfügung steht. Entsprechend hochgestimmt waren die Akteure, die Ludwigsburgs Landrat Dietmar Allgaier bei der Präsentation am Donnerstag aufbot: Vertreter von Institutionen, die bei Anschaffung und Ausstattung mitgewirkt hatten.

Ein Blick ins Innere des Containers. Foto: Werner Kuhnle

Vorneweg Arne Braun, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Er machte am Beispiel des 2009 eingestürzten Stadtarchivs Köln und des Hochwasser-Unglücks im Ahrtal deutlich, was für einen „Alptraum“ der Verlust von Kulturgut infolge solcher Katastrophen für das kollektive Gedächtnis einer Gesellschaft verursachen können. Die steigende Zahl von Extremwettereignissen erforderten „eine Art Vorausdenken“, bei dem die Kultur bis dato aber wie unter ferner liefen gehandelt wurde. Dies, „obwohl Archive, Museen und Bibliotheken einen unermesslich großen Schatz bewahren, der wichtig für unser Selbstverständnis ist“.

Beschafft wurde die „transportable Werkstatt zur Erstversorgung von Kulturgut“ von der Württembergischen Landesbibliothek (WLB), mit Unterstützung des Landesarchivs. Möglich wurde das durch eine Erbschaft, die der vor drei Jahren verstorbene Stuttgarter Robert Matzek der WLB als langjähriges Mitglied des Fördervereins der Landesbibliothek zukommen ließ: stattliche 240 000 Euro. Bund und Land gaben jeweils noch 30 000 Euro dazu.

Den Unterhalt in Höhe von jährlich 10 000  Euro müssen Landesbibliothek und -archiv aus laufenden Mitteln bestreiten. Beide betreiben auch den Notfallcontainer, der überregional eingesetzt werden kann – in Kooperation mit der Feuerwehr Ludwigsburg. „Es geht darum, gerüstet zu sein für den Tag X“, betonte WLB-Direktor Rupert Schaab. Carmen Kschonsek, Vize-Präsidentin des Landesarchivs, freut sich, dass das Land in Kooperation mit dem Landkreis Ludwigsburg nun „eine neue Ebene des Kulturgutschutzes“ betrete.

Für den Standort Ludwigsburg sprechen drei Gründe

Abschließend hob Dietmar Allgaier die „kommunale Bedeutung“ hervor, denn der Landkreis verfüge „über eine Vielzahl an Kulturgütern, verteilt über den ganzen Landkreis in Städten wie etwa Marbach, Bietigheim-Bissingen, Kornwestheim oder Ludwigsburg. Mithin gehe es um „eine Vielzahl an kommunalen, kirchlichen und privaten Archiven, die existenzielle Bedeutung für uns haben“. Mit dieser neuen Einrichtung könne man „einen Beitrag zur Bewahrung unseres kollektiven Gedächtnisses leisten“.

Stationiert wird der Container in Ludwigsburg – aus drei Gründen: Zum einen ist hier durch die im Marstall befindliche Restaurierungswerkstatt des Landes im Ernstfall die notwendige personelle Expertise vorhanden. Zudem war die Feuerwehr Ludwigsburg bereit, den Container an der Wache in der Marienstraße für den Abruf bereitzuhalten und im Notfall an die entsprechenden Orte zu bringen. Und ein dritter Faktor ist die verkehrsgünstige Lage.