Uwe Beck steht vor dem ältesten Haus der Stadt in der Strohstraße 15 (linker Gebäudeteil). Foto: /Andreas Kaier
Es steht in der Strohstraße 15 und schmiegt sich direkt an die Stadtmauer: Das älteste Haus der Stadt Nürtingen stammt aus dem 14. Jahrhundert. Darin wohnten einst wohlhabende Leute.
Andreas Kaier
02.01.2025 - 13:40 Uhr
Es ist noch gar nicht lange bekannt, dass es das älteste Haus in Nürtingen ist. Erst im Jahr 1993 hatte die Stadt Nürtingen eine dendrochronologische Untersuchung in Auftrag gegeben, bei der sich dann herausstellte, dass das Eichenholz, das beim Bau für das Fachwerk verwendet wurde, in den Jahren 1392 bis 1397 gefällt worden sein musste. Fachleute hatten aufgrund der Bauweise schon vorher vermutet, dass das Häuschen sehr alt sein dürfte. „Doch erst nach der Untersuchung ist vielen gewahr geworden, was wir hier in Nürtingen haben“, sagt Professor Uwe Beck, der Vorsitzende der Nürtinger Regionalgruppe im Schwäbischen Heimatbund. „Es gibt nicht viele Gemeinden im Landkreis Esslingen, die ein so altes Haus haben“, sagt er.
Das Haus steht seit nunmehr fast 630 Jahren in der Strohstraße 15 und schmiegt sich neben dem Blockturm direkt an die etwas jüngere Stadtmauer, zu deren Wehrgang die Bewohnerinnen und Bewohner über die Jahrhunderte hinweg einen direkten Zugang gehabt hatten. Als der letzte Bewohner Ende der 1970er Jahre aus dem kleinen windschiefen Gebäude ausgezogen war, hatte es die Stadt Nürtingen gekauft.
Das älteste Haus von Nürtingen kann besichtigt werden
Danach war lange Zeit nicht klar, was damit passieren sollte. Es stand zuerst leer und verfiel immer mehr. Bis ein erneuter Vorstoß des Heimatbunds, der sich spätestens seit 1993 immer wieder mit der Geschichte des Gebäudes und seiner möglichen Rettung beschäftigt hatte, den Durchbruch brachte.
Die „gute Stube“ war früher einmal mit einer gewölbten Bohlendecke ausgestattet. Foto: Andreas Kai/er
In Gesprächen mit der Gebäudewirtschaft Nürtingen (GWN), einem Eigenbetrieb der Stadt, und im engen Austausch mit der staatlichen Denkmalpflege sowie der Stadtverwaltung erreichte der Heimatbund, dass das Häuschen gerettet und zwischen 2014 und 2017 sachkundig renoviert wurde. Mittlerweile kann es auch besichtigt werden.
„Dabei ging es uns vor allem darum, so viel wie möglich von der historischen Bausubstanz zu erhalten“, erläutert Beck und spricht von einer „kostensparenden Kaltsanierung“. Das bedeutet, dass im Innern des Gebäudes so viel wie möglich im Originalzustand belassen wurde. Es wurde keine Heizung eingebaut und kein Wasseranschluss hergestellt. Im Erdgeschoss befinden sich noch heute ein ehemaliger Stall und eine Werkstatt, die der letzte Bewohner noch als solche genutzt hatte. Im Obergeschoss war die eigentliche Wohnebene mit der Stube und der so genannten Rußküche, die Uwe Beck besonders hervorhebt. „Die offene Herdstelle hatte keinen Kamin. Vielmehr gab es nur eine Öffnung in der Decke, durch die der Rauch nach oben abzog“, erläutert der Vorsitzende des Nürtinger Heimatbunds. Dadurch seien die unterm Dach gelagerten Lebensmittel desinfiziert worden.
Info-Tafeln für interessierte Besucher in Nürtingen
Allerdings sei der Rauch für die Bewohner gesundheitsschädlich gewesen. Die offene Herdstelle beheizte auch die benachbarte „gute Stube“, wo heute noch Überreste einer ehemals gewölbten Bohlendecke zu sehen sind. Diese Decke und die Ausmalungen in einigen Räumen sowie ein aufwendiges Fachwerk lassen Uwe Beck vermuten, dass die Erbauer des Gebäudes seinerzeit über einen gewissen Wohlstand verfügt haben dürften. Die beiden Dachgeschosse waren zum Großteil nicht ausgebaut und dienten zu Lagerzwecken.
Das direkt anschließende Haus – heute das Gebäude mit der Hausnummer 17 – bildete früher mit der Strohstraße 15 eine Einheit. Es ist gleich alt und wurde erst später im Zuge einer Erbteilung abgetrennt. Heute befindet es sich in Privatbesitz.
In der Strohstraße 15 hängen seit der Kaltsanierung an verschiedenen Stellen Tafeln mit Erläuterungen. Allerdings kann es nur am Tag des offenen Denkmals und bei Stadtführungen besichtigt werden.
Führungen durch das Haus können über Uwe Beck per E-Mail an beckprof@t-online.de vereinbart werden.